Tour de France - Privat 2022

 Auszug aus dem Reisetagebuch 

 


Einleitung


Endlich wieder auf dem Fahrrad sitzen. Endlich wieder raus und die Freiheit auf zwei Rädern erleben. Wind und Wetter spüren, fremde Gegenden kennenlernen und alle Bedürfnisse auf ein Minimum reduzieren. Nachdem aus meiner letztjährigen Tour d’ Europe eine Deutschland – Runde mit kleinen Abstechern ins benachbarte Ausland wurde, habe ich mir für diesen Sommer meine persönliche Tour de France auf die Fahnen geschrieben. Start sollte Saarbrücken sein, wo ich im letzten Jahr meine Tour etwas vorzeitig beendet hatte.

 

Der Plan war, gegen den Uhrzeiger die Atlantikküste, die Pyrenäen, das Mittelmeer und die Alpen zu befahren. Während der Planungsphase habe ich die Runde dann noch auf Oberitalien ausgedehnt. Zwei Monate wollte ich mir mindestens dafür Zeit lassen. Den Starttermin habe ich auf den 28. Mai festgelegt.

 

Nachdem ich am Abend vorher noch Udo Lindenberg in der Schleyerhalle in Stuttgart erleben durfte, ging es dann am nächsten Tag voller Motivation und Vorfreude mit dem Zug von Mühlacker nach Saarbrücken, wo mich ein angenehmer Frühsommertag erwartete. Beste Voraussetzungen für eine schöne Tour.

 


Samstag, 28. Mai, Saarbrücken - Metz


 

Ja Stisi, Udo hat gestern Abend in der Schleyerhalle so richtig eingeheizt. Das habe ich nach der langen Abstinenz gebraucht. Mit so einem Konzert als Startschuss kann eigentlich nichts schiefgehen.

So steige ich also heute Morgen voller Motivation und Vorfreude in Mühlacker in den Zug nach Saarbrücken, wo meine Tour im letzten Jahr etwas unrühmlich zu Ende ging.

Trotz zweimal umsteigen bin ich pünktlich um 12 Uhr 15 in Saarbrücken und kann das leichte Warm-up auf dem Saarradweg bis nach Völklingen starten. Es ist leicht bewölkt, die Temperaturen sind angenehm und der Wind spielt keine Rolle. Ein perfekter Start also. Den gleichen Weg bin im letzten Jahr auf meiner letzten Etappe in der Gegenrichtung gefahren.

 

Ein scharfer Linksknick auf Höhe der Völklinger Hütte bringt mich jetzt in Richtung Lothringen, genauer in Richtung Metz. Ab hier beginnt eine Wellenbahn mit einigen knackigen Steigungen, die am Ende direkt an die Mosel bei Metz führt. Im Prinzip ist das die kürzeste Verbindung zwischen Saar und Mosel. Schon wenige Km nach Völklingen befinde ich mich in einem großen Waldgebiet auf einem mal mehr mal weniger guten Teerweg. Und plötzlich taucht direkt am Waldrand schon das erste französische Ortsschild auf. Creutzwald. Hier gibt es einen großen See, an dem heute ein großes Fest stattfindet. Und mein Komoot - Track führt mitten durch. Super Idee. Schon stecke ich im Stau vor der Kinder - Bimmelbahn.

Als das überstanden ist, wird es ruhiger. Später überwinde ich einen Höhenzug mit vielen Windrädern. Und das bei der bekennenden Atommacht Frankreich. Da muss ich mich als Oberschwabe schon wieder schämen. Danke für Garnichts, ihr komischen Regionalverbandssäcke und Landräte. Sorry, das musste raus.

 

20 km vor Metz ist es dann mit der Einsamkeit vorbei. Ich bin jetzt auf einer stark befahrenen Landstraße. Ein Radweg ist hier nirgends mehr in Sicht. Aber bevor ich den Rest angehe, genehmige ich mir ein mitgebrachtes Weißbier aus der Dose und checke dabei die Schlafsituation in Metz. Es gibt einen kommunalen Campingplatz direkt an der Mosel, an deren Gestade ich nun sitze und meinen ersten Tagesbericht verfasse.

 

Es waren heute gemütliche 84 km bei knapp 1000 Höhenmeter. Morgen werde ich Verdun passieren und vermutlich ein paar Gruselmomente erleben.  

 


Sonntag 29. Mai - Sivry - sur - Meuse


 

Die Nacht war, wie erwartet, ziemlich frisch. Mein neuer Schlafsack war, ebenfalls wie erwartet, nicht darauf eingestellt. Man muss halt Prioritäten setzen. Gewicht vor Wärme.

Weil ich mir fest vorgenommen habe, nicht zu hetzen, sitze ich heute erst kurz vor zehn im Sattel. Die Sonne scheint aus einem wolkenlosen Himmel, aber es ist immer noch ziemlich kalt. So wie ich gestern ins Moseltal runter gerauscht bin, geht's heute auch gleich wieder hoch. Keine Zeit zum Frieren.

 

Und sofort bin ich wieder einsam und allein unterwegs. In mehreren Wellen schaukelt sich das Gelände nach oben, wo ich schon bald eine stark landwirtschaftlich geprägte Hochfläche erreiche. Aber irgendwann bin ich dann doch wieder auf einer relativ befahrenen Landstraße unterwegs, wo ich dann auch einen größeren Ort, Jarny, passiere. Eigentlich sollte ich einkaufen, um zwölf machen die Läden dicht. Außer zwei Schokoteile und einem Bier bringe ich aber nichts zustande.

Inzwischen ist die Straße bolzgerade, der Verkehr mäßig, die Orientierung eindeutig, weil es immer wieder Wegweiser nach Verdun gibt. 

 

Hier ein paar Anmerkungen zu meiner Navigation:

Weil ich in der Vergangenheit immer wieder durch die Gegend geirrlichtert bin, weil mein Handy in der Trikottasche gesteckt hat, habe ich mir kurz vor der Abfahrt noch ein sog. Wearable gekauft, früher hat man dazu ‚Uhr‘ gesagt. Auf dieses Wearable kann ich meine Komoot - Tracks laden und habe damit die Strecke gut (meistens) im Blick. 

Aber immer dann, wenn man sich am sichersten fühlt, weil die Straße schnurgerade ist und Wegweiser dastehen, passiert es dann trotz diesem Schnickschnack, dass man sich verfährt, weil Komoot immer noch eine besondere Idee parat hält, wie man möglichst einsam durch die Gegend kommt. Also heißt es: Immer wachsam sein. 

 

Kurz vor Verdun baut sich vor mir nochmal eine Hügelkette auf, die wieder alles fordert. Danach rollt es sich schön hinunter in die Stadt. Kurz darauf gibt es einen Wegweiser nach rechts, der zum 'Zentrum des Weltfriedens' führt. Ich vermute, dass es sich dabei um den großen Soldatenfriedhof handelt. Tatsächlich taucht dieser schon nach wenigen 100 Metern auf. Ich fahre links ran und betrachte die Szenerie.  106 Jahre sind seit der Schlacht von Verdun vergangen, aber wir haben nichts daraus gelernt. 

Was mich wundert ist, dass es keine Menschen auf dem Gelände gibt. Zutritt verboten? Da muss ich mich noch schlau machen. Danach mache ich mich auf in Richtung Innenstadt, wo es von Kriegerdenkmälern nur so wimmelt.

 

Ich setze mich ans Ufer der Meuse, verzehre Bier und Schokoteile und plane den Rest der Strecke. 25 km weiter, ebenfalls am Ufer der Meuse gibt es einen Campingplatz. Komoot schickt mich dazu über einen Bergrücken mit fast 300 hm, auf dem ich zu allem Überfluss 5 km Schotterpiste habe. Der Ort, Sivry-sur-Meuse, zu dem der Platz gehört, hat, wie in Frankreich auf dem Land üblich, keine Kneipe, kein Restaurant, nichts. Aber in der Rezeption gibt es einen Kühlschrank, in dem ein paar Biere stehen und eine Regalwand mit Keksen, Chips und - Dosenravioli. Ich bin gerettet. 

97 km und 1100 hm stehen heute auf dem Wearable, sorry: Auf der Uhr. Das Wetter war weitestgehend schön, mit vielen Wolken und meist viel Wind von der Seite oder schräg von vorn. Und trotz Sonne war es meistens ziemlich kalt. Das wird heute Nacht wohl nochmal eine Herausforderung für meinen Schlafsack. Oder mich. 

 

Noch ein Nachtrag zum Soldatenfriedhof in Verdun. Der, den ich direkt in der Stadt gesehen habe, war nur der kleinste von allen. Im näheren oder weiteren Umkreis gibt es noch viele davon. 

  


Montag 30. Mai - Neufchatel-sur-Aisne


 

Die Nacht war, wie erwartet, ziemlich frisch. Mein neuer Schlafsack war, ebenfalls wie erwartet, nicht darauf eingestellt. Man muss halt Prioritäten setzen. Gewicht vor Wärme.

Weil ich mir fest vorgenommen habe, nicht zu hetzen, sitze ich heute erst kurz vor zehn im Sattel. Die Sonne scheint aus einem wolkenlosen Himmel, aber es ist immer noch ziemlich kalt. So wie ich gestern ins Moseltal runter gerauscht bin, geht's heute auch gleich wieder hoch. Keine Zeit zum Frieren.

 

Und sofort bin ich wieder einsam und allein unterwegs. In mehreren Wellen schaukelt sich das Gelände nach oben, wo ich schon bald eine stark landwirtschaftlich geprägte Hochfläche erreiche. Aber irgendwann bin ich dann doch wieder auf einer relativ befahrenen Landstraße unterwegs, wo ich dann auch einen größeren Ort, Jarny, passiere. Eigentlich sollte ich einkaufen, um zwölf machen die Läden dicht. Außer zwei Schokoteile und einem Bier bringe ich aber nichts zustande.

Inzwischen ist die Straße bolzgerade, der Verkehr mäßig, die Orientierung eindeutig, weil es immer wieder Wegweiser nach Verdun gibt. 

 

Hier ein paar Anmerkungen zu meiner Navigation:

Weil ich in der Vergangenheit immer wieder durch die Gegend geirrlichtert bin, weil mein Handy in der Trikottasche gesteckt hat, habe ich mir kurz vor der Abfahrt noch ein sog. Wearable gekauft, früher hat man dazu ‚Uhr‘ gesagt. Auf dieses Wearable kann ich meine Komoot - Tracks laden und habe damit die Strecke gut (meistens) im Blick. 

Nach 85 km erreiche ich Rethel, eine größere Stadt, in der endlich mal Leben herrscht. Hier mache ich mir Gedanken über einen Campingplatz. Gibt es aber keinen. Nur einen Camper - Stellplatz lt. Wegweiser. Den gibt es dann aber auch nicht mehr. Das Gelände ist völlig verwahrlost. Ich frage ein paar Angler, die am Kanal ihre Würmchen baden, ob man hier wohl campen könne. Sie raten mir dringend ab, weil hier abends meist Alkohol – Gelage stattfinden würden. Über Google finde ich ebenfalls keine Plätze in nächster Zeit und ich muss mir Gedanken über eine Außenübernachtung machen. Zur Sicherheit kaufe ich noch etwas Notproviant.

 

Und so treibe ich dahin, mal am Kanal, mal weit daneben, immer auf der Suche nach einem alternativen Schlafplatz. Schließlich lande ich dann nach 120 km und 970 hm in Neufchatel-sur-Aisne, wo es auch nichts gibt außer einer kleinen Parkanlage, in deren hinterster Ecke ich mein Zelt aufbaue.

In der Hoffnung, dass diese Nacht etwas wärmer wird, ziehe ich mich nach einem ausgiebigen Vesper in meine Behausung zurück. 

 

 

  


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