Reisebericht Teil 1

Nachdem ich mich im Jahre 2020 Corona - bedingt nicht zu einer längeren Radtour aufraffen konnte, habe ich mich im laufenden Jahr meiner im Jahr vorher geplanten Corona - Runde erinnert, die ursprünglich immer entlang der deutschen Grenzen laufen sollte. Für den Fall, dass man nicht rüber oder nicht mehr zurück darf. Ganz so streng wollte ich es dann doch nicht machen und je nach Lage auch eine erweiterte Tour über die Grenzen hinaus machen. Zeit hatte ich eigentlich genügend, über die Motivation war ich mir Anfangs nicht so richtig im Klaren. 

 

Also wollte ich mich einfach mal treiben lassen - mit offenem Ausgang. Zuerst an der östlichen Grenze entlang nach Norden zu meinem Freund Christian in Eutin, dann rüber an die Nordsee und dann mal sehen, wie die Lage so ist. 

24.06. - Fehlstart

 

Den Donnerstag, 24. Juni habe ich mir zunächst als Starttag auserkoren. Weil: Irgendwann muss man ja starten - und wenn es nach dem Stammtisch ist.  Eine Woche zuvor hatte ich meine Zweit - Impfung, also musste ich damit rechnen, in der ersten Woche gelegentlich einen Test machen zu müssen.

 

Der Wetterbericht hatte aber etwas dagegen. Es gab sogar eine Unwetterwarnung. Also  habe ich den Start nochmals um einen Tag verschoben. Ganz so schlimm wie auf dem Bild, so wie es mein Freund HP vorhergesehen haben will, wäre es aber doch nicht gekommen. 

 

 

Möge der Himmel seine Schleusen dichthalten.  

25.06. - Reute - Donauwörth

Jetzt aber wirklich. Mit einem Tag Verzögerung schaffe ich es endlich. Aber um 9 Uhr, als ich eigentlich los will, regnet es und ein kalter Wind fegt ums Haus. Also erst mal abwarten und auf besseres Wetter hoffen. Lt. Wetterbericht sollte das schlechte Wetter demnächst in Richtung Osten abziehen. Ok, also genau in meine Richtung.

 

Als ich um halb elf aufsteige, tröpfelt es. Auf dem Weg Richtung Stadt denke ich, dass ein letzter Corona - Test vielleicht gar nicht so verkehrt wäre. Wer weiß, wofür man's braucht. Also noch schnell ins Café Berlin rein, in der Nase rumstochern lassen und weiter.

 

Ich erinnere mich, dass ich vor 6 Jahren, als ich zum Nordkap aufgebrochen bin (Start in Scheho), vor Schemmerberg wieder umkehren musste, weil der Radweg überflutet war. Das sollte mir heute nicht passieren. Also fahre ich statt über Scheho nach Laupheim und ab hier in Richtung Riss und Donau.

 

Schwarze Wolken begleiten mich auf der ganzen Strecke. Aber bis auf ein paar Tropfen bei Erbach komme ich trocken durch. 

 

Nach Ulm wird der Donauradweg meistens zu einem Naturweg durch lange Auwälder. Viele Pfützen, viel Matsch, aber meistens doch gut fahrbarer feiner Schotter. 

Hinter Günzburg geht es auch immer wieder weg von der Donau, oft sind die Wegweiser etwas verwirrend, aber ich habe inzwischen dazu gelernt. Um Dillingen rum regnet es wieder ein bisschen, aber es ist nicht weiter schlimm. 

Den anvisierten Campingplatz in Donauwörth finde ich sofort. Der wird von einem Kanu - Club betrieben. Ich bin der einzige Gast. Aber als erstes muss ich meinen Corona - Test vorweisen. War doch eine gute Idee heute morgen.

 

Mit vielen kleinen Schlenkern und ein paar Umleitungen komme ich heute auf knapp 140 flache km. 


26.06 - Donauwörth - Kelheim

 

Kurz vor dem Aufbruch in Donauwörth lerne ich noch ein ungarisches Paar kennen. Die beiden sind am Abend vorher per Kanu angekommen. Er erzählt mir in bestem Deutsch, dass sie vor zweieinhalb Monaten am Schwarzen Meer losgepaddelt sind und jetzt 2500 km hinter sich haben. Das Ziel soll Donaueschingen sein. Das sind wahre Helden.

 

OK, aber jetzt los auf den Donauradweg. Wer sich hier ein flowiges und relaxtes Dahinradeln vorstellt, liegt falsch. Aber ich wusste das vorher schon. Das ist auch nach Donauwörth nicht anders. Auf dem Radweg wird man ziemlich durchgeschüttelt, wenn man dann immer wieder weg geführt wird, wird's manchmal auch bergig.

 

In Ingolstadt hole ich noch schnell einen neuen Corona - Test. Was man hat...

 

Vor Kelheim verliere ich doch tatsächlich mal wieder den Radweg und stelle fest , dass es vielleicht besser wäre, auf der Landstraße zu bleiben, statt sich den vielen Schotter zu geben. Das wird aber leider mit ziemlich vielen Höhenmetern bestraft. Eine Welle nach der andern bis zur finalen Abfahrt nach Kelheim.

 

Einen Campingplatz habe ich mir auch schon ausgesucht, ca. 5 km nach Kelheim. Auf einem Bauernhof. Und weil ich weiß, dass ich auf dieser Seite bleiben muss, mache ich an einer Brücke, die plötzlich vor mir steht, einen Linksschwenk. Völlig gedankenlos. Und als nach geraumer Zeit immer noch kein Campingplatz auftaucht, schau ich mal wieder aufs Handy. Und stelle fest, dass ich mich an der Altmühl flussaufwärts befinde. Einfach mal die Altmühl mit der Donau verwechselt. Die habe ich überhaupt nicht auf dem Schirm. Insgesamt 10 km versenkt. Kurz vor Feierabend.

 

OK, als ich dann endlich meinen Platz auf dem Bauernhof habe, ist es schon wieder ziemlich spät.

Mein Zelt steht direkt neben einer kleinen Hütte. Als ich mich gerade mit dem Gedanken beschäftigt habe, jetzt meinen Blog zu schreiben, werde ich von links von einer jungen Radlerin angesprochen, ob es mir was ausmachen würde, wenn sie hier neben meinem Zelt ihre Hängematte aufhängen würde. Nach einem kurzen Überraschungsmoment meinerseits beginnt sie dann zügig ihre Hängematte zwischen dem Baum hinter meinem Zelt und einem Dachbalken meiner Hütte aufzubauen. Und nebenher erzählen wir uns dann allerlei Geschichten vom Radeln.

 

Es ist richtig witzig. Sie will von Berlin mit einem Zwischenstopp in Neu-Ulm nach Donaueschingen und Freiburg. Leider gibt's kein Bier mehr zu kaufen.

 

Also ab ins Zelt bzw. in die Hängematte.

 

Meinen Corona - Test vom Mittag hat übrigens keinen interessiert. 

 

Mit allen Umwegen waren heute 130 km.

 

27.06. - Ab jetzt im Naabtal - Von Kelheim nach Weiden

Es ist Sonntag morgen. Dank Wibkes (Ja, so heißt sie) Tipp, die Isomatte härter aufzupumpen, habe ich wirklich besser geschlafen. Beim Abbau unserer Liegenschaften erzählen wir uns weiter Geschichten. Frühstück haben wir beide keines und so verabschieden wir uns dann in verschiedene Richtungen. Ich habe jetzt noch etwa 20 km an der Donau, bevor ich  kurz vor Regensburg ins Naabtal abbiege. Dies klappt reibungslos.

 

Anfänglich gibt's hier noch ziemlich viele Radler, Touristen und Campingplätze, aber später wird es diesbezüglich ziemlich dünn. In Burglengenfeld verpasse ich mal wieder den Radweg und bin bis Schwandorf am Radweg neben der Landstraße unterwegs. Und plötzlich taucht Max neben mir auf. Im ersten Reflex will er vorbei rauschen, ist aber dann doch neugierig ob meiner Reiseausstattung. Also bleibt er bei mir, ich erzähle, wohin ich will und er, was er vor hat. Gerade Abi gemacht, Zeit bis zum Studium, der Plan eine Deutschland - Rundfahrt. Dafür übt er gerade.

 

Hinter Nabburg kennt er einen Campingplatz, betrieben von seinen Nachbarn, der wäre aber gerade am schließen. Bis dahin haben wir auch noch den gleichen Weg. Er hat keine Ahnung, ob der Platz noch offen ist. 10 km vorher rauschen wir noch an einem vorbei. Das Ende vom Lied: Max biegt am Campingplatz nach rechts ab, der Platz ist geschlossen und ich habe keinen Plan mehr. Ab hier gibt's keine Zeltplätze mehr. 10 km später treffe ich einen Vater mit seiner Tochter. Er meint, in Weiden gäbe es einen Zeltplatz am Schätzlerbad. Ca. 15 km noch. Nach 12 km bin ich in Weiden, der Badesee ist am anderen Ende der Stadt. Lt. Internet gibt's tatsächlich einen Platz für Dauercamper und einen Zeltplatz. Um 6 Uhr bin ich in Weiden, um halb sieben am Bad, erfahre dort, dass der Zeltplatz geschlossen ist und bin ziemlich angepisst. Zurück in die Stadt, ein Hotel suchen. 

Ich finde ein einigermaßen günstiges, aber die Buchung auf Booking.com funktioniert nicht. Ok, fahre ich halt direkt hin. Ein Zimmer gäbe es, aber die Frage ist, ob ich auch einen Corona - Test hätte. Der von Ingolstadt ist seit 5 Stunden abgelaufen. Ich könnte aber in eine Notdienst - Apotheke fahren und einen machen. Ok, 2,5 km hin und wieder zurück. Dann habe ich das Zimmer. Und noch nichts gegessen, geschweige denn getrunken. Aber auch das kriege ich noch hin. 

 

Und dann waren es doch wieder 110 km.

28.06. - Im Fichtelgebirge - von Weiden zum Halalipark

Der Plan heute: Ein bisschen kürzer und sicher stellen, dass ich wirklich einen Schlafplatz finde. Irgendwo bei Selb, kurz vor der tschechischen Grenze.

 

Der Komoot - Track sagt 68 km. Das passt. Es darf auch mal kürzer sein. Der zweite Blick sagt. 900 hm. Also relativ bergig. Aber das ist OK. Viele Wellen auf Oberpfälzer Höhen und ein paar längere Anstiege im Fichtelgebirge. Um 12 bin ich in Marktredwitz, von da sind's eigentlich nur noch 23 km. Nur noch ein Katzensprung. Nach einer längeren Pause nehme ich die Fahrt wieder auf und scheitere nach wenigen Metern an einer Baustelle unter einer Schnellstraße. 

Ein Bauarbeiter meint 'Links rum, über die Bundesstraße'. Der Versuch scheitert. Rechts rum über den Radweg nach Selb wird mühselig. Viele Wellen, viel übler Schotter Das Handy verliert den Saft - kurz: Es zieht sich unerwartet. Dann bin ich da. Ein Platz aus einer anderen Zeit. Ein kleiner See dabei. Alles vergammelt. Aber die Sanitäranlagen sind noch OK. Ich bin der einzige Zelter. Immerhin bekomme ich ein Weizen, kann mit einem Auge Spanien / Kroatien und die erste Hälfte Schweiz / Frankreich schauen und gleichzeitig mit dem anderen diesen Blog schreiben. Ca. 450 km habe ich bis jetzt zurück gelegt. Morgen geht's ein Stück durch Tschechien. Heute waren es 75 km und ca. 1100 hm. 

 

29.06. - Hatz zum Viertelfinale nach Werdau - vergeblich

Der Tag des Achtelfinales beginnt damit, dass ich denke, der Kick beginnt um 9 und ich hätte deshalb genügend Zeit. In Selb wird es mal gefrühstückt, danach mache ich noch einen Corona - Test, weil ich noch ein paar Km durch Tschechien muss und am Abend vielleicht auch wieder einen brauche.

Kurz nach Selb bin ich schon über der Grenze und damit im Böhmerwald. Es sieht immer noch so aus wie vor 20 Jahren, als ich das letzte Mal drüben war: Spielcasino, Nachtclub, Asia - Markt und drumrum lauter Schrott und Ruinen. Die 25 km durch diesen äußersten Zipfel Tschechiens ist ein permanentes Auf - und Ab. Komoot meint es wirklich gut und schickt mich in jeden Wald - und Feldweg rein. Alles steil, holprig, löcherig.
Raus komme ich jetzt im Vogtland. Einen Test will niemand sehen. Ist auch keiner da.
Es wird jetzt noch viel härter. Ein steiler Anstieg reiht sich an den anderen. Mal links und rechts der Elster mit zum Teil übelstem Kopfstein und bis 22 % steil. Da muss sogar ich passen und schieben. In Greiz suche ich mir einen Campingplatz als Tagesziel aus. 
Zum  erwählten sind es 23 km und nur 190 hm. Inzwischen es es jedoch schon nach halb 5 und ich weiss, dass der Kick schon um 6 anfängt. Ok, dann halt zur zweiten Halbzeit.
Blöd wieder, dass ich gleich den falschen Berg nehme und 5 Extra - Km einlege. Wie doof kann man sein.
Es ist kurz nach 7, als ich am Stausee mit Campingplatz hinter der Stadt Werdau eintreffe. Rezeption nicht besetzt, weder Kneipe noch sonst irgendwas. Ein paar Dauercamper hocken vor ihrem Wagen und schauen Fußball. Da steht es noch 0:0.
OK, eigentlich egal. Zelt aufbauen, duschen, und nochmal losfahren, um etwas in den Magen zu bekommen. Insgesamt irrlichtere ich noch ca. 25 km durch die Gegend, um eine offene Kneipe zu finden. Unterwegs erfahre ich dann das Endergebnis. Auch egal.
Die Penne sind lecker, die zwei Hefe auch. Ok, die Portion ist etwas dürftig - aber das kennen wir ja schon.
Zurück auf dem Platz sind inzwischen gewaltige Wolkenberge hochgezogen. Die sehen ziemlich bedrohlich aus. Ich überlege schon, mein Domizil in einen kleinen Raum neben der Rezeption zu verlegen, der offen steht. Aber wie durch ein Wunder zieht das Unwetter an uns vorbei. Ein kleiner Regenschauer in der Nacht, das wars.
CA. 110 km und etwa 1400 hm bin heute rumgeeiert.

30.06. - Im Pleissetal nach Leipzig

Das Allerbeste zuerst. Seit Mitternacht gilt mein Impfausweis. Keine Tests mehr.

 

Alles trocken heute morgen, der Regenschauer war kurz. Es ist zwar grau in grau, aber relativ warm. Zuerst geht es gemütlich an der Pleisse entlang, mal geteert, mal geschottert, mal auf Kopfstein. Mal links mal rechts. Zweimal stoppen mich Verbotsschilder, weil gerade gebaut wird. Ohne Vorwarnung wieder. Ganz schön nervig.

In Altenburg (Spielkarten) mache ich eine längere Pause. Das Ziel lege ich auch fest. Ein Platz an einem See am westlichen Stadtrand von Leipzig. 49 km sagt Komoot, fast flach, da bin ich ja geschätzt so um 3 Uhr da.

 

Von wegen. Es wird wieder mal ziemlich übel. Schon in Altenburg zwingt mich das Sch... Navi in jede Kopfsteinplaster - Gasse rein. Raus komme ich dann über Umwege. Gelegentlich wird der Radweg dann auch wieder beschildert, um kurz darauf wieder im Nirvana zu verschwinden. Kurz vor Leipzig muss ich sogar eine Zeitlang auf die Bundesstraße. Nix mehr mit Radweg.

 

Aber wer die Autobahnen in Spanien oder Thailand kennt, fürchtet keine ostdeutsche Bundesstraße.

So kommts, dass ich wieder nach 6 am Ziel bin. Erstaunliche 19 Euro darf ich für den Platz berappen. Inklusive 5 Euro - Zuschlag für eine Einzelübernachtung. Das hatte ich noch nie.

Für alle, die das Abenteuer auf dem Rad suchen: Ab in den deutschen Osten. 

 

Ca. 90 km kommen so heute zusammen. 

01.07. - Von Leipzig nach Dessau

So stellt man sich keinen 1. Juli vor. Grau, kühl, windig. Aber immerhin trocken. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, in Leipzig einen Ruhetag einzulegen, weil ich von der Stadt bisher nur den Bahnhof und den Flughafen kannte.

Aber unter diesen äußeren Umständen macht ein längerer Stopp auch keinen Sinn. Also kreisle ich zwei Stunden in der Leipziger Innenstadt an diversen Sehenswürdigkeiten vorbei und mache mich dann um 12 auf den Weg nach Dessau.

 

Die Orientierung ist heute problemlos, die Fahrradwegweiser stehen immer an der richtigen Stelle. Das verhindert leider nicht die vielen Kopfstein - Passagen in vielen Ortschaften. Dazu kommt ein starker Gegenwind, der ein leichtes Rollen unmöglich macht.

 

Auch heute komme ich wieder an mehreren großen Seen vorbei, die durch die Flutung des Braunkohle - Tagebaus entstanden sind. Heute sind das alles Naturschutzgebiete. Zutritt meist verboten. Das wird vermutlich auch gut sein, weil die chemische Industrie rund um Bitterfeld vermutlich am Ende der DDR-Zeit bestimmt noch einige Altlasten auf günstigem Weg entsorgt hat.

 

Auch heute kein Tag für Landschaftsbilder. Alles grau bis schwarz.

Als ich kurz vor meinem heutigen Campingplatz direkt an der Elbe im Norden von Dessau einfahre, beginnt es leicht zu nieseln. 

Ich kann nicht Jammern. Fast der erste Regen. 

80 km bei fast 0 Höhenmetern bin ich heute gefahren.

02.07. - Von der Elbe an die Havel

Trotz leichtem Regen in der Nacht sind meine Klamotten, die ich im Baum zum trocknen aufgehängt habe, tatsächlich trockener als am Abend. Es ist wieder dunkelgrau, aber schon merklich wärmer als gestern.

 

Bevor ich mich aus dem Schlafsack schäle, teste ich eine neue Option. Seit dem Frühjahr bin ich Mitglied bei 'warmshowers.com'. Das ist eine weltweite Biker - Community, die Übernachtungsmöglichkeiten für Gleichgesinnte anbietet. Also checke ich die Orte auf meiner Route, die ca. 100 km von hier entfernt sind. In Rathenow westlich von Berlin werde ich fündig. Genau ein Angebot. Ich schreibe eine Email und bin gespannt, was sich daraus ergibt. 

 

Ich bin etwas abseits meiner geplanten Route und fahre nach dem überqueren der Elbe parallel, um in Coswig wieder auf die Route zu treffen. Zunächst gibt es auch einen Radweg an der Bundesstraße, der aber urplötzlich aufhört. Zurück über die Elbe oder bleiben und die 14 km riskieren ? Der Verkehr scheint nicht so stark zu sein, also bleibe ich. Es läuft gut, ich höre keine Proteste hinter mir. Nach der Hälfte geht ein Radwegweiser rechts ab. Was für ein Wahnsinn! Die rechnen also tatsächlich damit, dass die Straße von den Elbe - Radlern genutzt wird. 

Also nehme ich das Angebot an und bereue sofort. 

 

03.07. - Nach Wittenberge an der Elbe

Ganz was Neues : Beim Aufstehen und Packen scheint die Sonne. Frühstück gibt's heute an der Tanke. Das Ziel ist etwas difus. Auf der geplanten Route müsste ich heute 140 km fahren, um einen Campingplatz zu finden. Wenn ich die Route über die Elbe nehme, finde ich schon bei 100 einen.

 

Für die Gesamtstrecke spielt es keine große Rolle. Also weiche ich von der geplanten Route ab und fahre über Havelberg nach Wittenberge. Ab Havelberg laufen die Havel und die Elbe brav nebeneinander her, nur getrennt durch einen Damm, auf dem sich der Radweg befindet. Und das mit einem guten Belag. Nix Kopfstein, nix Wurzelstrecke.

 

Nach 20 km geht dann die Havel in die Elbe. Kurz danach entschließe ich mich zu einem Bad in der Elbe und muss wieder feststellen, dass das ein ganz schön tückisches Unterfangen ist, weil man ganz leicht die Strömung vergisst. Zwei kurze entspannte Schwimmzüge und man stellt fest, dass sich das Gerödel am Ufer ganz schnell entfernt hat. Da kommt sofort ein wenig Hektik auf und einige schnelle Schwimmzüge in Richtung Ufer bringen das Ganze wieder in Ordnung.

 

Mein Ziel in Wittenberge ist der Sportboothafen, an dem ein Hafenmeister das Kommando über eine Anlegestelle für Boote, einen Wohnmobilstellplatz und eine Wiese zum Zelten hat.

 

Am Rande sei noch erwähnt, dass es in Brandenburg wie schon in den letzten Jahren furztrocken ist. Höchste Waldbrandgefahr in den ausgetrockneten Kieferwäldern. 

Nach den Wassermassen, die wir im Süden abbekommen haben, kaum vorstellbar. Aber davon ist an der Elbe nichts zu spüren.

 

Knapp 100 km sind es heute. 

04.07. - Schwerin

Die Sonne scheint und es ist schon ziemlich warm, als ich in Wittenberge aufbreche. Die Strecke scheint heute völlig easy zu sein. Lt. Track sind es 87 km nach Schwerin.

Es ist tatsächlich völlig einsam unterwegs. Kein PKW stört die sonntägliche Stille, als ich durch diverse brandenburgische und später mecklenburgische Dörfer rausche. 

 

In den Dörfern das obligatorische Kopfstein, außerhalb entweder schmale Landsträsschen und inzwischen sogar gut ausgebaute Radwege.

Nach ca. 40 km kommt mit Grabow der erste größere Ort, an dem es sogar eine Tankstelle gibt. Zeit für einen Kaffee und ein Vesper. 

6 km weiter kommt Ludwigslust, eine Kreisstadt. Ab hier geht es an der Bundesstraße entlang in Richtung Schwerin. Immer auf einem guten Radweg daneben. Die letzten 28 km bis Schwerin kommt fast keine Kurve mehr. Zustände fast wie in Schweden.

 

Um halb drei bin ich bereits in Schwerin und ziehe mir eine Pizza und ein Hefe rein. Danach schaue ich mich nach einem Platz für die Nacht um. Fündig werde ich 10 km weiter nördlich um Schweriner See, lt. Beschreibung der  viertgrößte See Deutschlands.

 

Morgen kommt die letzte Etappe zu meinem Zwischenziel Eutin.

 

Knapp 100 km waren es heute. 

05.07. - Zwischenziel Eutin

Wo ist das schöne Wetter von gestern hin?

 

Der Himmel präsentiert sich grau und trostlos. Das könnte das erste Mal so richtig nass werden. Nachdem ich noch ein Lunchpaket in Empfang genommen habe, mache ich mich auf die Socken. 

Mein Komoot - Track zeigt fast schurgerade in Richtung Nordwesten und sagt 87 km voraus.

 

10 km später ist es soweit. Es regnet. Kurz kommt mir der Gedanke, mich unterzustellen. Aber das könnte dauern. Bin ich aus Zucker?

 

Regenjacke an und weiter. 2 Stunden fahre ich im Regen erst auf einsamen mecklenburgischen Landsträsschen, ab Grevesmühlen dann auf der bolzgeraden B105 in Richtung Lübeck. Am Ende des Bundesstraßenteils bin ich in Dassow und es hat aufgehört.

 

Es dauert noch etwas, bis die am Körper klebende Regenjacke und die patschnasse Radhose abtrocknet, aber das geht dann ziemlich schnell.

Von Dassow aus bin ich bald in Travemünde, wo ich an der Fähre über die Trave den ersten Blick auf die Ostsee werfen kann.

 

Weiter geht es jetzt immer am Ufer entlang nach Timmendorfer Strand und Haffkrug.

Jetzt nur noch links ab in Richtung Eutin und schon bin ich da.

 

Um 14.45 erreiche ich mein erstes Zwischenziel Eutin nach aktuell ca. 90 km und insgesamt etwa 1200 km. Ohne Panne, ohne Sturz und nur einmal nass geworden. Heute.

07.07.  - Nord - Ostsee - Kanal

Nach einem Ruhetag in Eutin, an dem ich u. a. das Fahrrad geputzt, die Reifen - und die Bremsbeläge gewechselt habe, sitze ich heute morgen wieder auf dem Rad. Ich bin jetzt unterwegs von der schleswig - holsteinischen Ostküste an die schleswig - holsteinische Westküste, die aber nicht Westsee sondern Nordsee heißt. Aber bevor ich starten konnte,musste ich feststellen, dass der Vorderreifen platt war. Vermutlich beim Reifenwechsel verletzt. Also erstmal eine halbe Stunde Verzögerung.

 

Dafür ist die Orientierung denkbar einfach. Bis Plön an der B78, ab Plön bis kurz vor meinem Ziel am Nord - Ostsee - Kanal an der B430. Immer mit einem gut ausgebauten Radweg.

Es ist heute weitestgehend flach, bei Neumünster kommen noch ein paar kleine Wellen. Auch das Wetter ist angenehm, der Wind manchmal ein bisschen böig von vorne. Kurz, ein entspannter Tag mit 106 km, der an einem Campingplatz direkt am Nord - Ostsee - Kanal endet. Weil es hier sogar eine seitliche Ausbuchtung gibt, wartet am Ende noch ein erfrischendes Bad auf mich. 

 

08.07. -  Über die Elbe nach Cuxhaven (fast)

Kurz habe ich noch drüber nachgedacht, nach meinem Besuch in Eutin auch noch einen Besuch in St. Peter - Ording einzuschieben. Liegt ja fast auf der Strecke. Aber nachdem die zu besuchende Person sich mit Wellenrauschen vom Mittelmeer gemeldet hat, war das Thema obsolet.

 

Damit gibt's für heute folgenden Plan. Entlang des Nord - Ostsee - Kanals nach Brunsbüttel und dort evtl. mit der Fähre nach Cuxhaven.

Mein Zeltnachbar meint, dass es die Fähre gar nicht mehr gibt. Das hiesse dann, bis Glückstadt elbaufwärts, dort rüber mit der Fähre und auf der anderen Seite wieder die Elbe runter.

 

Beim Nachsinnen über diese Frage passiert dann das, was sonst nur anderen passiert, aber mir doch nicht. Der Radweg am Kanal besteht aus zwei schmalen Betonspuren. Und während meine Blicke und Gedanken ganz wo anders sind, komme ich rechts etwas von meinem Betonstreifen ab und statt im Gras versinkt mein Vorderrad in einer schmalen Rille neben dem Streifen. 

Die Folgen sind logisch: Das Vorderrad geht nach links und rubbelt an der Betonkante entlang und das ganze Manöver endet auf dem Boden. Etwas benommen checke ich den körperlichen Zustand. Am härtesten hat es den Ellbogen erwischt, auch der rechte Knöchel zeigt leichte Spuren vom Nahkampf mit dem Betonstreifen. Der Hüftknochen scheint auch etwas abbekommen zu haben, aber das spüre ich nur. Die Hose scheint noch ganz zu sein. 

Mein Helm ist auch noch ganz, der hing schließlich auch vorschriftsmäßig und vorbildlich am Lenker. 

Nach kurzem Sammeln geht's weiter nach Brunsbüttel. Dort beginnt der Kanal an der Elbe. Die Fähre nach Cuxhaven gibt's noch, aber die habe ich gerade um 5 Minuten verpasst. Die nächste geht erst wieder in 3 Stunden. 

Damit entspricht der weitere Verlauf dem Plan vom Morgen. Nach Glückstadt, dort über die Elbe und immer dem Deich lang nach Cuxhaven. Das stellt sich dann als ziemlich weit heraus, sodass ich mich 10 km vor Cuxhaven zu einem spontanen Halt an einem Campingplatz entschließe, der hier ungeplant auftaucht. Was soll ich sagen, es ist der beste Platz auf der gesamten Tour. 

 

Nachdem es heute Mittag mal einen kurzen Schauer gab, scheint die Nacht auch wieder feucht zu werden. 

125 km kommen heute zusammen.