
Heute morgen weht beim Aufstehen ein merklich frischerer Wind. Und der wird mal wieder von vorne kommen, weil es jetzt nach Nordwesten geht. Drei Tage Rückenwind ist auch wirklich zu viel des Guten. Es wird ein eher langweiliger Tag, die Wolken sind ziemlich dicht, die Sonne entsprechend spärlicher. Was ich weiß: Ich sollte heute über 100 km kommen, weil mein Ziel von morgen schon feststeht. Das ist 220 km entfernt. Meine erste Warmshowers-Übernachtung auf der Tour. Habe ich gestern Abend klar gemacht.
Das setzt einen natürlich ein bisschen unter Druck.
Die Landschaft ist auch heute wie immer, seit ich englischen Boden betreten habe. Grün, flach, manchmal eine Welle, oft überraschende Streckenverläufe. Die schmalen Landstraßen sind meist von Hecken gesäumt, da fährt man wie im Tunnel. Zum Bilder machen fehlen die Motive. Sonst helfen ja immer noch die Kirchen, die sehen aber in England alle gleich aus. Ein viereckiger Wehrturm, mal mit, mal ohne Spitze. Und vermutlich alle aus dem 14. Jahrhundert.
Spannend wird es erst ab km 80, da denke ich wieder über einen Übernachtungsplatz nach. Drei potentielle liegen auf meiner Strecke. Der erste? Existiert nicht. Vom zweiten gibt's immerhin noch ein Schild an einer Hauswand. Der dritte, der noch kommt, gehört zu einem 5* -Hotel, da weiss ich schon, was mich erwartet. Vorher sehe ich aber noch einen Wegweiser zu einem Caravanplatz an einem See. 2 Meilen abseits, die riskiere ich. Eine Kneipe, viel freies Gelände drumrum. Zwei Wohnwagen auf einem Kiesplatz. Ich frage den Wirt, ob ich auf der Wiese mein Zelt aufstellen kann. Ich darf. Weil es gerade jetzt zu nieseln beginnt, ziehe ich es vor, weiter unter die Bäume zu gehen und lande direkt an einem kleinen Tümpel. Perfekt. Wasser, Bier und Strom bekomme ich in der Kneipe, eine Käseplatte steht zur freien Verfügung direkt neben mir auf dem Tisch.
125 km waren es heute bei 890 hm.