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Wizajny / Ostpreußen

Die Nachmittagsstrecke
Die Nachmittagsstrecke

Auch der zweite Anlauf für ein Bier war schwierig.  60000 Einwohner und keine Kneipen? Zentrum? Ich habe es trotz mehrmaliger Nachfrage nicht gefunden. Das Bier aber trotzdem.  In einem Imbiss, wo ich dann von einem Polen mit Deutschland - Erfahrung sofort zugetaktet wurde. Auch kein Spaß.  Kaum zurück im Zelt,  gings dann los mit dem Regen- und hat nicht mehr aufgehört bis mittags um halb 12. Endlich mal wieder Zeit für die Schwäbische. Eigentlich habe ich mich schon auf einen Ruhetag eingestellt, aber meine Uhr sagt mir, dass zwar noch ein bisschen Regen kommt, dass es aber ab 15 Uhr immer mehr aufreisst.  Was soll ich also hier, wo es keine Kneipen gibt? 

Also nass zusammenpacken, aufs Fahrrad steigen und los. Den Plan, bis zu einem Campingplatz in Litauen zu fahren,  habe ich aber insgeheim schon aufgegeben.  Aber ich muss wieder auf eine Bundesstraße,  diesmal die 65, die zur russischen Grenze hoch führt.  

Um eins fahre ich los,  eine halbe Stunde später beginnt es zu nieseln. Da steht ein kleiner Dorfladen mit einem Kaffeesymbol. Also Kaffee, statt Regen.  Die Inhaberin macht mir einen Kaffee, sie kann ein paar Brocken Deutsch und Englisch. Ich erzähle von meiner Tour, esse ein süßes Stückle und unterhalte mich mit ihr. Dann kommt auch noch ihr Mann dazu, der gut Englisch spricht. Als ich aufbreche, wirft sie mir eine Kusshand hinterher.  Das hatte ich auch noch nicht.  Es nieselt immer noch, ist aber nicht weiter schlimm. Kurz vor Olecko hört es dann auf. Inzwischen habe ich festgestellt,  dass es auf der ganzen Strecke keine Zeltplätze mehr gibt. Wer will auch schon direkt an der russischen Grenze Urlaub machen. Also vielleicht doch durchfahren, oder eine Aussenübernachtung? Auf jeden Fall muss ich Proviant aufnehmen,  für den Fall der Fälle. In besagtem Olezko kaufe ich ein, bis ich rauskomme,  bin ich fast schon wieder trocken. Kurz danach verlasse ich die B65 und bin jetzt wieder völlig einsam unterwegs.  Als ich an einem größeren See entlang fahre,  fängt es wieder an. Als ich schon leicht angefeuchtet bin , taucht links ein kleiner Rastplatz mit überdachten Tischen und einer Grillstelle auf. Gegenüber ein Dixi = Klo. Gefördert durch die EU. Danke EU. In dem Augenblick,  wo ich unter das Dach fahre, kommt ein wahrer Wolkenbruch runter. Dusel gehabt.  Jetzt erst mal ein Bier öffnen und vespern. Hier könnte ich auch mein Zelt aufschlagen.  62 km habe ich drauf. Aber eigentlich sind es dann nur noch 34 km bis zum Campingplatz in Litauen. Es ist immer noch dunkelgrau, aber ich riskiere es. Als Alternative hätte ich noch 12 km vor dem anvisierten Ziel einen Womo = Stellplatz im letzten polnischen Ort vor der Grenze.  Es kommt wie es kommen muss,  der nächste Wolkenbruch geht nieder,  aber jetzt kommt nichts mehr zum unterstellen.  Und dann kommt der Punkt, wo es kein Zurück mehr gibt. Durchnässt bis auf die Haut gibt's nur noch eine Option: Durchfahren bis zum Ziel.  Solange man fährt, bleibt man warm. Stehenbleiben ist keine gute Wahl mehr.  Ich kann kaum mehr die Straße erkennen,  das Wasser läuft mir in die Augen, meine Regenjacke ist längst undicht. Als ich im letzten polnischen Ort Wizajny einfahre,  disponiere ich um. Kein Womo - Stellplatz, ich brauche ein Zimmer. Ein Laden kommt, ein Schirm davor, drunter Google fragen.  450 Meter weiter gibt's etwas. Ich finde das Haus, ein riesen Kasten, aber keinerlei Hinweise auf Zimmer. Ich klingle am Gartentor, eine Stimme meldet sich, kann sogar Englisch. Ja, sie hätte ein Zimmer. Sie kommt, lässt mich ein und zeigt mir meinen Übernachtungsplatz. Ein Gartenhaus, unten Wohnzimmer,  Küche,  Bad, oben Schlafzimmer.  Wieviel? 80 Zsloty, 18 €, ich kanns fast nicht glauben.  Sie sagt, sie hätte Eier da, ob ich ein paar möchte. Gerne, und bitte 2 Biere. Sie geht und bringt eine Schale mit 6 Eiern und 2 Biere. Es gibt zum Abendessen Rührei, für ein paar Spiegeleier zum Frühstück langts dann auch noch. 

Trotz halbem Tag sinds dann 89 km und 770 hm. Bilder fast Fehlanzeige.  Zumindest solche mir blauem Himmel.  

Zur litauischen Grenze sind es ca. 4 km, zur russischen 5. 



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