Zwischen Mosel und Meuse

Verdun
Verdun

Die Nacht war, wie erwartet, ziemlich frisch. Mein neuer Schlafsack war, ebenfalls wie erwartet, nicht darauf eingestellt. Man muss halt Prioritäten setzen. Gewicht vor Wärme.


Weil ich mir fest vorgenommen habe, nicht zu hetzen, sitze ich heute erst kurz vor 10 im Sattel. Die Sonne scheint aus einem wolkenlosen Himmel, aber es ist immer noch ziemlich kalt. So wie ich gestern ins Moseltal  runter gerauscht bin, geht's heute auch gleich wieder hoch. Keine Zeit zum Frieren.

Und sofort bin ich wieder einsam und allein unterwegs. In mehreren Wellen schaukelt sich das Gelände nach oben, wo ich schon bald eine stark landwirtschaftlich geprägte Hochfläche erreiche. Aber irgendwann bin ich dann doch wieder auf einer relativ befahrenen Landstraße unterwegs, wo ich dann auch einen größeren Ort, Jarny, passiere. Eigentlich sollte ich einkaufen, um 12 machen die Läden dicht. Ausser zwei Sckokoteile und einem Bier bringe ich aber nichts zustande.

Inzwischen ist die Straße bolzgerade, der Verkehr mäßig, die Orientierung eindeutig, weil es immer wieder Wegweiser nach Verdun gibt. 

Hier ein paar Anmerkungen zu meiner Navigation :

Weil ich in der Vergangenheit doch immer wieder durch die Gegend geirrlichtert bin, weil mein Handy in der Trikottasche gesteckt hat, habe ich mir kurz vor der Abfahrt noch ein sog. Wearable gekauft, früher hat man dazu Uhr gesagt. Auf dieses Wearable kann ich meine Komoot - Tracks laden und habe damit die Strecke gut (meistens) im Blick. 


Aber immer dann, wenn man sich am Sichersten fühlt, weil die Straße bolzgerade ist und Wegweiser dastehen, passiert es dann trotz diesem Schnickschnack, dass man sich  verfährt, weil Komoot immer noch eine besondere Idee parat hält, wie man möglichst einsam durch die Gegend kommt.

Also, immer wachsam sein. 


Kurz vor Verdun baut sich vor mir nochmal eine Hügelkette auf, die wieder alles fordert. Danach rollt es sich schön hinunter in die Stadt. 

Kurz darauf gibt es einen Wegweiser nach rechts, der zum 'Zentrum des Weltfriedens' führt. Ich vermute, dass es sich dabei um den großen Soldatenfriedhof handelt. Tatsächlich taucht dieser schon nach wenigen 100 Metern auf. Ich fahre links ran und betrachte die Szenerie.  106 Jahre sind seit der Schlacht von Verdun vergangen, aber wir haben nichts daraus gelernt. 


Was mich wundert ist, dass es keine Menschen auf dem Gelände gibt. Zutritt-verboten? Muss ich mich noch schlau machen. 

Danach mache ich mich auf in Richtung Innenstadt, wo es von Kriegerdenkmälern nur so wimmelt. Ich setze mich ans Ufer der Meuse, verzehre Bier und Sckokoteile und plane den Rest der Strecke. 25 km weiter, ebenfalls am Ufer der Meuse gibt es einen Campingplatz. Komoot schickt mich dazu über einen Bergrücken mit fast 300 hm, auf dem ich zu allem Überfluss 5 km Schotterpisten habe. 

Der Ort, zu dem der Platz gehört, hat, wie in Frankreich auf dem Land üblich, keine Kneipe, kein Restaurant, nichts. 

Aber in der Rezeption gibt es einen Kühlschrank, in dem ein paar Biere stehen und eine Regalwand mit Keksen, Chips und - Dosenravioli. Ich bin gerettet. 

97 km und 1100 hm stehen heute auf dem Wearable, sorry: Auf der Uhr. 

Das Wetter war weitestgehend schön, mit vielen Wolken und meist viel Wind von der Seite oder schräg von vorn. Und trotz Sonne meistens ziemlich kalt. Das wird heute Nacht wohl nochmal eine Herausforderung für meinen Schlafsack. Oder mich. 







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Kommentare: 1
  • #1

    Florian (Sonntag, 29 Mai 2022 23:55)

    Vielen Dank für deine kurzweiligen und informativen Berichte, mit denen du uns an deiner Tour de France teilhaben lässt. Ich wünsche dir viele unvergessliche Augenblicke und unfallfreie Kilometer! Viele Grüße Florian