Transalp Sistiana - Salzburg 2000


 

 Der Plan in diesem Sommer war, von Salzburg aus nach Slowenien zu radeln. Je näher der Termin aber rückte, umso schlechter wurde das Wetter in den Nordalpen. 

Kurz vor dem Start haben wir dann die Notbremse gezogen und die Tour kurzerhand einfach umgedreht, in der Hoffnung, dass das Wetter im Süden besser war und wir beim Radeln in Richtung Norden auch wieder besseres Wetter bekommen würden. 

Also sind wir mit dem Zug nach Slowenien gefahren und in Sistiana gestartet. 

 

OK, es hat nur bedingt funktioniert, aber einen Versuch wars wert. 

 

Weil ich damals schon einen Reisebericht geschrieben habe, wird es jetzt etwas ausführlicher. Bilder haben wir damals noch nicht so ausgiebig geschossen wie später im Digital - Zeitalter. 

 

Sonntag, den 16.7. – Von Sistiana nach Most na Soci (Slowenien) , 75 km, 1640 hm

 

Vom Balkon sehen wir jetzt das Mittelmeer, das Wetter scheint aber auch nicht viel besser zu sein. Der Himmel ist bedeckt, es ist kühl, aber wenigstens regnet es nicht. Nach der üblichen Proviantaufnahme im nächsten Laden geht es los. Volli hat für den ersten Tag 60 km flaches Einradeln angekündigt. Dieses beginnt noch im Ort mit einer ziemlichen Steigung, die sich schon nach ein paar Kilometern zu einem echten Up – and Down auf Schotter und Straße entwickelt. Mal 300 Meter rauf, dann wieder 200 runter. Nach ca. 25 km erreichen wir die slowenische Grenze und kommen unbehelligt rüber. Die Landschaft ist hügelig, die Dörfer ärmlich, aber sauber. Ein gewisser Wohlstand scheint sich schon anzudeuten, wenn man die vielen, relativ neuen Autos sieht. Inzwischen erheben sich bereits die ersten Alpenberge vor uns und der erste richtige Pass steht an. Auf immerhin 1164 m müssen wir hoch, ehe wir einen langen Downhill auf knapp 200 m nach Most na Soci erleben. Kurz vor dem Ort beginnt es zu regnen und wir beschließen, in einer Kneipe Unterschlupf zu suchen und zu warten, bis der Regen nachlässt. Er lässt nicht nach. Und so beschließen wir, in der Kneipe, die gleichzeitig auch Hotel ist, zu bleiben. Wir sind überrascht. Billig (37 DM), schöne, neue Zimmer, gutes Essen. Volli grantelt zwar noch eine Weile, dass die erste Etappe schon vorbei ist, beruhigt sich aber wieder, als sich herausstellt, dass es in dem ursprünglich geplanten Etappenziel Podbro keine Übernachtungsmöglichkeiten gibt und wir ohne den Regen ziemlich blöde da gestanden hätten, direkt vor einem Pass mit weiteren 1000 HM. 

 


Montag, den 17.7. – Von Most na Soci nach Mojstrana, 99 km, 2330 hm

 

Als wir am morgen nach einem ausgiebigen Frühstück mit Spiegelei und Schinken los radeln, herrscht starker Frühnebel, aber schon nach dem Ortsende verschwindet dieser und wir sehen zum ersten Mal auf dieser Tour einen richtig blauen Himmel. Der Proviantkauf gestaltet sich diesmal etwas schwieriger, weil wir (außer Volli) keine slowenischen Tollar haben. Erst in Podbro gibt es eine Bank, wo wir umwechseln können. Die nächsten 25 km steigt es immer leicht an bis Podbro, danach beginnt ein Pass auf 1309 MÜM, der es wieder in sich hat. Zunächst geteert, ab der Passhöhe Schotterpiste. Nach einem langen Downhill erreichen wir Boh. Bistrica, wo wir uns kurz für den nächsten 900 Meter – Anstieg stärken. Bei diesem Anstieg umfahren wir östlich den Triglav, mit 2864 m höchster Berg Sloweniens. Weil wir aber meistens im Wald fahren, sehen wir zunächst nicht viel von der Landschaft. Nach der nächsten längeren Abfahrt erreichen wir ein Flusstal, dem wir eine zeit lang folgen und an dessen Ende nochmals ein 300 Meter – Pass mit anschließender Abfahrt nach Mojstrana wartet. Der anschließende Versuch, in dem weiter oben liegenden Dorf Dovje, direkt unterhalb des Mittagskogel gelegen, ein Zimmer zu finden, scheitert und wir fahren zurück nach Mojstrana. Wir finden dort eine Privatunterkunft und haben mal wieder ein sog. Apartment, wobei ich diesmal ein relativ großes Bett für mich habe und die beiden anderen sich in ziemlich kleine Holzkisten (Kinderbetten) verkriechen müssen. Unsere Pensionswirtin empfiehlt uns ein Restaurant, das wir auch nach längerem Suchen finden, das meinen beiden Mitradlern aber nicht so gefällt, weil das Essen etwas teurer und die Wirtin etwas unfreundlicher ist (sie berechnet Volli einen zweiten Salat, weil der sich am Salatbuffet versucht, satt zu essen). Auf dem Heimweg regnet es, und das tut es auch noch, als wir am nächsten Morgen frühstücken.


Dienstag, den 18.7. – Von Mojstrana nach Sattendorf / Ossiacher See, 58 km, 1400 hm

 

Als der Regen endlich um halb zehn aufhört und Volli die Wurstplatte hemmungslos für seinen Tagesproviant geplündert hat, starten wir den Aufstieg zum Mittagskogel, an dessen Ostflanke auf 1650 hm der Übergang nach Kärnten ist. Es ist immer noch bedeckt, gelegentlich schaut aber schon die Sonne raus. Oben angekommen, müssen wir ca. eine halbe Stunde auf gleicher Höhe schieben und tragen, bis wir den Grenzzaun finden und diesen überqueren. 

Wir sind jetzt auf Österreichischem Gebiet und haben eine lange Abfahrt vor uns. Diese besteht im oberen Teil aus grobem Schotter, im unteren Teil bessert sich der Weg. Eigentlich ist diese Etappe als Halbtagestour geplant, die wir um eine freiwillige Fahrt ohne Gepäck auf die Villacher Alpe erweitern wollten. Aber wegen der Verzögerung am Morgen und dem langwierigen Übergang am Mittagskogel kommt dies jetzt nicht mehr in Frage. Nach Erreichen der Talsohle fahren wir der Drau entlang nach Villach und weiter nach Sattendorf am Ossiacher See, wo Volli im Gasthaus Kramer, weil‘s billiger ist, gleich die Halbpension für die Nacht bucht. Dafür gibt es zum Abendessen ein Gulasch (genannt Zwiebelfleisch) mit Nudeln, für mich immer eine ‚Bescheisseressen‘, weil man dabei so schön am Fleisch sparen kann. Um weil die Nudelportion auch nicht gerade umwirft, bestellen wir gleich nach. Immerhin haben wir heute Nacht zwei Zimmer. Zwischendurch bekommt Volli aber trotzdem noch seine Extratour, indem er nach der Ankunft gleich noch ein Stück den Gerlitzen hochfährt. In der Zwischenzeit genehmige ich mir in einem Strandcafé die ersten Hefeweizen der Tour. Tut mindestens so gut wie eine Extratour.


Mittwoch, den 19.7. – Von Sattendorf nach Bad Kleinkirchheim, 66 km, 2709 hm

 

Heute wird es happig, Nach kurzem Einradeln am See entlang geht es jetzt die Mautstraße hoch zum Gerlitzen auf 1900 m. Satte 1400 Meter. Die letzten 150 Meter müssen wir schieben. Oben wimmelt es von Ausflüglern, die per Auto oder Seilbahn hochgekommen sind. Vom Gipfel weg gibt es einen Fahrweg, der uns einen geilen Downhill nach Arriach auf ca. 850 m ermöglicht. Nur ein kurzes Verschnaufen und schon geht es die nächste Mautstraße hoch zum Wöllaner Nock auf 2059 m. Diesmal müssen sogar wir Biker zahlen. 20 ÖS. Nach kurzer Aufregung erklärt uns aber die alte Dame, dass wir das Geld zurückbekommen, wenn wir eine der oberen Hütten erreichen. Auch schlau. So bekommt man die Biker in die Kneipe. Als wir die Walderhütte auf 1900 m erreichen, hängen die Wolken tief um die Hütte und wir ergötzen uns an Kaiserschmarren und Hefeweizen (nur ich, Volli trinkt vor der Hütte lieber das mitgebrachte Wasser). Danach schieben wir die Räder locker die restlichen 150 hm auf den Gipfel und starten von dort die rasante Abfahrt nach Bad Kleinkirchheim, immer mitten durchs Skigebiet. Wir sind gerade in der Ortsmitte und überlegen, noch bis zum nächsten Ort weiterzufahren, als ein heftiges Gewitter losbricht. Damit hat sich jede weitere Überlegung erledigt und wir finden, auf Empfehlung einer Dame im Lebensmittelladen, eine schöne Pension, mit schönen Zimmern, zu einem guten Preis, mit einem ordentlichen Frühstücksbuffet, das man wieder ordentlich für den Tagesproviant niedermachen kann. Das Abendessen läuft wie üblich. Ich genieße mein Hefeweizen, meine beiden Mitstreiter genehmigen sich ein kleines Spezi oder ein kleines Mineralwasser. Volli fragt diesmal sicherheitshalber nach, wie oft man sich am Salatbuffet bedienen darf.


Donnerstag, den 20.7. – Von Bad Kleinkirchheim nach St. Margarethen (im Lungau), 85 km, 2546 hm

 

Nach dem Frühstück geht es zunächst auf der Straße abwärts nach Radentheim, kurz danach verlassen wir wieder die Hauptstraße und gelangen zu einer steilen Auffahrt zum Mörringsattel auf 1609 m. Als Volli, der Herr der Karten, sich zum x-ten Mal an – oder auszieht, weist er uns nochmals auf das Ziel ‚Mörringsattel‘  hin, falls demnächst eine Abzweigung kommen sollte. Die kommt auch und zwar schon nach 100 Metern. Dort steht zwar nichts vom Mörringsattel, aber von Eisentratten (da müssen wir auch hin) und zusätzlich ein Radwege - Schild. Der Bauer, der gerade an der Weggabelung mäht, bestätigt uns die richtige Richtung und Jürgen und ich setzen den Weg fort, in der Annahme, Volli befindet sich direkt hinter uns. Wer aber falsch fährt (trotz Karte, Durchfahrt – Verboten – Schild und besserem Wissen), ist Volli. Erst eine Stunde nach Jürgen und mir kommt er auf dem Sattel an. Danach folgt wieder ein langer Downhill nach Eisentratten auf 700 m. Dieses befindet sich an der Tauernautobahn und wir folgen dieser ein paar Kilometer bis nach Leoben. Dort biegen wir in ein Tal ein (den Leobengraben) und folgen dem Bach wieder bergauf bis wir auf 1500 m die Nockalmstraße erreichen. Wir fahren jetzt auf der Passstraße, die lt. Volli ihren höchsten Punkt bei 1850 m haben soll. Als wir endlich oben sind, zeigt der Höhenmesser 2042 Meter an. So kann man sich verschätzen. Weil es da oben ziemlich kalt ist und ein heftiger Wind bläst, starten wir auch gleich wieder zur Abfahrt in Richtung Krems und haben von dort nochmals einen neuen Anstieg mit 250 hm zu überwinden. Wir befinden uns jetzt im Bundschuhtal und haben jetzt eine endlos lange, aber dafür relativ flache Abfahrt nach St. Margarethen im Lungau vor uns. In einer Privatpension finden wir zwei Zimmer für 220 ÖS pro Nase, für den Magen eine schöne Wirtschaft und fürs Auge eine schöne Wirtin. Sogar Volli haut sich heute richtig einen rein und lässt dem kleinen Mineralwasser noch zwei Weizen folgen. 


Freitag, den 21.7. – Von St. Margarethen nach Abtenau, 100 km, 1864 hm

 

Lt. Wetterbericht erwartet uns heute endlich ein schöner Tag mit angenehmen Temperaturen. Denkste: Dieser Wetterbericht ist ausschließlich für Touris gemacht und die muss man mit guten Nachrichten bei Laune halten. Das Wetter heute: Grau bis dunkles Grau, für eine halbe Stunde kurze Andeutungen von Sonne. Aber immerhin: Kein Regen. Nachdem bisher die Überquerung des Alpenhauptkammes immer am Anfang einer Tour stand, steht uns diese jetzt am vorletzten Tag bevor. Lt. Volli aber die harmloseste Variante. Nach dem Start bewegen wir uns zunächst mir nur geringfügigen Höhendifferenzen, mal leicht rauf, mal leicht runter in Richtung Alpenhauptkamm in den Radstädter Tauern. Über Mauterndorf und Mariapfarr geht es weiter, zunächst relativ flach, in die Berge, wo bei 1300 m eine Forststraße beginnt, auf der per Schild das Radeln untersagt ist. Was soll‘s. Wir müssen trotzdem rüber. Nach kurzem heftigen Anstieg stelle ich Oberdödl beim Griff an die Stirn fest, dass ich meine Sonnenbrille mal wieder liegen gelassen habe, als ich an der Hütte nach dem richtigen Weg gefragt habe. Also nochmals zurück und schnell mal 120 hm als Sonderaktion eingelegt. Wir erreichen ungeschoren das Ende der Forststraße und müssen von 1600 m bis auf 1900 m schieben und tragen. Aber alles halb so schlimm, es war tatsächlich schon beschwerlicher. Oben ist es natürlich arschkalt und das erste mal in diesen Tagen überlege ich mir, eine lange Hose anzuziehen. Aber ich belasse es beim zusätzlichen Griff zum Flies und halte auch dieses aus. Nach dem Übergang am oberen See beginnt bereits der Fahrweg nach unten und wir können wieder in die Sättel. Die Abfahrt ist heftig. Schotter der übelsten Sorte und steil „wia d’Sau“. Echte Knochenarbeit für’s Rad, den Hintern und die Handgelenke. Kein Vergnügen. Erst im unteren Teil wird es wieder angenehmer. Wir erreichen das Ennstal in der Nähe von Schladming und fahren von dort in Richtung Filzmoos, wo uns anschließend nochmals ein 700 Meter – Anstieg mit anschließender Tragepassage talwärts erwartet. Dabei umradeln wir westlich das Dachstein – Massiv. Leider ist die Sicht zu schlecht, um das ganze Massiv richtig zu erkennen. Erst der nächste Downhill bringt uns wieder endgültig in Richtung Tal und ab Annaberg gibt es noch eine richtig rasante Schlussetappe bis nach Abtenau. Die Zimmersuche wie gehabt. Hauptsache billig. Billig = Muffig. Das hat man davon. Und über verpackte Marmelade darf man sich dann eben auch nicht aufregen. Beim Abendessen das gleiche Bild. Beim einen ist es laut Speisekarte zu teuer, dafür darf es dann beim anderen auch ein bisschen schäbiger sein.


Samstag, den 22.7. – Von Abtenau nach Salzburg, 73 km, 1170 hm

 

Der letzte Tag. Endlich: Die Sonne scheint, es ist warm und Volli und Jürgen ziehen immer noch die warmen Klamotten an. Heute nur noch ein Ausrollen bis zum Bahnhof in Salzburg. Abfahrt nach München: 13 Uhr 32. Geschätzt: 50 km, 700 hm und „bis halb eins sind wir lässig da“. Wir entscheiden uns für eine etwas längere Variante. Diese bringt zu Beginn immer wieder kurze Anstiege und eben solche Abfahrten, so dass sich die gefahrenen Höhenmeter immer mehr aufaddieren, die eigentlichen Auffahrten aber immer noch ausstehen. Als es endlich zum letzten Aufstieg mit 600 hm geht, haben wir doch schon einige zusätzlich in den Knochen. Und der letzte hat es dann nochmals in sich. Fast immer auf dem kleinsten Gang, zuerst Teerstraße, später Schotter und immer wieder schieben, weil zu steil und zu rutschig. Bei 1250 m haben wir endlich den Übergang erreicht, ein kurzes Stück Trial mit gelegentlichen Schiebestücken und der letzte Downhill kann beginnen. Inzwischen ist die Zeit natürlich knapp, für lange Vesperpausen bleibt keine Zeit mehr. Ab Hintersee erreichen wir die Straße und erhöhen das Tempo. In Vordersee trennt sich Jürgen von uns, der noch einen Besuch in Bad Ischl machen will. Volli und ich erhöhen nochmals die Schlagzahl, als wir bemerken, dass wir noch 1 Stunde Zeit und 18 km vor uns haben. Und dann auch noch ein Anstieg mit über 100 hm. Die letzten Reserven werden jetzt herausgeholt, das letzte Brötchen bei Tempo 30 verdrückt. 20 Minuten vor Abfahrt des Zuges erreichen wir den Bahnhof. Schlange stehen, Cola kaufen, einsteigen, abfahren. Das war‘s