Coburg - Heidelberg  21.8. -25.8.2023


 

Nach der Polen - Baltikum - Tour habe ich mein neues Gravelbike bekommen. Dieses musste natürlich gleich auf die Langstrecken - Tauglichkeit getestet werden. Zunächst aber ohne bzw. mit wenig Gepäck. Dabei wollte ich mir auch die Zugehörigkeit zur Warmshowers - Community zunutze machen und die eine oder andere Nacht bei einem Mitglied der Community verbringen. 

Als Strecke habe ich mir eine kleine Mittelgebirgsrunde, beginnend in Coburg über den Thüringer Wald, die Rhön, den Spessart und den Odenwald ausgedacht. Das Ziel sollte dann in Heidelberg sein. 5 Tage habe ich dafür eingeplant. Der Wetterbericht verhieß heiße und trockene Tage bis einschließlich Donnerstag. Danach sollte es eine kleine Abkühlung geben. Also perfekte Rahmenbedingungen. 

 

Die Übernachtungen müssen bei Warmshowers meistens über mehrere Tage vorausgeplant werden, was bei einer längeren Tour dann zu einigen Schwierigkeiten führen könnte, weil spontane Etappen schwer möglich sind. Aber probieren kann man es ja mal.  


Montag, 21.8.

Mit dem Zug nach Coburg bedeutet, mindestens 4 Mal umzusteigen (Ulm, Augsburg, Ingolstadt, Nürnberg). Nach allen Erfahrungen ein schwieriges Unterfangen. Aber, es funktioniert problemlos. Kurz nach 12 Uhr mittags bin ich in Coburg. Die Sonne scheint vom Himmel, die Hitze ist beträchtlich. Jetzt müsste ich eigentlich noch auf die Coburg hoch, aber ich belasse es bei einer kleinen Stadtbesichtigung im unteren Teil. Sehr beeindruckend. Und überall scheint HUK zu sein. 

 

Mein Tagesziel ist Ilmenau im Thüringer Wald, ca. 60 km entfernt. Die Übernachtung habe ich seit Sonntag sicher.  Da hat sich Jörg bei mir gemeldet und mitgeteilt, dass seine Mitbewohner einverstanden sind. Hört sich nach einer WG an. 

Aus Coburg raus geht es noch mit einigermaßen Verkehr, danach beruhigt sich das aber und die Straße steigt stetig leicht an. Ab Oberlauter am Lauterbach bin ich im Thüringer Wald und überquere die ehemalige Deutsch - Deutsche - Grenze bei Eisfeld. Hier steht noch ein ehemaliger Wachturm als Gedenkstätte.  Während die Berge mich zunächst nur auf der rechten Seite begleiten, geht es ab Oberwind richtig in die Berge rein. Zunächst nur ein paar kleine Wellen, dann aber richtig rauf 

bis auf ca. 750 hm, wo ich im Bereich Frauenwald den Rennsteig  überquere. Wie immer nervt in ländlichen Gegenden, dass sämtliche Wirtschaften geschlossen sind. Erst bei der Abfahrt finde ich in Stützerwald einen Laden, wo ich ein Bier käuflich erwerben und dieses unter einem Sonnenschirm genießen kann. Ab hier ist ein Radweg in Richtung Ilmenau ausgeschildert, entlang einer Bahnlinie. Damit erspare ich mir noch ein paar zusätzliche Höhenmeter, die Komoot für mich bereitgehalten hätte. Dafür habe ich am Ende ein paar km mehr auf dem Tacho, als ich in Ilmenau eintreffe. Ich bin erstaunt über die Größe des Ortes, der sogar eine Universität aufweist. Die Adresse, die mir Jörg genannt hat, entpuppt sich tatsächlich als große Villa in einem wilden Garten, in der Jörg mit ca. 7 anderen Leuten eine WG bildet. Nachdem alle WG - Mitglieder nach und nach eintrudeln und mich begrüßen, gibt es einen netten Abend bei leckerem Essen und ein paar Bieren, wobei ich einige Anekdoten aus meinen bisherigen Unternehmungen zum Besten geben kann. Ein richtig schöner Abend, der für mich dann auf einer Matratze im 'Bandzimmer' endet. Dieses dient öfters auch als Schlafstatt für Bands, die in Ilmenau gastieren. Für Jörg ist es einer der letzten Abende in der Villa, weil er in den nächsten Tagen berufsbedingt nach Leipzig umzieht. Man kann nur hoffen, dass seine Mitbewohner sein Engagement bei 'Warmshowers' fortsetzen. 

Tagesstatistik: 64 km, 950 hm. 

 


Dienstag, den 22.8.

Ich habe gut geschlafen, Jörg ist ebenfalls schon wach und  bereitet das Frühstück vor. Danach breche ich auf und stelle kurz danach fest, dass ich vergessen habe, ein Bild von der Villa und den Mitbewohnern zu schießen. So ein Mist. Dafür mache ich dann noch ein paar in der Innenstadt.

 

Es ist bereits wieder heiß, als ich mich auf den Weg Richtung Oberhof mache. Dieser führt teilweise steil und schotterig durch den Wald immer weiter nach oben, wobei ich wie üblich auch mal wieder einen Abzweig verpasse und eine kleine Ehrenrunde mit ein paar zusätzlichen Höhenmetern einlegen muss. Oberhof entpuppt sich als ziemlich großer Ferienort mit einigen üppigen Hotelbauten, die im Sommer einigermaßen seelenlos wirken. Der Ort liegt auf über 800 Meter Höhe. Komoot versucht mich zunächst ziemlich irritierend um die vielbefahrene Landstraße zu führen, wobei ich letztendlich doch drauf lande, halt ein paar hundert Meter später. Hier bin ich ziemlich lange unterwegs, stetig bergab führend.

 

In Ohrdruf finde ich ein Asia - Restaurant, danach befinde ich mich auf einer Wellenbahn eher am Rand des Thüringer Waldes, ehe es bei Friedrichroda wieder rein geht. Es gibt einige ziemlich steile Abschnitte bei Rula. Kurz nach dem höchsten Punkt über Rula verpasse ich mal wieder einen entscheidenden Abzweig und rausche auf der Landstraße statt einem ausgeschilderten Radweg runter. Zur Strafe muss ich dann unten auch noch auf die Bundesstraße und bekomme ein paar zusätzliche Höhenmeter vor Eisenach aufgebrummt. Das ganze gipfelt dann darin, dass der Beifahrer eines vorbeifahrenden Autos die rhetorische Frage rausbrüllt, ob es hier keine Radwege gibt. In Eisenach ist es zunächst auch schwierig, das Mittagsbier zu ergattern, weil diverse Gaststätten in der Innenstadt erst nach 4 aufmachen. Aber am Markt werde ich in einem Café fündig. Weil es hier in der Gegend keine WS - Destination gibt, schaue ich mich jetzt am geplanten Ziel in Creuzburg, ca. 15 km nördlich von Eisenach nach einer Pension um. Fündig werde ich in der Pension von Barbara Kühmstädt. Für 55 €. 

 

Danach gibt es noch eine kurze Burgbesichtigung, die Essenssuche endet im Restaurant Klostergarten in der Nähe der Pension.  

 

Statistik: 114 km, 1720 hm. 


Mittwoch, den 23.8.

 

Das Frühstück ist  üppig, ich sitze mit einem Monteur und einem anderen Radler am Tisch. Dieser ist etwas eigenartig, er scheint nach innen fokussiert zu sein. Er lässt sich dann aber doch noch entlocken, dass er auf dem Werratal - Radweg unterwegs ist. Jetzt erst erkenne ich, dass ich diesen auch nehmen kann, statt nördlich davon auf dem Höhenzug entlang zu radeln. Nach den vielen Höhenmetern von gestern keine schlechte Idee. Nach dem Start will ich eigentlich noch ein Bild von der Burg über der Werra machen, aber hier macht der Nebel einen Strich durch die Rechnung. Es sieht aus wie im tiefsten Herbst. 

 

Aber der Radweg ist schön, mehrmals wechsele ich die Flussseite, auch hier gibt es wieder mehrere Gedenkstellen an die ehemalige Grenze, u.a. bei Herleshausen. Inzwischen hat sich der Nebel auch längst wieder verzogen und die Sonne scheint. Auffällig sind auch die weißen Berge der Kalibergwerke. Diese stehen ziemlich beeindruckend in der Gegend herum. In Heringen gibt's eine Kaffeepause mit ein paar Rentnern am Tisch, etwa meine Jahrgänger, riesige Wampen vor sich herschiebend. Dabei machen sie sich gegenseitig übereinander lustig ob ihrer dicken Plauzen. 

Jetzt muss ich neu planen, denn demnächst muss ich die Werra verlassen und die Rhön erklimmen. 6 km später bei Heimboldhausen ist es dann soweit. Leicht ansteigend geht es raus aus dem Tal nach oben.

Eine völlig andere Landschaft, über leicht gewellte Berge geht es jetzt nach Hünfeld, das ich ursprünglich mal als Etappenort ausgesucht habe, weil es hier zwei Warmshowers - Adressen gibt. Da beide aber heute nicht verfügbar sind, lege ich jetzt noch eine Schippe drauf und fahre in die Rhön rein bis zur Wasserkuppe. Dieser Berg ist mit 970 Meter Höhe der Höchste in Hessen. Bekannt ist er vor allem für die Segelflieger, die hier oben ansässig sind. Die Anfahrt im Tal der 'Nässe' läuft mal wieder für einige Km auf einer ehemaligen Bahntrasse in Richtung Wasserkuppe. Deshalb ist die Steigung auch sehr moderat, auch ein 1100 Meter langer Tunnel ist zu durchfahren. Einige km vor dem Ziel ist aber Schluss damit, die Bahnlinie zweigt ab und es wird noch einmal etwas steiler bis nach Abtsroda direkt am Fuß der Wasserkuppe. Hier will ich eigentlich ein Zimmer suchen, werde aber erst ca. 5 km weiter in Poppenhausen fündig, im Gasthof Stern. Dazu muss ich nochmal 200 Hm runter. Schade drum. Die muss ich morgen wieder rauf. Das Zimmer ist schön (71 €), die Käspatzen ok, das Personal freundlich. Was will man mehr. 

Statistik: 111 km, 1346 hm. 


Donnerstag, den 24.8.

 

Es hat ein paar graue Wolken am Himmel, als ich nach einem fulminanten Frühstück aufbreche. Am Abend vorher musste ich auf einem Zettel meine Wünsche fürs Frühstück abgeben. Ich hab viel zu viel bestellt.  Das Ziel ist heute Gelnhausen, wo ich wieder über Warmshowers  fündig geworden bin, und zwar bei dem Menschen, über den ich überhaupt auf Warmshowers aufmerksam geworden bin. Dennis Kailing war vor ein paar Jahren mit seinem Film über eine Weltreise mit dem Rad auf Kinotour ("Besser Welt als nie"), die DVD dazu hat mir mein Freund Christian geschenkt und ebendort habe ich Bekanntschaft mit WS gemacht. Als ich dann in Gelnhausen nach einer WS - Adresse gesucht habe, ist mir gleich der Name bekannt vorgekommen. Und tatsächlich hat er heute Zeit für mich. 

Aber zunächst muss ich wieder die letzten 5 km zurück nach Abtsroda, wo der finale Anstieg zur Wasserkuppe beginnt. Passend zum Namen des Berges beginnt es bei 700 Meter Höhe zu tröpfeln. Oben am Gipfel nieselt es leicht. Die Segelflieger bleiben deshalb alle am Boden, Touris sind fast keine unterwegs. Auf einer Infotafel am Gipfel lese ich, dass die Wasserkuppe der nässeste Ort in Hessen ist. Wie passend. Aber nach wenigen Minuten ist es schon wieder vorbei und ich kann die Abfahrt angehen. Vorbei geht es an der Fuldaquelle, die etwa 150 Meter unterhalb des Gipfels entspringt. Im Tal angekommen, geht es gleich wieder nach oben, wo ich dann ab Oberweißenbrunn vorerst das meiste an Höhenmetern geschafft habe. Nach einer längeren Abfahrt bin ich jetzt im Sinntal, wo ich, oh Wunder, ab Wildflecken schon wieder auf einer Bahntrasse lande, die bis Bad Brückenau geht. Hier gibt es eine kleine Pause, nach der ich dann noch noch ein paar Hügel abbekomme. Über Schwarzenfels und die gleichnamige Burg komme ich nach Schlüchtern und ins Kinzigtal. Jetzt habe ich einen durchgängigen Radweg bis an mein Ziel. Dazwischen komme ich noch nach Steinau an der Straße. Hier gibt es ein Schloss, der Rest ist Gebrüder Grimm. Denn die kommen von hierher. In einer Parkanlage wird gerade für ein Mittelalter - Fest aufgebaut. Entsprechend gestaltete Typen laufen hier rum. Hat mit Märchen aber vermutlich nichts zu tun. Jetzt noch Bad Soden und Wächtersbach, dann stehe ich in Gelnhausen, bzw. im Ortsteil Haitz vor dem Haus von Dennis Kailing und seinen Eltern. 

Es wird wieder ein entspannter Abend bei Nudelsalat, gegrilltem Gemüse und Schweinesteak vom Grill. Der Regen, der inzwischen niedergeht, stört nicht weiter.  

Statistik: 103 km, 1452 hm. 

 


Freitag, den 25.8.

 

Dennis muss wie ich früh raus, weil er noch nach Freiburg muss. Das Frühstück wird wieder reichlich, die Spiegeleier schmecken auch mit dem Rest vom Nudelsalat von gestern Abend. Draußen rumpelt es schon länger in der Luft. Blitz, Donner und Wasser gehen nieder, aber der Spuk ist bald vorbei. Um 9 kann ich aufbrechen, immer damit rechnend, dass der Regen zurückkommt. Aber es bleibt trocken. Ich bin jetzt am Rand des Spessart unterwegs. Einige Zeit begleitet mich das Flüßchen Kahl, grob geht die Route zwischen Aschaffenburg und Seligenstadt durch. Irgendwann überquere ich auch den Main. Die Stadt heißt Mainfinger. Der Radweg danach führt durch ein großes Waldgebiet nach Babenhausen. Gut, dass ich jetzt ein Gravelbike habe.

Bis Groß - Umstadt bin ich immer in der Nähe der Bahnlinie. Wenn es jetzt zumachen und regnen würde, könnte ich also jederzeit in den Zug einsteigen. Gelegentlich sieht es so aus, als ob das tatsächlich passieren könnte. Danach beginnt der Odenwald und die Bahn ist für längere Zeit weg. Das muss ich jetzt aber riskieren. Es wird wieder bergig und einsam, wobei die Anstiege bis auf zwei Ausnahmen nicht besonders lang sind. In Reichelsheim gibt es eine Kaffeepause, es ist inzwischen ziemlich sonnig. Bis ich mit dem Kaffee durch bin, hat es aber schon wieder zugezogen. Aber bis Fürth im Odenwald sollte ich trocken durchkommen, denn ab hier beginnt wieder eine Bahnlinie. Dort angekommen, stelle ich fest, dass es einen SEV gibt, aber das interessiert jetzt nicht mehr, weil sich die Wolken wieder verzogen haben. Kurz vor Weinheim bin ich wieder in BW und die Sonne scheint jetzt fast ungehindert vom Himmel. Hier beginnt ein schöner Radweg durch die Weinberge entlang der Weinstraße bis nach Heidelberg. Es ist jetzt wieder richtig heiß. Bei schönstem Wetter komme ich in Heidelberg an und fahre direkt zum Bahnhof. Ich habe gerade noch Zeit, mir an einem Kiosk ein Zielbier zu kaufen, schon kommt der Zug in Richtung Karlsruhe. 

Statistik: 124 km, 1150 hm. 

 


Ein kleines Fazit

 

Eine wunderschöne Tour. Man muss es immer wieder betonen: Deutschland hat wirkliche schöne und abwechslungsreiche Landschaften. Jede davon hat ein besonderes Flair. Jedes dieser Gebiete würde sich auch für eine genauere und kleinteiligere Erkundung lohnen. Bei dieser Runde bin ich wie immer großzügig durchgezogen, ohne lange nach links oder rechts zu schauen. Es gibt noch viel zu tun. 

 

Meine neuen und ersten Erfahrungen mit Warmshowers waren durchweg positiv. Ich hatte zwei schöne Abend mit Jörg und seinen Mitbewohner in der WG in Ilmenau und Dennis und seinen Eltern in Gelnhausen. Dies bestärkt und motiviert mich, weiter aktiv auf meine Mitmenschen zuzugehen. Es macht einfach Spaß, wenn da soviel zurückkommt. 

 

Gesamtstatistik: 516 km, 6618 Hm.