Malaga - BC: Der Reisebericht



13. Mai 2017 - Vorschau

Am Montag startet mein neues Langstreckenprojekt. Um 20.30 Uhr hebt mein Flieger in Memmingen ab und bringt mich samt Fahrrad nach Malaga.

Von Malaga nach Reute werden es etwa 2500 km sein. Je nach Streckenverlauf in Frankreich können auch noch ein paar dazu kommen.


15.-17. Mai Malaga - Mollina

Nach der Konfusion mit der fehlenden Tastatur kann es endlich losgehen. Ich sag nicht, woran es lag. Jetzt muss ich viel nachholen, deshalb wird es kürzer. 

 

Ankunft in Malaga war kurz vor 12 in der Nacht, da war klar, dass ich in der Nacht nicht noch in die Stadt radle, so ohne Licht. Also Fahrrad gemütlich zusammen bauen, Karton zerlegen und auf umliegende Papierkörbe verteilen. 

Danach in eine Ecke legen und bis zum Morgengrauen pennen. Es wird eine harte Nacht auf einem unbequemen Plastiksitz. Die Fahrt am Morgen nach Malaga rein ist auch ein kleines Abenteuer. Aber das lassen wir jetzt. 

In Malaga eine kleine Runde durch die Altstadt, Hotel für 44 € direkt im Zentrum buchen, raus zum Strand und sonnen, Touristenprogramm bis zum nächsten Morgen. 

 

1. Etappe Malaga - Anteguera - Mollina

 

Raus aus der Stadt ist ziemlich einfach. Aus der Altstadt immer auf der gleichen Straße Richtung Westen. Kaum hat man dann die Autobahn unterquert, ist man auch schon in den Bergen. Und gleich nehme ich den falschen Weg um einen Stausee herum, was zu der geplanten Strecke nochmals etwa 5 km und 300 hm Zulage ergibt. Völlig einsam, karge, aber grandiose Landschaft.

 

Bei Almogia lasse ich an einem Aussichtspunkt auch gleich wieder meine Brille liegen, was nochmals zu 4 zusätzlichen km führt. Ein Berg nach dem anderen, den letzten vor Anteguera habe ich eigentlich nicht mehr so auf dem Schirm. Die ersten 3 km gleich so um die 15 %. Knackig. Volle Mittagshitze. Trotzdem bin ich schon um halb drei an meinem geplanten Etappenziel in Anteguera. Ich wollte es eigentlich langsam angehen, aber das geht natürlich nicht. Also nochmals 20 km im Flachland drauf gepackt. Es werden 30, weil die Straße, die mir ein Polizist empfohlen hat, sich als Autobahnzubringer entpuppt und ich wieder 5 km zurück muss. Die richtige Strecke führt jetzt auf einem üblen Schotterweg ca.6 km durch einen Acker.

 

Angekommen in Mollina gibt es erstmal ein Bier. Dabei stelle ich fest, dass es hier einen Campingplatz gibt, nur 3 Minuten entfernt. Die wollen mich aber nicht. Zelte sind nicht vorgesehen. Es werden nur Bungalows vermietet. Ab zwei Nächte. Wieder zurück zu meinem Lokal am Marktplatz, Abendessen, einige Biere, ein paar Vino Tinto, dazu noch eine Flasche Wasser, alles zusammen für 12,35 €.

 

Und wohin jetzt? Mein Zelt steht  um 10 in einer Olivenplantage, ca. 3 km außerhalb. Die halbe Nacht kläffen Hunde in der Nähe. 

Das wären dann für den ersten Tag ca. 95 km und 1300 hm. 

 

PS: Irgendwann nach der Brille hat auch meine Mütze, die mir als Sonnenschutz dienen sollte, gefehlt. 


18. Mai Mollina - Cordoba

Nach einem ziemlich schnellen Aufbruch aus meinem Olivenhain bin ich jetzt in einer völlig anderen Landschaft unterwegs. Oliven, soweit das Auge reicht. Heute ist es den ganzen Tag flach bis wellig. Das Tagesziel ist noch etwas diffus. Nach Cordoba sind es ca. 140 km und es ist heiß. Auch gibt es wieder einen Schotterweg durch eine große Olivenplantage. In Carlota, ca. 40 km  vor Cordoba, denke ich kurz über's aufhören nach, aber auch hier kein Campingplatz und kein Hotel. Etwas Wasser am Körper wär jetzt nicht schlecht. Also weiter nach Cordoba. Es ist schon ziemlich spät. Zunächst schickt mich das Navi auf eine ziemlich breite Schnellstraße, um mich dann plötzlich und abrupt nach links raus und unter der Schnellstraße durchzuführen. Einen Weg kann man das eigentlich nicht nennen. Eher einen zugewachsenen Singletrail. Und da steht ein Schild, dass dies der Beginn des 29,5 km langen 'Camino natural' nach Cordoba ist. OK, da bin ich mal gespannt. Ich habe gelesen, dass es viele ehemalige Bahntrassen gibt, die zu Fahrradwegen umfunktioniert wurden. Am Anfang leicht steigend führt dieser durch eine gigantische Landschaft. Mal fast zugewachsen, dann wieder mit weiten Blicken über Weizenfelder, auch wieder Oliven, dann Zwiebel und auch sonst allerlei undefienierbares Gewächs. In langen Kurven geht es durch Tobel, über Brücken, sogar durch einen Tunnel. Es begegnen mir auf der ganzen Strecke bis Cordoba genau zwei Radler.

 

Kurz vor Cordoba endet der Weg und ich komme wieder zu einer Schnellstraße, die in die Autobahn und in ein Industriegebiet mündet. Von hier aus komme ich in die Stadt, wo ich bei einer Halben für 2,50 € über Booking.com ein Zimmer direkt in der Altstadt finde. 40 € in einem wirklich schönen Hotel. Fast unglaublich. Wohlgemerkt Zimmerpreis. Da könnte man auch zu zweit übernachten. Weil es inzwischen schon nach 9 Uhr ist, langt die Zeit natürlich nicht mehr für großes Sightseeing. Dafür gibt es um die Ecke eine undefinierbare Tomatensuppe und völlig verkochte Spagetti - Bolognese, in denen ich keinen Krümel Fleisch entdecken kann. Mit 140 km und ca 1100 Höhenmeter in den Beinen geht's danach ins Bett. 


19. Mai Cordoba - Pozoblanco

Ich war wohl ziemlich müde. Auf jeden Fall habe ich zu lange geschlafen. Ein schnelles Frühstück für 5 €, danach habe ich noch ein einhalb Stunden Zeit für eine grobe Besichtigung der Altstadt. Am Ende verlaufe ich mich noch und komme ein paar Minuten zu spät. Ist aber kein Problem.

 

Um 1 Uhr sitze ich auf dem Rad und versuche mit Navihilfe aus der Stadt raus zu finden. Eine junge  Frau mit Kind bietet mir ihre Hilfe an. Die erste, die tatsächlich Englisch spricht. Es geht gleich aus der Stadt raus ca 500 hm rauf. Es ist sofort still um einen rum. Es ist warm und wolkenlos. Landschaft und Berge sind im Gegensatz zum ersten Tag jetzt grün. Hinter Cerlo Muriano kommt ein flacher Abschnitt, wobei mich mein Navi immer auf einen Trampelpfad neben der Straße locken will. Wie sich rausstellt, ein Teil des Jakobsweg. Der Grund: Die Straße ist ein Zubringer zur N-432. Die ist für Radler gesperrt. Aber nach ca. 5 km Singletrail ist plötzlich die alte N-432a da. Die habe ich für mich allein. Aber irgendwann endet die und der Weg geht wieder in die Berge. In Villahuarte mache ich um 5 eine Pause.

Ab hier gibt es jetzt auf 36 km eine grandiose Bergstrecke über 3 größere Pässe.  Autos sind hier so gut wie Fehlanzeige. Erst auf den letzten 5 km bin ich raus aus den Bergen und erreiche ziemlich fertig Pozoblanco. Auf meine Frage nach einem Campingplatz erklärt ein Typ, dass es einen gäbe - und tatsächlich: Google kennt ihn - 4 km außerhalb des Ortes. Es ist schon ziemlich spät, als ich mich auf den Weg mache. Den Platz gibt es tatsächlich, aber der ist seit Jahren zu. Also wieder zurück, am Boulevard setze ich mich in eine Straßenkneipe, verzehre eine Pizza, diverse Biere und die obligatorischen Vino Tinto.

Um halb zwölf, es herrscht immer noch ein ziemlicher Kinderlärm, mache ich mich auf den Weg zu meinem alternativen Schlafplatz. Den habe ich mir bei der ersten Einfahrt in den Ort schon ausgekuckt. Einen Bolzplatz direkt neben der Straße. Das ist mir heute trotz Verbot von wildem campieren ziemlich egal. Um 12 steht das Zelt. Aber es ist ziemlich laut. Verkehr, Partygänger, Hundegebell.

Nach 90 km und 2100 hm kann ich trotzdem einigermaßen schlafen. 


20. Mai Pozoblanco - Abenojar

Als um 7 Uhr die Nacht rum ist, bin ich doch ziemlich froh. Gegenüber macht gerade eine Bar auf. Trifft sich gut. Kurz zusammengepackt und schon bin ich drüben. Ich bestelle ein großes Sandwich (Boqadillio). Das ist so groß, dass die Hälfte auch noch zum Mittagessen reicht. Und dann sagt die Bedienung, dass ein Gast, der gerade am gehen ist, meine Zeche mitbezahlt hat. Na sowas. Ich sage brav Gracias.

 

Um 8 sitze ich im Sattel. Der Tag beginnt wieder wolkenlos und relativ flach. Ich komme gut voran. Aber das mit dem Flachen ist immer nur temporär. Bald bin ich wieder auf einsamen Bergsträsschen unterwegs. Die Berge unterscheiden sich von den vorherigen dadurch, dass es mehr schroffe Felsen gibt. Nach wie vor ziehen sich aber immer noch Olivenhaine die Berge hoch. In den flachen Abschnitten gab es aber auch Getreide und Viehzucht. Das Getreide ist zum Teil auch schon abgeerntet. 

 

Hinter Alamilo scheint alles klar. Der Straßenwegweiser sagt noch 20 km nach Almaden. Mein Navi sagt aber 10 und schickt mich auf ein kleines einsames Sträßchen. Weil ich Strom sparen muss, schalte ich das Navi aus. Als ich es später doch nochmals anmache, stelle ich fest, dass ich hätte abbiegen müssen. Auf einen Schotterweg. Also wieder 3 km zurück und auf Schotter weiter. Kurz vor Almaden wird der Weg so steil, dass ich ca 300 Meter schieben muss. Es ist wirklich heiß heute, sodass ich mich entschliesse, eine längere Siesta einzulegen und erst ab 5 Uhr wieder weiter zu fahren. 55 km will ich dann noch machen. Weil: Dazwischen gibt es nichts. Ich lasse mich an einem Brunnen nieder, wo ich mich etwas erfrischen kann. Dumm nur, dass auf dem Platz daneben ein Dorffest ist mit Kinderanimation, Tanzvorführungen und allerlei Remmidemmi.

 

Es herrscht ein Höllenlärm, aber ich habe keine Chance zum Ausweichen. Um 4 trinke ich noch ein kleines Bier in einem Cafe, das etwas abseits von dem Fest liegt. Ein Behinderter im Rollstuhl am Nebentisch führt hier das große Wort und brüllt mir meistens direkt in die Ohren. Und dann will er mir auch noch ein Bier ausgeben. Ich lehne ab, mit Verweis auf die Strecke, die ich noch vor mir habe. 

 

Die 55 km mit 1000 Höhenmeter zum Abschluss werden nochmal richtig hart. Es ist heiß, eine große Welle nach der anderen. Die letzten 10 km gehen dafür nur noch bergab.

 

Die Ortserkundung in Abenojar ergibt folgendes: Hier ist alles eingezäunt, sowohl der Bolzplatz als auch der Brunnen in der Ortsmitte, zwei kleine Bars, ein schöner kleiner Park am Ortsrand, ebenfalls mit einem hohen Zaun drumrum.

Ein Restaurant, in dem eine geschlossene Gesellschaft feiert, daneben eine Restaurant, in dem man angeblich gut essen kann. Ein großer Saal, eine lange Theke, eine Großbildleinwand, auf der gerade ein Stierkampf läuft. Nachdem in der Wirtschaft an der Seite bereits zwei Räder stehen, frage ich den Wirt, ob ich meines dazustellen kann. Kein Problem.

Ich frage nach der Karte. Der Wirt schüttelt den Kopf. Er könne mir ein Boqadillo machen, ein Sandwich mit Huhn. OK, was bleibt mir anderes übrig. Es wird riesig. Zwischendurch ziehe ich mich auf dem Klo in Zivil um. Später, inzwischen läuft Fußball, kommt aus der Küche auch richtiges Essen. Vermutlich war ich zu früh und der Koch noch nicht da. Diverse Biere, zwei Tinto, das Essen, alles zusammen für 12,50 €.

Als ich mich kurz vor 12 Uhr in Richtung Park aufmache, ist der wie erwartet geschlossen. Also stelle ich mein Zelt auf der kleinen Parkbucht daneben auf. Es ist ziemlich laut. Hundegebell die ganze Nacht, ein paar lärmende Nachtschwärmer, die mir aufs Zelt klopfen.

 

 

      Insgesamt 135 km und 1800 Höhenmeter.

21. Mai Abenojar - Ciudad Real

Am Morgen ist es total grau, völlig ungewohnt. Um 7 Uhr schnell zusammen packen und los. Wie das Wetter, so die Stimmung. Ich beschliesse, die 48 km bis Ciudad Real zu fahren und dort einen halben Ruhetag einzulegen. Diemal wieder im Hotel. Wie immer schnell bei  Booking.com gecheckt. Das Zimmer für 34 €.

 

Ein kurzer  Stadtrundgang, es tröpfelt sogar. Aber es reisst wieder auf. Das Problem mit der Tastatur lösen, Blog der letzten Tage schreiben. Abends zum Essen nochmals durch das Zentrum, absolut nichts los. Klar, wie überall gibt es eine Kathedrale, aber ansonsten wirkt die Stadt ziemlich seelenlos.

Ein halber Ruhetag mit 48 km und ca. 400 Höhenmeter.


22. Mai Ciudad Real - Toledo

Die Sonne scheint wieder. Der gestrige Tag war nur ein Spuk. Die Stadt hat wirklich nichts. Kein einziges Foto geschossen. Kurz nach neun los, das Navi macht es wieder spannend. Kaum draussen, wieder mal eine Schotterstrecke. Aber die Teerstrasse danach ist noch schlechter. Kurze Pause in Mangolan, danach kommt 65 km gar nichts mehr. Heute ist auch fast alles eben, erste Weinplantagen, noch im Wechsel mit Oliven und Weizen. Danach kommen doch noch zwei längere Berge. In Los Yebenes längere Siesta, danach weiter über Sonseca nach Toledo. Schon die Anfahrt auf die Stadt ist total beeindruckend. Die Kathedrale trohnt auf einem Felsen über dem Fluß. Zwei km weiter den Fluß entlang ist der Campingplatz. Auch sehr schön.

Es ist schon spät. Kurzer Fußmarsch Richtung Kathedrale. Das Essen ist mal wieder enttäuschend. Ich versuche es mal wieder mit Nudeln. Und erzähle auch wieder die Geschichte mit dem Radfahren, dem Hunger, der großen Portion, halt mein permanenter Running - Gag. Der hier hat die Geschichte besonders schlecht verstanden. Ich muss die Taktik der Nahrungsaufnahme ändern. 

Bei absolut warmen bis hitzigen Temperaturen 140 km und 1100 hm. 

 

Morgen bin ich in Madrid. Eventuell werde ich zwei Nächte dort bleiben.


23. Mai Toledo - Madrid

Nachdem ich die Altstadt aus Zeitgründen gestern Abend gar nicht gesehen habe, lasse ich mir heute morgen ein bisschen mehr Zeit. Ich erkunde die Altstadt per Fahrrad, finde ein nettes Cafe und frühstücke erstmal ausgiebig. Als aber um halb elf plötzlich Massen von Touristen eindringen, wird es höchste Zeit zu verschwinden.  

 

Der Plan heute scheint einfach. Lt. Navi sind es nur noch 75 km nach Madrid. Da diese Gegend schon zur zentralspanischen Hochebene gehört, sind keine großen Steigungen oder gar Berge zu erwarten. Alles bewegt sich auf einer Meereshöhe von etwa 600 m. Aber wellig ist es trotzdem. Und sehr heiß und ziemlich windig. Die Landschaft ist unspektakulär, viele Weizenfelder, die Ortschaften in Richtung Madrid häufen sich. 25 km vor Madrid checke ich bei einem Bier die Lage. Mein Entschluss steht. Es gibt einen Ruhetag, wenn ich schon mal hier bin. 

 

Hotels? Das billigste bei Booking.com für zwei Nächte kostet 260 €. Also Campingplatz. Es gibt zwei im Süden, einen im Norden. Da kommen gleich noch 15 - 20 km dazu. Der hat halt den strategischen Vorteil, dass ich bei der Abreise nicht erst durch die Stadt muss. Es wird eine ziemliche Katastrophe. Mein Navi nützt mir hier nichts, weil keine Eingaben von Buchstaben auf dem defekten Touchscreen möglich sind, also Navigation über Google. Der schickt mich auf eine Schnellstraße, die Madrid am Rande umfährt. Das wird mir irgendwann zu heiß und ich beschliesse, direkt durchs Zentrum zu fahren. Ich finde mit Umwegen auch rein, aber es wird immer später. Und weil meinem Handy langsam auch wieder der Strom ausgeht, wirds spannend. Dabei geht es in Madrid permanent den Berg hoch. 4 - 6 spuriger Verkehr, Feierabend, Ampeln - es ist nicht witzig. Ca. 5 km vor dem Ziel ist es so weit. Handy aus. Jetzt muss ich mich durchfragen - und das bei den traditionell guten Englischkenntnissen der Spanier. Ich finde tatsächlich ein paar, die von dem Campingplatz schon mal was gehört haben. So taste ich mich langsam voran, vorbei am neuen Stadion von Athletico. Um kurz vor neun bin ich da. Duschen, noch was zu Essen finden - es wird spät.

 

Geschätzt sind es heute ca. 110 km und 700 hm. 

 

Der Ruhetag am heutigen Mittwoch wird auch nicht so richtig erholsam. So eine Städtetour hat es schon auch in sich. Ich bin froh, wenn ich morgen diese Moloch wieder verlassen kann.


25. Mai Madrid - Guadalajara

Kurz: Es wird ein Scheißtag. Da sollte man eigentlich den Mantel des Vergessens drüber hängen. Nach dem gestrigen Ruhetag in Madrid, wobei Ruhetag in der Großstadt meistens auch nicht stimmt, bin ich froh, dass es weiter geht. Irgendein unbekannter Ort, Jadraqua, in etwa 110 km Entfernung ist mein Ziel für heute. Nachdem es schon ziemlich schwierig war, den Campingplatz in Madrid zu finden, sollte eigentlich die Ausfahrt leichter sein.

 

Ich mach es kurz: Mein Navi stellt morgens um 8.45 fest, dass ich nur 1,5 km von der geplanten Route entfernt bin. Das wird ja Easy. Genau an der Baustelle des neuen Atletico - Stadions bin ich auf Kurs. 10 Minuten später stehe ich an einem Kreisel, da stimmt zwar der Kurs noch, aber es geht in alle Richtungen auf irgendeine Autobahn runter. Ich kreisle mehrmals, aber es wird nicht besser. Ich versuche etwas Abstand zur Autobahn zu gewinnen, aber mein Navi führt mich immer wieder zu diesem Kreisel. Vielleicht ist es die Stadion - Baustelle, die die Gegend etwas verändert hat. Nach eineinhalb Stunden kreisle ich immer noch und bin ich inzwischen wieder an meinem Campingplatz.

 

Ich schalte das Gerät aus und versuche nur mit meinem Orientierungssinn gen Norden und später gen Osten zu fahren, aber alle Radwege enden irgendwann an einer Autobahn. Von meinem Track bin ich inzwischen über 20 km entfernt und komme meinem nächsten größeren Ort Guadalajara kaum näher. Zwischendurch versuche ich immer mal wieder, über Google meinen Standort zu bestimmen. Ich treffe einen Radler, der ein paar Brocken Französisch kann. Er führt mich. Und zwar ganz genau zur Stadionbaustelle zurück. Es ist jetzt 13 Uhr. Ich bin seit 4 Stunden unterwegs. Und er schickt mich auf einen kleinen Radweg direkt neben der A2 nach Saragossa. Dann ist er weg und ich auf dem Radweg. Aber nur 500 Meter. Dann bin ich wirklich auf der Autobahn. Ich bleibe ganz cool. Die nächste Ausfahrt raus, Wegweiser zum Flughafen. Der Alptraum steigert sich.

 

Jetzt muss ich noch durch einen 2 km langen Tunnel durch und stehe danach vor einer Mautstelle. Da fahre ich natürlich nicht durch. Jenseits der Leitplanke scheint es eine Straße zu geben, die keine Autobahn ist. Als ich gerade versuche, mein Rad über die Leitplanke zu wuchten, Rufe aus dem Gebäude,  hinter mir 2 Mädels am Fenster. Nur des spanischen mächtig. Aber nett. Sie fragen gleich, ob ich genug Wasser hätte. Eine kommt raus und hilft mir beim über die Leitplanke wuchten. Hier käme ich raus. Nach 5 km bin ich wieder an der Stadionbaustelle. Kurz davor sehe ich eine Polizeiwache, ein älterer Polizist davor. Ich frage ihn nach dem Radweg nach Guadalajara. Skeptische Blicke. Nachdem er mich kurz ermahnt, nicht auf die Autobahn zu fahren, kommt kurz danach augenzwinkernd der Vorschlag, es doch zu versuchen. Ich glaube zu spinnen. Und dann mache ich es. Die einzige Chance, hier raus zu kommen. Wenigstens bis zur nächsten Ausfahrt. Vielleicht findet mein Navi dann auch wieder den Anschluss. 

 

Ein unglaubliches Gefühl. Und nur gelegentliches Gehupe. Nervenkitzel pur. 3 Spuren in jede Richtung und ich ganz rechts auf der Standspur. Vermutlich wird jetzt im Radio vor einerm Radler auf der A2 Richtung Saragossa gewarnt. Nach etwa 8 km kommt die Ausfahrt, mein Navi findet wieder eine Spur. 

 

Mein geplantes Tagesziel ist aber so nicht mehr zu erreichen, ich habe fast 6 Stunden verloren und kämpfe mich nach Guadalajara durch. Über Booking.com ein Zimmer buchen, danach ist die Internetverbindung weg und kurz danach auch der Saft vom Handy. Die Adresse habe ich zwar vorausschauend aufgeschrieben, und auch ungefähr die Lage gemerkt, aber bei der Suche stelle ich fest, dass ich es halt nur so ungefähr weiß. Wieder ein Polizist, der gerade eine Straße absperrt. Ich frage ihn, er kann sogar Englisch, aber auch er schickt mich in eine falsche Ecke, wobei mir das schon klar ist.

 

Und dann stelle ich fest, dass mein Hinterreifen Luft verliert. Ich frage in einer Kneipe am Bahnhof. Ein Kunde am Tresen kennt das Hotel. Ist direkt hinter dem Bahnhof, über eine schmale Eisenbrücke zu erreichen. Weil ich aber keinem mehr traue, gehe ich in die Kneipe daneben, bestelle ein Bier, sowie Strom und WLAN für's Handy, um die Angaben prüfen zu können. Und siehe da, kaum 8 Uhr und schon da. Was für ein Tag. 

Auf der geplanten Strecke bin ich gut 60 km weit gekommen. Insgesamt dürften es ca. 120 km gewesen sein. Oder noch mehr. Morgen ist Schlauchwechsel angesagt. Für Bilder hatte ich heute keine Zeit, deshalb nur diese zwei.

 


26. Mai Guadalajara - Arcos de Jalon

Das Hostel Rico Asado ist ganz nett, 30 € sind OK. Wegen der Verzögerungen vom Vortag war es nichts mehr mit einer Stadtbesichtigung. Auch weil sich der Bahnhof ca. 3 km ausserhalb der Stadt befindet. Zunächst ist Schlauchwechsel angesagt, danach ein Cafe con leche mit Marmorkuchen und weg.

 

Die ersten 10 km sind noch vierspurig, aber mit wenig Verkehr. Dann geht es rechts ab auf eine kleine Landstraße. Endlich wieder Landschaft. Es wird zunehmend hügeliger und die Dörfer und Städtchen werden wieder rustikaler. Der Einfluss von Madrid schwindet langsam. Dafür stehen jetzt wieder Burgen und Kirchen auf jedem Hügel. Es läuft ganz gut, aber die Hitze schlaucht mich etwas. Immer mal wieder eine Pause. Dann kommt ein längerer Berg. Und immer wieder beeindruckende mittelalterliche Städte. Irgendwann bin ich auch wieder parallel zur A2, die ich in Madrid schon niedergerungen habe. Parallel läuft jetzt die N11, die bis zum Autobahnbau die Hauptachse war, jetzt aber ziemlich verrottet. 

 

Plötzlich trennen sich die Wege, die A2 zieht über eine weite Trasse den Berg hoch, die N11 geht zusammen mit der Bahntrasse Madrid - Barcelona ziemlich steil und dramatisch in einen Canyon runter. Links und rechts gewaltige rote Sandsteinfelsen. Hinter jeder Kurve ein neuer toller Ausblick. Vor lauter fotografieren komme ich kaum mehr voran. Wirklich eine dramatische Landschaft. So zieht sich das dahin und ich sollte langsam ans aufhören denken. Jetzt noch irgendwo was essen und dann ab in die Pampa. Wegen der vielen toten und lebendigen Schlangen auf der Straße ist mir allerdings etwas mulmig bei dem Gedanken, das Zelt im freien Gelände aufzustellen.

 

Dann kommt Arcos de Jalon, es ist schon kurz vor acht. Ich finde ein Restaurant, das zufällig auch noch Zimmer anbietet. Das hatte ich auf der ganzen Reise noch nicht. 35 € und ich erspare mir das Schlangengedöns. Biere und Abendessen sind reichlich, nur das Internet funktioniert nicht. Später stelle ich dann noch fest, dass fast alle Bilder im Canyon unscharf sind, weil ich irgendwas an den Einstellungen verändert habe.

 

Insgesamt ein schöner und heißer Tag bei 135 km und 900 hm.


27. Mai Arcos de Jalon - Saragossa

 

Gestern Abend kurz vor 12 war der Himmel komplett zugezogen und zwei oder drei Regentröpfchen sind herausgefallen. Jetzt um 7 Uhr morgens ist alles wieder blau. Um 8 bin ich fertig, 2 Bananen von gestern müssen zunächst als Frühstück reichen. Sind ja nur 25 km bis zum nächsten größeren Ort und um diese frühe Uhrzeit sollte das in einer guten Stunde erledigt sein.

Nach 3 km das böse Erwachen. Mein Navi meint: Links ab auf den Feldweg (Camino natural). Hatte ich schon länger nicht mehr. Die Landschaft ist wieder unglaublich, ein permanentes Auf und Ab durch wilde Sandsteinformationen oder Felder oder pures Geröll. Ich kann es nicht fassen, das geht so bis Ariza, statt einer Stunde brauche ich zweieinhalb.

 

Erstmal einkaufen und dann frühstücken, dann hoffentlich auf guter Teerstraße weiter. Es dauert maximal 3 Minuten, bis diese Hoffnung stirbt. Es werden nochmals etwa 20 km, bis ich in Alhama el Aragon wieder Teer unter den Rädern habe. Und dann schickt mich das Drecksnavi wieder auf einen Feldweg neben der N11, die jetzt wieder da ist. Bis an eine Stelle an einem Bach, an der jetzt eigentlich eine Brücke sein sollte. Ich schalte das Ding aus, fahre die 2 km wieder zurück zum Ort und gehe auf die N11. 

 

Es ist inzwischen glühend heiss. Von schräg vorne kommt ein steifer Ostwind. 

Eigentlich hatte ich ja insgeheim damit gerechnet, bis heute Abend Saragossa zu erreichen. Aber durch Madrid, Feldwege usw. scheint das völlig unrealistisch. Um halb 4 bin ich in Calatayud, lt. Verkehrsschild sind es nur noch 80 km nach Saragossa, nach meinem Track noch 140.

 

Ne, so nicht, nach kurzem Überlegen fahre ich zum Bahnhof, kaufe ein Ticket für 7,85 und fahre um 7 Uhr mit dem Zug nach Saragossa. Dann kann ich wie geplant die Stadt zwei Tage lang erkunden. Da ich mich ab hier auch schon den Pyrenäen annähere, ist ein weiterer Ruhetag vielleicht nicht schlecht. 

So sitze ich also am Samstag Mittag in einem Straßencafé in Calatayud, habe mir den Magen vollgeschlagen, trinke gerade das zweite Bier und schreibe dummes Zeug. Und das nach nur 85 km und 1100 hm. 

 

Nach der Ankunft am äußerst modernen Bahnhof in Saragossa finde ich den Campingplatz ca. 5 km vom Bahnhof entfernt in einem Randbezirk, mit dazugehörendem Swimmingpool. Inzwischen ist es auch wieder zu spät, um noch in die Stadt zu fahren. Deswegen findet die Nahrungs - und Flüssigkeitsaufnahme im nahen Wohngebiet statt, wo es einige kleine Bars gibt.

 


29. Mai Saragossa - Sabinanigo

Sonntag = Ruhetag: Ein bisschen Stadt-besichtigung, am Swimmingpool rumliegen, am Abend nochmals in die Altstadt. So ein Ruhetag hat schon auch was. Wirklich eine tolle Stadt. Alles wirkt sehr aufgeräumt. Erstaunlich, wie viele Menschen sich  bei dieser Affenhitze den ganzen Sonntag in der Stadt rumtreiben. Bei uns wären alle entweder im Freibad oder an einem See. Das einzige Wasser, das ich hier  sehe, ist der Pool auf  dem Campingplatz. Der ist öffentlich. Mit Eintritt. Den ganzen Tag geht wieder ein strammer Wind und am Abend macht es wieder zu, ohne dass ein Tropfen Regen fällt. Diesmal fahre ich mit dem Bus in die Stadt und streife noch ein bisschen durch die sehenswürdige Altstadt.

 

Montag: Der Plan ist, flach bis nach Huesca zu radeln und sich dann auf die Berge vorzubereiten. Das sind nur 90 km. Schon nach 15 km lockt mich das Navi wieder auf einen Schotterweg. Heute nicht. Ich gehe auf die N330, die irgendwann bolzgerade neben der Autobahn verläuft. Fast völlig verkehrsfrei. 

Und dann: Kurz vor der Ortseinfahrt in Zuera: Polizeikontrolle. Wo mein 'casco' wäre? Helm. Vier Guardia civil gegen mich. Den Jungs ist langweilig. Bis dahin habe ich hunderte von Radlern ohne Helm gesehen und auch mehrere Polizisten nach dem Weg gefragt. 1200 km habe ich seit Malaga hinter mir.

Und jetzt das. 

100 € knüpfen die mir ab, mit der Aufforderung, in Zuera einen Helm zu kaufen. Was ich sogar mache. Den billigsten für 24 Euro. Soviel dazu. Im weiteren Verlauf begegnen mir mindestens 5 Polizeifahrzeuge ohne Anstoß an mir zu nehmen. Der Helm steckt inzwischen im Rucksack. Ich weiß, es ist unvernünftig. 

 

Um halb drei bin ich in Huesca. Eigentlich ist die Etappe beendet. Jetzt kommt die erste Pyrenäenkette. Rauf von 500 auf 1300 Meter. Gesamt 64 km, bei km 35 ist der Gipfel erklommen. Dann nur noch bergab. Das schaffe ich auch noch. Es wird grausam. Aus der Stadt raus wieder auf Schotter. Dann geht's den Berg hoch. Die Straße ist für jeglichen Verkehr gesperrt. Parallel läuft die Autobahn. Auf 1000 m komme ich direkt an die Schnellstraße, die hier wieder die N330 ist. Direkt geht hier auch die N330A ab. Also die alte Straße. Das ist meine. Kurz überlege ich, hier oben in einem kleinen Hotel zu übernachten, das am Weg steht.

Der kurze Dialog: What do you take for the night? 25€ per person. I'm alone. Sorry, we are full. 

 

OK, die 300 hm schaffe ich auch noch. Es ist inzwischen 7 Uhr. Nochmal eine kurze Pause mit einem Bier und einem Boqadillo. Die N330A schlängelt sich weiter den Berg hoch. Der Belag bröckelt und es gedeiht das Unkraut. Unter mir geht die Schnellstraße in einen Tunnel, kurz danach stehe ich ebenfalls vor einem. Mit Sperr - und Sackgassenschild. Ich zögere. Dann fahre ich durch. Mit der Taschenlampe versuche ich die Tunnelwand zu erkennen. Es ist gespenstisch. In der Ferne sehe ich nur ein helles Loch, auf das ich ziele.

 

Die N330A ist jetzt nur noch ein besserer Feldweg. Als sie aber zum Schotterweg wird, bin ich drüber und komme an der Passhöhe der Schnellstraße raus.  Jetzt gehts auf dem breiten Randstreifen bergab. Hier ist auch meistens Baustellenbereich, deshalb ist die Geschwindigkeit eingeschränkt. Auch ist der Verkehr jetzt ziemlich spärlich. Die letzten 15 km kämpfe ich mich wieder auf einer Wellenpiste zu meinem Ziel in Sabinanigo. Dann merke ich, dass mein Hinterreifen wieder Luft verliert. Gleichzeitig beginnt es zu tröpfeln. Als ich in der Stadt ankomme, checke ich wieder Booking.com. Bis ich das Zimmer habe, ist der Reifen platt und es regnet. Nochmals aufpumpen, bis zum Hotel reicht es wieder. Es ist kurz vor 10 Uhr. 

Das waren dann heute 155 km und 1600 hm. Zum Abendessen gibt es ein paar Tapas in einer angrenzenden Bar.

 

 

 


30. Mai Sabinanigo - Pau

Es wird nicht einfacher - mit Strom und WIFI. Deshalb muss ich es mal wieder kurz machen. Wegen Blogschreiben und Reifenreparatur bin ich ziemlich spät weggekommen.

Die Orientierung ist heute denkbar einfach. Auch ohne Navi. Es geht über den Col di Portalet (1794 m) nach Frankreich. Die Passhöhe ist die Grenze.

 

Es ist ziemlich bedeckt, was den Anstieg doch ziemlich erleichtert. Andererseits besteht die Gefahr, dass es regnen könnte. Tut es aber (noch) nicht. Auf der Passhöhe wabern Wolken aus Frankreich hoch. Bei der Abfahrt kommen erste Tropfen, weiter unten nieselt es leicht. Die Straße ist das erste Mal feucht. Im ersten größeren Ort eine kurze Kaffeepause, es sind noch 38 km nach Pau. 20 km vor Pau ein Wolkenbruch. Ich stell mich unter. Nach einer halben Stunde denk ich es lâsst nach und fahr weiter. Zu früh, das war nur eine kleine Pause. Es schüttet. Aber jetzt fahre ich. Immerhin ist der Regen 10 Grad wärmer als in Norwegen.

 

Kurz vor Pau hört es auf. Ich suche einen Campingplatz. Irgendwo muss einer sein. 6 km außerhalb. Dann schwächelt wie jeden Abend mein Handy, gleichzeitig kübelt es wieder und ich stehe plötzlich vor bzw. hinter einem Einkaufszentrum. Es scheint zu zu sein. Als ich drum rum fahre, stelle ich fest, dass ein SB - Restaurant und eine Bierkneipe auf der Vorderseite noch offen haben. Im SB - Restaurant schlage ich mir den Magen voll und wechsle die nassen Klamotten. Später wird sich herausstellen, dass dieses Abendessen das mit Abstand beste in Frankreich war. Für 11 Euro. Dann gehe ich in die Bierkneipe und wärme mich dort vollends auf.

 

Mein Übernachtungsplatz ist inzwischen auch klar. Hinter dem Einkaufszentrum befindet sich neben den Parkplätzen eine kleine Grünanlage. 

Es schifft noch mehrmals in der Nacht, aber das ist mir jetzt egal.

115 km und 1600 hm.

 


31. Mai Pau - Auch

Um halb sieben regnet es noch, als es kurz danach aufhört, baue ich ab. Zurück nach Pau, erstmal ein Kaffee, Kartenstudium. Immer auf der D943 nach Auch (Aussprache: Osch). Müssten so um die 100 km sein.

 

Es reisst auch langsam auf, aber die Wolken bleiben, mal mehr mal weniger, den ganzen Tag. Macht es temperaturmässig eher angenehm.

 

Eine Welle folgt der anderen. Obwohl kein Anstieg höher als 200 Meter ist, komme ich auf 115 km und ca. 1800 hm. In Auch gibt es einen super gepflegten Campingplatz. Der scheint aber nur noch für Wohnmobile da zu sein. Egal, Platz ist genug da. Mein Zelt steht. Es scheint keine Rezeption zu geben, Wasserleitungen sind alle stillgelegt. Aber das stört mich nicht direkt. Zumindest duschen kann ich. Gleich neben der Rezeption befindet sich eine kleine Tischtennishalle. Das Jugendtraining ist grad im Gange und der Trainer erlaubt mir, die Dusche zu benutzen.

 

Es ist alles ziemlich marode, auch die Stadt. Mit Ausnahme der Kathedrale. Die glänzt golden. 

Endlich finde ich auf mal eine Pizzeria. Die hat WLAN und Strom. 


1. Juni Auch - Lafrancaise

Beim Kartenstudium während des sonnigen Frühstücks kommt die Erkenntnis, dass ich für die ersten 24 km auf die N21 (Nationalstraße) muss. Alles andere wären große Umwege. Zur Erläuterung: Von Malaga bis Pau habe ich daheim Tagestracks erzeugt und auf das Navi geladen. Von Pau bis Clermond - Ferrand (fast 600 km) habe ich nur einen Track gemacht - und den habe ich dann vergessen zu laden. Ist in Frankreich aber eigentlich kein Problem. Immer schön auf die D-Straßen gehen, dann funktioniert es schon. Abseits größerer Orte ist man dann schnell allein unterwegs. Und weil alle Straßen deutlich mit einer Nummer gekennzeichnet sind, hilft das ziemlich weiter.

 

Also heute zunächst auf die N21. Wie befürchtet, viel Verkehr, kein Seitenstreifen.  Der Franzose kümmert sich um Gegensatz zum Spanier auch nicht so um den Seitenabstand.

Wenigstens ist es auf der N21 nur leicht wellig. In Fleurance ist erstmal ein Café au lait angesagt, danach bin ich wieder auf einsamen Landstraßen unterwegs. Die werden danach für einen großen Teil der Strecke wieder ziemlich wellig, ähnlich wie gestern. Es ist warm, aber es gibt immer wieder Schatten durch große Wolken, die durch zwei Kühltürme eines AKW gebildet werden.

 

Mein Tagesziel heisst heute Lafrancaise. Die letzten km davor durchquere ich eine große Ebene, bevor es am Ende noch einmal kräftig hoch geht. Nach nur 90 km und ca. 1100 hm habe ich heute schon um halb fünf Feierabend, der Campingplatz liegt an einem kleinen See und ist völlig leer.

 

Nach dem Schwimmen gehe ich in die Stadt. Es gibt eigentlich nur zwei Bars und eine Schnellpizza - Bäckerei. Und die Schnecke hinterm Tresen erklärt mir, dass ich zwei Stunden warten müsste. Und ich erkläre, dass ich dann tot bin. Ist ihr aber egal. Zurück zum Campingplatz, dort habe ich noch ein Zweidrittel - Baguette. Das rettet mich vor dem Hungertod.


2. Juni Lafrancaise - Figeac

Die Sonne scheint wieder, als ich etwas verspätet aufbreche. Die Planung scheint wieder einfach: Immer leicht nach Nord - Osten. Die Landschaft ist wie in den letzten beiden Tagen schön, aber wenig spektakulär. Die Dörfer, Städte, Kirchen, Bauernhöfe sitzen immer oben auf dem Berg, drunter sind die Felder.

Die wollten früher einfach immer rechtzeitig sehen, wer zu Besuch kommt.

Die Orte heissen heute Molieres, Puylaroque, Limogne-en-Querzy.

 

Irgendwann komme ich auch wieder in ein Flusstal, wo sich die Landschaft etwas dramatischer gibt. Der Fluss heisst Lot, die Stadt Cajark hat einen Campingplatz und sieht ganz nett aus. Aber ich habe erst 85 km drauf und es ist kurz vor vier. Das kann ich nicht einreissen lassen.

 

Nach Figeac sind es noch 25 km und dort gibt es ebenfalls einen Campingplatz. Es kommt nochmal ein längerer Berg, eine Abfahrt, schon bin ich da. Der Platz liegt ebenfalls am Fluss, hat ein Schwimmbad, das gerade zu gemacht hat und ist sehr gepflegt. 11 €. Die Innenstadt von Figeac ist sehr beeindruckend, wieder viel altes Gemäuer, aber in relativ gutem Zustand. Ich steuere ausnahmsweise mal das allererste Restaurant an, bestelle schnell und zügig die auf dem Pinboard angebotenen Spare Ribs. Viel Fett, vermatschte Pommes. Die französische Küche und ich - wir werden keine Freunde mehr.

 

110 km, 900 hm.

 

PS. Während ich das schreibe, ist es Samstag Morgen und es pisst. Keinen Bock auf den Bock zu sitzen. 


4. Juni Figeac - Murat

Als ich am Samstag Morgen die Blogs der beiden letzten Tage schreibe, sitze ich in der Rezeption des Campingplatzes von Figeac und draußen regnet es Bindfäden. Also erstmal abwarten. In aller Ruhe die Blogs fertig schreiben, danach die Schwäbische runterladen und lesen, zwischendurch die Wetterprognose checken. Um halb zwölf sagt die App: In 80 Minuten hört es auf. Knapp verschätzt. Es hört genau um vier auf. Da habe ich mich längst entschieden, diesen Tag als Ruhetag zu verbuchen. Kurzer Spaziergang in die Stadt, ein bisschen einkaufen, zurück zum Campingplatz.

 

Anschließend nochmals in die Stadt, Champions - Legue - Finale schauen. Und dazu etwas essen. Es gibt genau ein Gericht auf der Tageskarte: Das Menü 'Assiette du Sphinx' besteht wahlweise aus 'Canard' (Ente) oder einem Rinderfilet, dazu Pommes, Salat, Nachtisch. Dazu gibt es noch die Kinderversion zum halben Preis.

Ich entscheide mich (wie die meisten im Lokal) für das Rind. Es wird furchtbar. Es hat sich seit 45 Jahren nichts geändert. Da war ich das erste Mal in Frankreich und habe 'Steak Fritte' gegessen: Ein zäher, dünner  Lappen mit Sehnen und Fettrand, bestrichen mit einer weißen Soße, dazu vor Fett triefende Pommes und ein nicht angemachter Salat. Wenn die Pommes dann längere Zeit auf dem Teller liegen, verklumpen diese wegen der fettigen Konsistenz zu einer breiartigen Masse. Zum Schluss noch ein Gläschen Rotwein aus dem 5-Liter - Pappkarton, der absolut schlechteste auf der ganzen Tour. 

 

Das Spiel ging, glaube ich, 4:1 für irgend so eine spanische Königstruppe aus.

 

Jetzt aber Schluss mit dem Essensgefasel. Es geht wieder aufs Rad.

 

Am Sonntag Morgen ist es zwar kalt und grau, das Zelt patschnass, von oben aber trocken. Eine Entscheidung steht an. Entweder auf den sog. D = (Department) Straßen oder auf der N121 in Richtung Clermond- Ferrand. Je nach Wahl sind es 210 - 230 km bis dahin. Die Entscheidung gilt also für zwei Tage. Da die Wolken immer noch tief hängen und die N121 eher flacher sein dürfte, entscheide ich mich für diese. Am Sonntag ist außerdem weniger Verkehr und am Montag ist Pfingstmontag, hoffentlich auch in Frankreich.

Bis Aurillac steigt sie tatsächlich nur geringfügig an. Ab hier beginnt dann der Naturpark 'Auvergne Volcano'. Links und rechts begleiten jetzt immer höhere Berge den Fluss Cere im Tal. Bis zur Quelle des Flusses steigt die Straße bis auf 1294 m zum Coll de Cere hoch. Hier befindet sich auch das Skigebiet Lioran, eine typisch französische Retorten - Skistation. Die Berge gehen auf über 1800 Meter. Ab dem Pass rausche ich runter bis zum Städtchen Murat. Der Campingplatz liegt gleich rechts unten am Bach, ich schau aber erstmal in der Innenstadt, ob es hier überhaupt geöffnete Lokale gibt.

 

Vor einer Bar hat es sich gerade eine Motorradgruppe gemütlich gemacht. Da setze ich mich doch gleich dazu und bestelle meine verdiente Halbe. Die billigste bisher in Frankreich: 4,20€. 

 

An der Wand hängt eine ziemlich lange Speisekarte. Ich sehe auch das Wort 'Burger'. Da kann man eigentlich nichts falsch machen und bestelle einen Tisch für den Abend. Die Bedienung meint, das wäre sinnvoll, weil alle anderen zu haben. 

Danach zum Campingplatz zurück, einchecken und Zelt aufbauen, die Übernachtung kostet hier 5,20€. Schöne sanitäre Anlage, sogar Klos mit teilweise Klobrille. Ist nicht überall selbstverständlich.

 

Zurück zur Bar. Ich bin der erste und bestelle gleich den Burger und ein Bier. Es scheint nur eine Variante zu geben. Jetzt habe ich auch Zeit, die Karte anzuschauen, die mir am Mittag so umfänglich vorkam. Hauptgericht: Rindersteak oder Ente mit Pommes. Der Rest: Suppe, Salat, Käse, Nachspeise. Mein Burger kommt. Was soll ich sagen? Zwei halbe Scheiben Brot, angeröstet. Dazwischen eine Bulette mit einer dünnen Pampe aus Ketchup und irgendwas. Keine Tomate, keine Zwiebel, nichts. Und dazu? Richtig. Fettige Pommes und ein paar rohe Salatblätter. Ich bin richtig angefressen.

 

Auf dem Rückweg gehe ich in eine kleine Bar und trinke noch zwei Gläschen Roten, aus der Flasche eingeschenkt, für 3€. Richtig lecker. Und dazu noch eine halbe Stunde französisches Rugby - Finale Clermond - Ferrand gegen Toulon. 

 

112 km, 950 hm. 


5. Juni Murat - Clermond - Ferrand

Frühstück ist beendet, eigentlich könnte ich wieder auf dem Bock sitzen, aber draußen regnet es. Also zuerst den gestrigen Tag dokumentieren.

 

Weil heute auch in Frankreich Pfingstmontag ist, dauert es ein bisschen, bis ich in Murat eine Boulangerie finde und frühstücken kann. Es ist ziemlich kalt und bewölkt. Heute geht es ausnahmsweise nur bergab. Ca. 50 km bleibe ich noch auf der N121, dann endet diese an der Autobahn. Bis dahin habe ich gerade mal 80 hm gemacht, bin aber 500 runter gefahren. Jetzt folge ich lange einem einsamen Flusstal, dem Val d'Allagnon. Erst 30 km vor dem Ziel wird es bergiger und unübersichtlicher. Kurz verfahre ich mich und lande an der Autobahn. Danach geht es kurz über einen kleinen Bergrücken und ich bin wieder auf Kurs.

Clermond-Ferrand, Sitz von Michelin, hat ca. 150000 Einwohner und liegt am Fuß des Puy de Dome, des höchsten Berges des Zentralmassivs.

 

Weil der Campingplatz weit außerhalb liegt, gibt's heute wieder ein Hotelbett.

Als ich Richtung Innenstadt peile, plötzlich Autokorsos und viele Menschen in Gelb. Alle auf dem Weg zur Siegesfeier der Rugby - Meisterschaft. Kurz ein Bier , dann eine Kleinigkeit vom Fastfood - Laden. Da weiß ich wenigstens, was ich bekomme. Gleich daneben entdecke ich ein Hotel. 43€ für die Nacht.

 

Dann noch ein kurzer Streifzug durch die Altstadt, wieder viele enge Gassen, Kathedrale, Kirchen, feiernde Fans. Blog schreiben. Schlafen in einem richtigen Bett.

 

Ganz am Rande sei noch erwähnt, dass ich mich seit den Pyrenäen immer mehr oder weniger nah am Jakobsweg entlang bewege. Immer wieder begegnen mir Menschen mit Rucksäcken, die in Richtung Süden unterwegs sind. Auch im Süden von Spanien war ich schon eine Zeitlang am Jakobsweg unterwegs. Da natürlich in die andere Richtung.

 

118 km und 790 hm.


6. Juni Clermond-Ferrrand - Le Donjon

Nach einem extrem mikrigen Frühstück im Hotel schreibe ich jetzt Blog, statt auf dem Rad zu sitzen. Es regnet nämlich. Aber um 10 kann ich starten. Eine kurze Runde durch die Stadt, ein paar Bilder und dann raus Richtung Nordosten. Das mir wichtigste Bild gelingt mir leider nicht. Der Puy de Dome steckt fast komplett in den Wolken. 

Der Wind steht heute günstig und bläst von schräg hinten ziemlich heftig. Was aber bei Kurven in westlicher Richtung auch immer wieder starken Gegenwind bedeutet. Aber es läuft gut. Alles flach. Bei km 40 in Randan verzehre ich das restliche Baguette von gestern, Vichy durchfahre ich ehrfurchtsvoll nach ca. 55 km. Hier wird alter Glanz sichtbar. Ist so was ähnliches wie Baden-Baden und war mal Gegen - Hauptstadt zu Paris, als dieses gerade Besuch aus deutschen Landen hatte. 

 

Danach wird es wieder etwas welliger und ich lande auf einer Strecke, die ich eigentlich nicht wollte. Bolzgerade, relativ breit und viele LKW. Es scheint, als wäre das eine Abkürzung, um Autobahnmaut zu sparen. In Lapalisse, km 85, entdecke ich einen Aldi, ein Paradies. 

Einen Campingplatz gibt's auch, aber dafür ist es noch zu früh. Ein paar Km gehen noch. Leider muss ich wieder auf die D994, der LKW - Verkehr wird nicht weniger.

Mein geplantes Tagesziel Le Donjon ist winzig, hat aber einen Campingplatz - und ich bin der einzige Gast. Alles da: Duschen, Klos mit Brille (aber ohne Papier), Sofa, Aufenthaltsraum. Zum Abendessen gibt es Aldi, zusätzlich habe ich noch eine Flasche Roten besorgt. 4,20€ zahle ich für die Nacht. 

 

Als es um halb zehn leicht zu regnen beginnt, packe ich zusammen und belege das Sofa. Nässe kann ich gerade nicht brauchen.

 

108 km, 845 hm.


7. Juni Le Donjon - Chalon sur Saone

Die Nacht war dann doch trocken, aber lieber mal auf Nummer Sicher gehen. Um 8 bin ich fahrbereit, lege aber noch einen kurzen Stopp an der Boulangerie ein. Die gibt's überall. Für die ersten 23 km muss ich leider nochmal auf die D994, zusammen mit den vielen LKW. Der Wind steht auch wieder gut, ist aber nicht so heftig wie gestern. Kurz vor Digoin kommt überraschend eine Autobahnauffahrt und plötzlich ist die Straße leer. Vermutlich zeigen hier alle Brummifahrer mit ihrem Stinkefinger in Richtung Mautbetreiber, weil sie gerade ein paar Euro gespart haben. 

 

In Digoin verlasse ich die D994 und bin jetzt für die nächsten 20 km völlig allein unterwegs. 

 

In Genelard sehe ich das erste Mal einen dieser berühmten Kanäle, die fast ganz Frankreich durchziehen. Und dieser hier überquert die Loire auf einer Brücke. Diesen Kanal begleite ich jetzt die nächsten 15 km. Danach wird es wieder einsamer und hügeliger. Die einzige Abwechslung sind hier die vielen weissen Rindviecher auf den Weiden. (Charolais - Rinder).

 

Nach einem längeren Anstieg ändert sich die Szenerie bei der Abfahrt auf der anderen Seite dramatisch: Keine Rindviecher mehr, sondern Wein. Ich bin mitten im Weinbaugebiet Bourgogne. Von jetzt auf nachher. In der Ebene heisst es dann die letzten 15 km noch ausrollen bis Chalon-sur-Saone. Der Campingplatz ist gut ausgeschildert und liegt direkt am Fluss gegenüber der Stadt. 

Zur Abwechslung mal ziemlich voll und modern ausgestattet. 10,80€. 

 

Übers Essen breite ich heute den Mantel des Schweigens aus.

 

Wetter: Ziemlich kühl, oft stark bewölkt, ab Mittag sonniger. 

122 km, 780 hm.


8. Juni Chalon s/Saone - Besancon

Blauer Himmel und wesentlich wärmer als an den letzten Tagen schon beim Aufstehen. Nur einen richtigen Plan habe ich noch nicht. Der direkte Weg nach Dole und Besancon ergibt lt. Routenplaner 58 bzw. 120 km, aber hier ist die N75 und die Autobahn dabei. Alle anderen Strecken laufen im Zickzack durch die Gegend. Nach 5 km bin ich schon das erste Mal auf der N75 und verlasse diese fluchtartig nach einem km nach rechts. So kommt es dann, dass ich in Dole statt 58 km immerhin 85 km auf dem Tacho habe. Einige km vor Dole sehe ich plötzlich einen Radwegweiser: Eurovelo 6. Kurz überlege ich und frage einen zufällig vorbei kommenden Rennradler, ob ich diesen in Richtung Dole nehmen kann. Er verneint. Ich hätte nicht auf ihn hören sollen. Weil sich später herausstellen sollte, dass dieser Eurovelo 6 mich fortan bis fast nach Hause begleiten sollte. Der ist nämlich nichts anderes als der Donauradweg ab Donaueschingen und verbindet quasi  die Atlantikküste von Frankreich mit dem Schwarzen Meer.

 

Nach einer kleinen Stärkung mit Döner und Hefeweizen geht's jetzt am östlichen Ufer des Flusses Doubs auf einem einsamen Sträßchen immer mehr oder weniger nah am Fluss entlang weiter in Richtung Besancon. Und bin wieder auf dem Eurovelo 6. Habe den Zusammenhang aber immer noch nicht kapiert. 

Nachdem die Landschaft bis Dole absolut flach war, begleiten jetzt immer höher werdende Hügel auf beiden Seiten des Flusses. Das französische Jura. 

 

Als ich irgendwann die Flussseite wechseln muss, komme ich auf einen super Radweg, der die letzten 30 km direkt auf dem Damm bis Besancon führt. Weil der aber natürlich auch jede Kurve mitnimmt, werden es dann heute inklusive des 7 km außerhalb der Stadt liegenden Campingplatzes 158 km. Bei gerade mal 350 hm. Alles Eurovelo 6.

 

Heute ist es besonders schade, dass ich soweit von der Stadt weg bin. Eigentlich hätte ich den Abend gerne in Besancon verbracht. Das sah auf die Schnelle schon sehr interessant aus. Aber vom Campingplatz zurück in die Stadt ist es zu weit - und zu spät. Wenigstens gibt es eine gute Pizzeria direkt neben dem Campingplatz. Da darf man nicht meckern.

Auf dem Platz sind plötzlich auch viele Weitradler da.


9. Juni Besancon - Belfort

Beim Start in Besancon ist es schon ziemlich warm und bedeckt. Die Planung ist wieder sehr einfach. Immer am Doubs entlang. Als ich in einem Ort (Baume-les-Dames) eine kurze Pause mache, treffe ich einen Radler, der mir von einem schönen Campingplatz in Montbeliar erzählt. Das trifft sich gut. Dann gibt's heute nur 90 km und ich bin um 3 Uhr schon fertig. Und gut auch, um den weiteren Weg zu planen. Ab hier scheint es schwieriger zu werden, weil der Doubs aufhört. Der entspringt irgendwo in der Nähe im Französischen Jura. Eventuell kann man von hier aus direkt nach Basel. Und immer noch verstehe ich nicht den Zusammenhang von Eurovelo 6 und Donauradweg.

 

Am Ortsbeginn frage ich ein paar angelnde Rentner nach dem Campingplatz. Die überraschende Antwort: Es gibt keinen Campingplatz. Das ist jetzt aber blöd. Weil inzwischen auch wieder mein Handy schlapp macht, bin ich ziemlich orientierungslos. Und WLAN gibt es auch nicht.

 

Also dann nochmal 25 km weiter bis nach Belfort. Ab Montbeliard gibt es jetzt einen Kanal, der direkt nach Belfort führt. Der Radweg am Kanal ist jetzt meistens ungeteert, aber gut zu fahren. Außerdem ist es nicht mehr der Eurovelo 6. Hier gibt es einen Campingplatz, aber es ist wird wieder ziemlich spät. Mit 14 Euro ist es der bisher teuerste Platz, und dann geben die doch tatsächlich 30 Minuten freies Internet. Und dazu ein grottenschlechtes.  Bisher war es immer kostenlos.

 

Anschließend radle ich nochmal zum Essen in die Stadt. Dort entdecke ich das Lokal 'Mama Emilia'. Hört sich schön italienisch und nach guten Pizzen und Pastas an. Nach meinen bisherigen Erfahrungen wegen der Pasta - Portionen bin ich natürlich skeptisch und schwanke zwischen Pizza und Tagliatelle al Salmone für 17 Euro. Unter Einbeziehung aller drei Bedienungen, die mir alle versichern, mit den Pasta satt zu werden, entscheide ich mich dafür. Der weitere Verlauf ist vermutlich filmreif: Als Kellner Nr. 3 mir einen Riesenteller auf den Tisch stellt, bei dem der Boden mit einem kleinen Häuflein Nudeln nur knapp bedeckt ist, weigere ich mich, das Gedeck anzunehmen. Er ist zunächst ratlos, stellt es trotzdem ab und verspricht, Rat bei der Chefin einzuholen. Die kommt auch ziemlich schnell. Ich teile ihr mein Problem mit und versuche ihr klar zu machen, dass ich von diesem  Häuflein Pasta nie und nimmer satt werde und dass das mit dem Bedienungspersonal anders ausgemacht war.

Sie verläßt ziemlich angesäuert meinen Tisch, ohne dass ich zunächst weiß, was passiert. Aber ich fang schon mal an. Kurz danach kommt Bedienung Nr. 1 und stellt mir nochmal einen Teller auf den Tisch. Mit einem homöopathischen Berglein Nudeln. OK, was bleibt mir übrig. Ich vertilge also die Standard + die Zugabenration und beschliesse, mit der Portion zufrieden zu sein. Aber nicht mit dem Geschmack. Optisch hat das Ganze wunderbar ausgeschaut, aber geschmacklich ist es eine mittlere Katastrophe. Weder mit Salz noch mit Pfeffer zu retten.

Als die Rechnung kommt, stellt sich heraus, dass die Zugabe mit 5 Euro zu Buche schlägt. Ich tröste mich mit dem Gedanken, dass dies mein letzter Abend in Frankreich ist.

 

Statistik: 114 km, 280 hm


10. Juni Belfort - Lörrach

Nachdem es in der Nacht etwas geregnet hat, ist heute morgen wieder alles okay. Auf Nachfrage stellt sich dann heraus, dass ich den halben Weg nach Montbeliard wieder zurück muss, um auf den Eurovelo 6 zu kommen, der direkt nach Mülhausen (Mulhouse) im Elsass und nach Basel führt. Immer am Rhein - Rhone - Kanal entlang. Ist zwar ein ziemlicher Umweg, aber dafür völlig entspannt.

Um das rauszufinden, hätte ich eigentlich die Pause in Montbeliard gebraucht. Ok, dann war's halt mal wieder  ein kleiner Umweg mit einer zusätzlichen kulinarischen Katastrophe.

 

Der Kanal geht direkt nach Mülhausen, dort gibt es eine Pause im Stadtzentrum, anschließend weiter, bis der Kanal auf den Rhein trifft, wobei es hier zunächst nicht ganz klar ist, ob ich jetzt am Rhein oder an einem parallel daneben verlaufenden Kanal bin. 

Egal, es geht in Richtung Basel. Und zwar auf dem Eurovelo 6. Kurz vor Basel kommt eine Abzweigung nach Weil am Rhein. Dieser folge ich und trinke um 4 mein erstes Hefe auf deutschem Boden. 

 

Kurze Überlegung zum weiteren Verlauf. Die 20 km nach Rheinfelden packe ich noch, dann schauen, wie das mit der Übernachtung wird. Ich muss nur südwärts zum Rhein runter und diesem folgen. Als ich mich schon kurz vor dem Ziel wähne, stelle ich fest, dass ich in Lörrach bin. Völlig verfahren. Dem falschen Rhein nach. Vermutlich so vom ersten Weizen euphorisiert, dass ich überhaupt nichts mehr gedacht habe.  Dafür gibt's hier einen Campingplatz, der wieder der bisher teuerste auf der ganzen Tour ist. 15,60. Und Internet gratis für 1 Stunde. Und auf dem Platz gibt es einen Italiener, bei dem es eine leckere Riesenpizza für 8,50 gibt.

 

Statistik: 120 km, hm max. 300.


11. Juni Lörrach - Tuttlingen

Nachdem ich am Abend beim Italiener meinen Blog aktualisiert habe, habe ich im Anschluss danach mein Tablet an die Steckdose im Waschraum gehängt. Das habe ich bisher immer so gemacht und es hat 3 Jahre gut funktioniert. Als ich also am Morgen in den Waschraum gehe, stelle ich fest: Es ist weg. Das erste Mal in Deutschland gecampt und schon geht's schief. Kaum zu glauben, bei der Kundschaft, die da so auf dem Platz steht: Luxuscamper ohne Ende. Und dann klauen sie ein altes Tablet. Von außen kann es keiner gewesen sein, weil die Türen durch einen Tür - Key gesichert sind. Ab jetzt heißt es auch beim Handy Strom sparen, weil das Ladekabel natürlich ebenso weg ist.

 

Schock verdaut, das Wetter ist schön und der Routenplaner sagt mir, 140 km bis nach Tuttlingen. Dank der versemmelten Km von gestern. Alternativ geht's über den Feldberg oder am Rhein entlang über Waldshut - Tiengen und Blumberg nach Tuttlingen. Ich entscheide mich für Rhein und Blumberg. 

 

Die Strecke führt zum Teil auf deutscher Seite, später ab Bad Säckingen auf Schweizer Seite bis nach Waldshut. Und ich bin immer noch auf dem Eurovelo 6. Ich nehme mir vor, mich daheim über diesen Radweg schlau zu machen.

Ab dort folge ich der Wutach. Damit ist für mich der Eurovelo 6 vorbei. Bei einer kurzen Weizenpause stelle ich fest, dass ich eine Abzweigung verpasst habe, aber nur um 400 Meter. Ein Radlerpaar bringt mich wieder auf die richtige Spur und zeigt mir einen einsamen Radweg neben der Bundesstraße, die ab hier richtig Höhenmeter macht und über einen steilen Buckel nach Blumberg führt. Die Straße daneben hat teilweise im oberen Teil 15 % Steigung. Kommt richtig gut in der Mittagshitze. Ab Blumberg geht's dann meistens auf Schotter (wie auch auf vielen Abschnitten) seit Mülhausen. Kurz nach Geisingen erreiche ich urplötzlich den Donauradweg. Jetzt kann nichts mehr schiefgehen. Und siehe da, der Eurovelo 6 ist auch wieder da. Der Donauradweg ist also auch gleichzeitig der Eurovelo 6 und beide gehen zusammen bis nach Budapest. Jetzt habe ich es endlich kapiert. Hat lange gedauert.

 

Jetzt brauche ich dringend wieder was zum Beißen. In Immendingen finde ich einen Biergarten, in dem mir der Wirt einen leckeren Zwiebelrostbraten mit Spätzle kredenzt. Ein Traum. Für 18 Euro. Da vergesse ich doch jeden Franzosen und seine Lederlappen. Eine Frau am Tisch erzählt mir, dass es in Tuttlingen einen Zeltplatz für Radler gibt. Damit ist die Frage nach einer Übernachtungsstelle auch schon geklärt.

 

Wenn ich heute keine großen Umwege gefahren bin, waren es lt. Routenplaner 140 km und 960 Hm.

 


12. Juni Tuttlingen - Mittelbiberach

Nach einer ruhigen Nacht auf dem Zeltplatz im Tuttlinger Donaupark startet die letzte Etappe bei zunächst stark bedecktem Himmel. Ich war mal wieder der einzige Gast. Orientierungsprobleme gibt es jetzt keine mehr. Die Fahrt geht jetzt auf teilweise bekannten Wegen durchs obere Donautal. Immer wieder ein Erlebnis. Hohe Felsen, waghalsig gebaute Burgen.

 

In Sigmaringen gibt es nochmal eine größere Pause, danach ist das Ziel fast schon in Sicht. In Herbertingen verlasse ich den Donauradweg (und den Eurovelo) endgültig und stelle mir vor, dass ich über Kanzach und Stafflangen radle und dort am Ayweiher mein Zielbier zu mir nehme.  Es bleibt bei der Vorstellung, weil die Wirtschaft zu hat.

OK, dann halt in Mittelbiberach. In der Aussicht. Die hat immer auf.

 

Zum Abschluss kommen nochmals 105 km und 720 Hm zusammen.