Südostasien 2019 Teil 2


2.6. - Lê Thành - Grenze zu Kambodscha

Kon Tum - Lê Thành

Heute morgen muss es die Straße wieder richten, das Frühstück meine ich. Es ist die Hölle los - es gut zu wie mein Biberacher Schützenfest - nur ein bisschen anders halt. 

Natürlich bekomme ich mein Eierbaquette wieder, nur mit dem Kaffee wird es wieder schwierig. 

  

Danach geht es auf einer gut ausgebauten Landstraße raus in Richtung Süden, zunächst nach Pleiku. DIe Straße schaukelt sich von Welle zu Welle immer höher, bis sie in Pleiku bei km 50 ihren höchsten Punkt erreicht. 

 

Heute ist es relativ angenehm zum Radeln, das Gewitter von gestern hat noch einige Restwolken hinterlassen. Hier gibt es das zweite Frühstück: Eine Ananas, eine Mango und zwei Cola. Bekommt man eigentlich vom Colasaufen Verstopfung?

 

Ab jetzt hat Komoot für mich eine eigene Route ausgedacht. Fernab im freien Gelände, mit vielen unangenehmen Wellen. Ich fall doch immer wieder drauf rein. Nach 20 km bin ich froh, wieder auf der Hauptstraße zu sein.

 

Die Wellen werden nicht weniger, tendenziell sollte es eigentlich eher bergab gehen. Weil Komoot mir versprochen hat, dass es heute nur 940 Höhenmetern gibt. Die habe ich bei km 70 fast schon erreicht.

 

Aber es ist trotzdem schön zum Radeln, die Wellen drücke ich heute locker weg. 20 km vor der Grenze kommt nochmal eine größere Stadt, in der ich einen Stand mit Süßkartoffel - Pommes entdecke. Die Cola kommt von gegenüber, das Ketchup auch. 

 

Beim Pommes essen frage ich mal nach, ob es an der Grenze auch ein Hotel gibt, auf Google kann ich nämlich keins entdecken. Die Antwort lautet ja, also packe ich die letzten 20 km auch noch. Ansonsten hätte ich hier bleiben müssen.

 

Es gibt sogar 3. (Es ist mal wieder Stromausfall, der 4 oder 5, seit ich in Vietnam bin).

 

Nur 200 Meter von der Grenze weg, relativ einfach, aber ok. 12 €. Vergleichsweise teuer. Wegen dem Essen bin ich inzwischen völlig des-illusioniert. Ich nehme mir fest vor, dass ich einfach nehme was es gibt. Und es wird noch viel schlimmer. Es gibt Nudelsuppe, mit zwei Speckschwarten drin. Die bekommen die Hunde, die mich umringen. Die kennen sich schon aus. Weil das kalte Bier von der Nachbarwirtschaft kommt, gehe ich anschließend gleich dahin. Wo ich jetzt in völliger Dunkelheit hocke und versuche, diesen Text zu Ende zu bringen.

 

 

 

123 km, 1360 hm. 

 


3.6. - Banlung - ein ungeplanter halber Urlaubstag

Lê Thành - Banlung

Das starke Gewitter von gestern Abend sorgt auch heute wieder für angenehme Temperaturen auf dem Rad. Aber bevor es losgeht, steht erst mal die Grenze an. Ich bin weit und breit der einzige, der von Vietnam nach Kambodscha will und trotzdem dauert es fast eine Stunde, bis die jeweiligen Grenzer ihren Stempel in meinem Reisepass untergebracht haben.

Aber sie sind freundlich. 

 

Danach Geldwechseln, die restlichen Dong aus Vietnam und ein paar Dollar, die ich vorsorglich mitgenommen habe. Mit der SIM - Karte klappts nicht gleich, weil das blöde Fach am Handy nicht aufgeht. Dann halt später.

  

Für das heutige Ziel habe ich eigentlich noch keine richtige Idee, nach etwa 100 km sieht es nach einer größeren Ortschaft aus. 

 

Zunächst bin ich aber erstmal gespannt, wie sich Kambodscha im Vergleich zu Vietnam verändert. Ok, die Landschaft bleibt, wie sie auch auf der anderen Seite war. Aber 1 km hinter der Grenze bin ich schon auf einer Schlaglochpiste, aber es wird auch gleich wieder besser. 

 

Der erste Unterschied: Die Motorräder, Mopeds, Lkws stammen alle noch aus der Steinzeit, die Menschen lächeln nur sehr verhalten, bei den Frauen kann man es jetzt immerhin wieder erkennen, weil die Totalvermummung weg ist. Manchmal noch ein Mundschutz beim Mopedfahren, aber sonst nicht mehr.

 

Die Häuser stehen wieder oft auf Stelzen, oft sind es große fensterlose Hütten, der Dreck drumrum ist enorm.

 

Verkaufsbuden gibt es wieder jede Menge, die Auswahl an Obst und Gemüse scheint, zumindest in den Dörfern, geringer. 

 

Ich muss mich auch erst noch an die neue Umrechnung gewöhnen. Vorher waren 26000 Dong 1 Euro, jetzt sind es 4500 Riel. 

 

Gehupt wird auch nicht mehr so oft, es gibt noch weniger Autos als in Vietnam. Und in der Regel alte Toyota, manchmal auch ein Mercedes - Kleinbus aus den 70/80 er Jahren. 

 

Die Dörfer und Kleinstädte, die ich passiere, sind alle völlig vermüllt. Die erste größere Stadt ist nach 70 km Banlung. Und die hat jede Menge Hotels und Gästehäuser. Jetzt muss ich die Lage checken. Die nächste Stadt kommt bei 100, ob ich hier aber etwas zum Übernachten finde, scheint mir eher fraglich, Google und booking.com geben nichts dazu her.

Die nächste größere Stadt ist dann weitere 110 km entfernt und liegt direkt am Mekong. Auch eine Provinzhauptstadt.

 

Wenn ich auf Nummer Sicher gehen will, muss ich hier bleiben und morgen halt mal wieder eine längere Schicht einlegen.

 

Ich finde die Elsa - Lodge, eine Hüttenkonstruktion, für 5 Dollar. Dazu gehört eine kleine Holzterrasse mit Ausblick auf einen See. Der Chef ist ein Franzose mit seiner kambodschanischen Frau. 

 

So kommt es, dass ich unverhofft nach nur 72 km zu einem halben Ruhetag komme. Dabei wäre es heute richtig angenehm gewesen.

  

Die Zeit nutze ich zu einem kleinen Stadtbummel und stelle fest, dass die Verwaltungsgebäude der Provinzregierung alle pikobello sind, direkt davor aber schon die Vermüllung beginnt. Zumindest in den Städten war Vietnam weiter. 

  

Die jüngere Geschichte der beiden Länder war ja auch nicht ganz unproblematisch. Die Vietnamesen hatten ihren Krieg und Kambodscha hatte auch jede Menge davon abbekommen. Und danach kam noch Pol Pot. 

 


4.6. - Stung Treng - zurück am Mekong

Banlung - Stung Treng

Nochmal zu gestern. Die Entscheidung, in Banlung zu bleiben und dafür heute länger zu fahren, war die einzig Richtige. Es kam tatsächlich kein einziges Gästehaus, Hotel, etc. bis zum heutigen Zielort.

Frühstück bekomme ich in der Lodge Elsa, mit zwei richtig großen Tassen Kaffee, Baguette mit Butter und Gsälz, dazu ein Omelett. 

Heute habe ich fast durchgehend flache Piste, wenn auch garniert mit ein paar kleinen Wellen.
Ab Banlung ist die Straße jetzt breiter, ab hier ist auch fast jeden Kilometer weiter nach Westen spürbar, wie die Lebensqualität, ablesbar an den Häusern entlang der Straße, steigt.

 

Die Bruchbuden aus Holz und Wellblech werden zusehends weniger, die Hütten auf ihren hohen Betonstelzen immer mehr. Darunter gibt es richtige Luxusbauten. 

 

Die bisherige Nord-östliche Ecke von Kambodscha hätte man bei uns früher Zonenrandgebiet genannt. Die ganz Alten erinnern sich noch.

 

Auch die Vegetation ist inzwischen wieder unglaublich vielfältig. Kein Reis mehr wie in Vietnam, dafür Bananen, Kokospalmen, Gummibaum - Plantagen, Mango - Plantagen und viele andere Gewächse, die ich als ausgewiesener Botaniker, der gerade mal eine Rose von einem Gänseblümchen unterscheiden kann,  einfach nicht kenne. Dazwischen fällt mir dann aber ein, dass ich mich nicht erinnern kann, in letzter Zeit eine Wildblume gesehen zu haben. 

 

Wie schon in Thailand und Laos ist der Boden auch wieder richtig rot. 

 

Es läuft gut und es ist wieder richtig heiß. Aber davon lasse ich mich heute nicht beeinflussen. An einem Verkaufsstand kaufe ich mir eine Tüte dieser gelb - roten Stachelfrüchte, die ich mir an den Lenker hänge und immer was feuchtes zu kauen habe. Irrtümlich habe ich die mal als Litschies bezeichnet, keine Ahnung, was es wirklich ist. Aber es hilft.

 

Um kurz nach 3 bin ich bereits in Stung Treng, direkt am Tonle Sepang - River und am Mekong gelegene Provinz - Hauptstadt
mit 25000 Einwohnern. 

 

Das Stadtleben wiederholt sich, wie überall gibt es diese unglaublichen Märkte. Wer kauft diesen ganzen Krempel bloß? Fisch, Fleisch, Käfer und sonstiges Krabbelgetier schmoren in der Hitze vor sich hin, die Abwehrversuche der Fliegenschwärme sind in der Regel umsonst. 

 

Mein Hotel finde ich diesmal zentral in der Innenstadt. 7 USD, da kann man nicht meckern. Als ich am einchecken bin, kommt die Zusatzfrage, ob ich mit Klimaanlage will? Natürlich. Ok, dann 12.

 

Noch etwas Bemerkenswertes zu den Kambodschanern. Wie alle Asiaten sind sie sehr freundlich, aber dreimal passiert es mir, dass ich auf die Frage 'Do you speak English?' eisige Ablehnung ernte. Kein Interesse, mir etwas verkaufen zu wollen. Als ob es eine Beleidigung ist, wenn man als Gast nicht die Weltsprache Kymer beherrscht. 

 

142 km bei flachen 490 Hm

 


5.6. - Preah Viehar - tiefste Provinz 'Hauptstadt'

Stung Treng - Preah Viehar

Bei den 12 USD fürs Zimmer war kein Frühstück dabei, also heißt es, sich wieder auf der Straße umzuschauen. Zunächst muss ein Kaffee (ja, richtig) und eine Ladung Bananen reichen. Ein paar Minuten später kommen noch zwei kalte Spiegeleier dazu.

Die Strecke wird ähnlich lang wie gestern, mit ähnlichem Streckenprofil. 

 

Das gibt in diesem Fall die Hotel - Präsenz vor.

 

Die nächste Provinzhauptstadt ist Preah Viehar und dazwischen gibt es halt nichts.

 

Das Landschaftsbild ändert sich etwas. Im Flachland gibt es sogar wieder etwas Reisanbau, auch richtige Wiesenlandschaften gibt es plötzlich. Etwas ungewohnt. Wenn da jetzt noch Kühe weiden würden, wäre es fast wie bei uns. Manchmal.

  

Ansonsten ist es heute etwas bewölkt, was die Sonneneinstrahlung etwas mildert und ziemlich einsam auf der Strecke. Fast ruhender Verkehr.

 

Bei km 95, kurz vor 12, kommt wieder eine Verkaufshütte, die hat a) einen schattigen Sitzplatz, b) ums Eck eine kleine Hütte mit einer Hängematte und c) kaltes Cola und kaltes Bier. Fast perfekt. 

  

Und dann stehen auch noch zwei Töpfe auf der Theke. Der Inhalt des ersten ist undefinierbar, im zweiten befindet sich eine Suppe, in der ich Gemüse und ziemlich viele Knochen entdecke. Ich nehme sie trotzdem, es gibt dann auch noch einen Teller Reis dazu. Für die Knochen und die Schwarte habe ich viele dankbare Abnehmer. 5 Hunde umstellen mich während meiner Mahlzeit. Und mit viel Chilli schmeckt auch der Rest wieder.

 

Danach lege ich mich für zwei Stunden in die Hängematte.

 

Die letzten 45 km werden in der Nachmittagshitze dann doch noch zäh.

 

Kurz vor dem Ziel will ich mir an einem Stand noch etwas Obst kaufen, eine Melone wäre nicht schlecht. Hatte ich schon länger nicht mehr. Aber statt dessen hocken da drei Jungs hinter ihrem provisorischen Handyladen, eine Palette Bier vor sich und machen eine Karaoke -  Session. Ich soll mittrinken. Ok, ein Bier, das ich aber selber zahle, ein bisschen Kymer - Schlager lauschen und dann aber nichts wie weg. Das Leben ist hart genug.

 

An meinem Tagesziel finde ich ein schönes Hotel für 15 USD, dazu gehört auch ein Restaurant und ein Café, jeweils separat gelegen. Hier hangle ich mich durch, weil im Rest der Stadt der sprichwörtliche Hund begraben liegt. Essen gut, Kaffee gut, alles gut. 

 

141 km und 460 ganz flache Hm. 

 


6.6. - Mealea - oft kommt es anders

Preah Viehar - Mealea

Der Versuch, Frühstück auf der Straße zu beschaffen, scheitert schnell. Also zurück zum Restaurant. Dort ist um 6.45 in der Früh schon wieder das gesamte Bedienungspersonal von gestern Abend im Einsatz. Sensationell. Omelett, Kaffee, das Übliche halt.

 

Es gibt heute zwei Optionen. Nach Siem Reap, dem Ausgangspunkt für Angkor Wat, sind es 170 km. Bin ich auf der Flucht? Ich habe inzwischen 2 Tage Puffer. Einer ist für Angkor Wat vorgesehen. Bei etwa 95 km kommt eine Stadt, in der Google zwei Guesthouses zeigt. Also lautet der Beschluß: Heute gemütliche 95, dann noch gemütlichere 75 nach Siem Reap und dann ein Ruhetag mit Besichtigung der Tempelanlage. Wobei mir natürlich schon wieder vor den Touristenmassen graust.

 

Ich meine gelesen zu haben, dass Angkor Wat zu den Top 10 der weltweiten Touristenziele gehört. Aber da muss ich jetzt durch. 

Die Strecke bietet keine großen Herausforderungen. Ein paar kleine Wellen, Bauernland, nix Spektakuläres. Und es gibt eine einzige Stelle auf der ganzen Strecke, an der man sich verfahren kann. 

 

Ich schaffe es. Unglaublich. Wie blöd kann man sein? Hab ich das schon mal gesagt?

 

Bei km 21 steht ein Stand mit Melonen. Die gab's gestern den ganzen Tag nicht. Dazu muss ich dann auch noch eine junge Mutter, die gerade ihr Kind in den Schlaf schaukelt, aus der Hängematte holen. Ich pack die Melone ein, denk noch drüber nach, ab wann ich diese zu verzehren gedenke und zack, 500 Meter weiter, fahre ich einfach einen leichten Rechtsknick. Dass es hier auch nach links geht, mit großen Hinweisschildern, sehe ich gar nicht. 

 

Schön, wenn die Sonne von Wolken verdeckt wird, es radelt sich angenehmer. Blöd aber in diesem Fall. Ich wundere mich schon ein bisschen, dass die Straße bolzgerade und immer in leichten Wellen nach oben führt.

 

Als dann irgendwann mal die Sonne rauskommt, sehe ich meinen Schatten links von mir. Eigentlich sollte der vor mir sein, wenn ich morgens geradeaus von Ost nach West unterwegs bin. Ein Kontrollblick aufs Handy, stimmt, ich bin schon seit geraumer Zeit direkt nach Norden zur laotischen Grenze unterwegs.

 

Umdrehen, viele stumme Flüche in mich reinquälen, zurück radeln. Es hilft nichts. Es sind genau 15 km, bis ich am Ort meines Melonenkaufs zurück bin. 30 km versenkt. Und ich hab mir schon Gedanken gemacht, was ich am Nachmittag mache.

 

Bis dahin hatte ich noch im Hinterkopf, dass ich bis Siem Reap weiterfahren könnte, wenn es doch nichts mit Übernachten wird. Das hat sich jetzt definitiv erledigt.

 

 

Als ich dann gegen 3 am Ort meiner vermeintlichen zwei Hotels ankomme, stellt sich raus, dass es nur eines gibt. Das reicht ja auch. Der Chef, der gerade von einem Gerüst runter klettert, will mir eigentlich das Zimmer zeigen, dreht sich dann aber um und meint, das Zimmer habe weder Klimaanlage noch Ventilator. Das darf jetzt nicht wahr sein. Alternative? Im nächsten Ort, 10 km weiter gibt es ein Guesthouse.

 

OK, kapiert, ich fahr weiter. Der Ort ist kleiner als der vorherige. Ich kann keines erkennen. Auf mehrmaliges Nachfragen stehe ich dann davor. Ein schönes Haus, etwas abseits von der Straße, ohne jeglichen Hinweis. Der Bauer kommt aus dem Stall. Zimmer in dem Sinne, wie wir es verstehen, gibt's keine. Im Erdgeschoß ist eine große Halle, da stehen 3 Betten nebeneinander. Ist mir egal, es gibt keine Alternative. Am Bett steht auch ein Ventilator. Er holt Bettzeug und ein Moskitonetz, gemeinsam richten wir die Schlafstatt her.

 

Das Bad hat die gleiche Ausstattung wie damals in Thailand, als ich privat beim angehenden Mönch übernachtet habe.

 

Ein großer Trog, aus dem mit einer Schüssel das Wasser geschöpft wird und ein Stehklo. Ohne Spülung. Aber man kann ja Wasser schöpfen. 

 

136 km, 430 hm.

 

Und gleich ein Nachtrag, noch ein Deja vu. Diese Zeilen habe ich in einem Restaurant ziemlich weit draußen geschrieben. Dabei ist das zweite schwere Gewitter nieder gegangen. Wie ich also in stockdunkler Nacht zurück wandere, kommt mir langsam ein Rollerfahrer entgegen. Er hält bei mir. Es ist mein Vermieter. Er hat sich Sorgen gemacht und mich gesucht. 

 


7.6. - Siem Reap - Kymer, Könige und Touristen

Mealea - Siem Reap

Nachdem es die halbe Nacht gewittert und geschüttet hat, ist heute morgen wieder alles gut. Frühstück ist nicht zu erwarten, ein paar Bananen und ein bisschen Wasser müssen heute reichen. Nach Siem Reap sind es 63 km, das bedeutet leichtes ausradeln, zumal es auch noch ein paar Meter bergab geht.

 

Den ersten Kaffee gibt's bei km 35 an einer Tanke und bei 50 eine kleine Melone. 

 

Kurz nach halb elf ist der Reisetag für mich erledigt, jetzt stehen eineinhalb Ruhetage an. 

 

 Welche touristische Bedeutung die Stadt hat, zeigt die Hotelauswahl bei booking.com. Aus fast 700 Hotels kann ich auswählen. Dabei sind viele kleine Hotels gar nicht dort wählbar. Ich finde ein schönes Zimmer für 36 USD (2 Nächte), dafür hat letzte Nacht nur 5 gekostet.

  

Weil es heute so absolut gar nichts zu berichten gibt, noch ein Nachtrag zu einer Bemerkung vom 2. Tag in Kambodscha. Dort habe ich den östlichen Teil von der Grenze her als Zonenrandgebiet bezeichnet. 

  

Inzwischen bin ich schlauer. Dort haben sich während des Vietnamkrieges, der eben nicht nur auf Vietnam beschränkt war, heftige Kämpfe zwischen Vietkong, Amerikanern, Kambodschanern und den Rebellen der Roten Kymer abgespielt. Dabei haben die Amis wie in Laos hunderttausende Bomben abgesetzt.

  

Und als dann der Krieg 1975 beendet war, haben die Roten Kymer die Macht in Kambodscha übernommen und bis 1979 über 2 Millionen Menschen umgebracht, manchmal nur, weil sie weiter als bis 3 zählen konnten. Dem wiederum haben dann 1979 die Vietnamesen durch ihren Einmarsch ein Ende gesetzt und Bruder Nr. 1 (Pol Pot) musste sich nach Thailand ins Exil absetzen, wo er als anerkannter Massenmörder auch noch einige Jahre zündeln durfte. 

 

Soviel also zum Zonenrandgebiet mit meinem Wiki - Wissen.

 


8.6. - Siem Reap und der Rest - Parallelwelten

Angkor Wat

Dieser Programmpunkt stand von Anfang an auf der Agenda. Deshalb muss das jetzt sein.

Und wenn schon, dann auch richtig. Für 17 USD buche ich die kleine 'Tuk Tuk' - Tour. Das heißt, ich werde auf einer festen Route an die verschiedenen Orte des 'Archeoligic - Parks' gefahren, jeweils für die Besichtigungsrunde abgesetzt und am Ende wieder zurück gefahren. Auch nicht schlecht.

 

Zuerst geht es an das zentrale Ticketcenter, eine Riesenhalle mit unzähligen Schaltern. Es ist nichts los. 37 USD abdrücken und weiter nach Angkor Wat. Das ist eigentlich der kleinste Teil überhaupt, aber offensichtlich der einzige, für den der Eintritt zu berappen ist.

 

Über eine schwimmende Behelfsbrücke überquert man den fast 200 Meter breiten Wassergraben, der das ganze Gelände umgibt und betritt dann die Tempelanlage mit dem zentralen Tempel mit den drei bis zu 65 Meter hohen Türmen. Die Menschenmassen halten sich in Grenzen, entweder ist grad keine Saison oder ich bin früh genug dran. In ca. eineinhalb Stunden bin ich durch, schon ziemlich geplättet von der Hitze. Man kann einen der Türme auch besteigen, dafür hat sich schon eine lange Schlange gebildet. Da muss ich mich nicht einreihen.

 

Nach zwei Stunden bin ich am vereinbarten Treffpunkt. Es geht weiter nach Angkor Thom. Das ist eigentlich der viel größere Teil der Anlage. 

 

Achtung, jetzt kommt wieder Wikipedia - Wissen in Kurzform:

 

Nachdem der erste Königssitz Angkor Wat von Feinden einige Jahre besetzt und wieder frei gekämpft wurde, wurde gleich daneben eine viel größere neue Hauptstadt gebaut. Die Tempel dieser Stadt sind viel weitläufiger verstreut und wurden im Laufe der Jahrhunderte teilweise vom Urwald zurück geholt, sprich überwuchert. In Angkor Wat wurde dies durch den erwähnten Wassergraben drumherum verhindert. Hier sind vergleichsweise wenig Touristen unterwegs, obwohl der Teil vermutlich genau so interessant und vor allem viel schattiger ist. Wichtig für uns Schwaben: Da braucht es die 37 USD Eintritt überhaupt nicht.

 

Daneben gibt's dann noch ein bisschen Wildlife in Form von Affen zu beobachten. 

 

Nach einer weiteren Stunde rumkraxeln auf diversen mehr oder weniger gut erhaltenen Steinhaufen reicht es. Mein Fahrer bringt mich zurück an die unvermeidlichen Souvenir - und Fressstationen, die am Rande des Geländes liegen und lädt mich an einem Restaurant ab. Vermutlich gegen Provision.

  

Zurück in die Stadt, etwas erholen und später nochmal auf die Touristenmeile. Das reicht. 

 

Dieser Kosmos hat mit der Wirklichkeit in Kambodscha sicher nichts zu tun. Hier findet sich vermutlich auch die gleiche Kundschaft, die in den teuren Zentren am Mittelmeer oder den Partyhochburgen auf Malle oder Ibiza auftaucht. Die Preise sind hier nur noch in USD angegeben. 

 

 

9.6. - Sisophon - zurück zur Realität

Siem Reap - Sisophon

Wie immer nach einem Ruhetag bin ich froh, wieder auf dem Bock zu sitzen. Die Ausfahrt aus der Stadt bestätigt noch einmal meine Ansicht über diesen parallelen Kosmos. Ein 5-Sterne - Palast neben dem anderen. Resort, Spa, Residence, Country - Club. Ab jetzt wird es einfach. Zur Grenze nach Thailand sind es noch 150 km, jetzt heißt es nur noch richtig einteilen. Verfahren geht jetzt wirklich nicht mehr. Bolzgerade immer der 6 nach. Und völlig eben. Dementsprechend eintönig ist die Strecke. In alle Richtungen geht der Blick bis zum Horizont.

Mein Ziel ist die Stadt Sisophon nach 107 unglaublich flachen (67 hm) Kilometern.

 

Die letzten 10 km sind die spannendsten. Es ergeben sich zwei Fragen: Gibt es auf der Strecke überhaupt nochmal eine Kurve und werde ich das Ziel erreichen, bevor sich die schwarzen Wolken, die in der Ferne über der Stadt stehen, zu einem schweren Gewitter entladen? Antwort 1 ist nein. Antwort 2: Ich schaffe es an eine Tankstelle einen km vor dem Ziel, nachdem ich 5 km gegen starke Sturmboen gekämpft habe.

 

Die Essensaufnahme gestaltet sich wieder schwierig. 

 

Ab morgen bin ich wieder in Thailand. Was aber auch nichts heißen muss. 

 


10.6. - Zurück in Thailand

Die letzten 45 km bis zur Grenze in Poipet sind eine Fortsetzung von gestern. Immer geradeaus. Poipet, die Grenzstadt, ist ein Alptraum aus Dreck, Gestank, Verkehr. Dazu trägt natürlich auch wieder der Regen von gestern bei, der den ganzen Dreck auf die Straßen spült und beim Abtrocknen dann in der Luft landet.

 

Ich brauche auch diesmal wieder fast eine Stunde bis ich durch bin.

Interessanter wird dann die Straße auf der thailändischen Seite auch nicht. Nur mit dem Unterschied, dass jetzt alle wieder falsch fahren und aus zwei 4 Spuren geworden sind. 
Am ehesten fällt sofort wieder der Personenkult auf, der um den neuen König betrieben wird. Und alles nur zur Ablenkung, damit nicht auffällt, dass Thailand eine Militärdiktatur ist. Da lässt sich der Kini ganz gut als Deckmäntelchen vorschieben.
Beim Fahnenschmuck herrscht deshalb auch Parität: Zu einer Nationalflagge in blau-weiß - rot kommt immer eine gelbe fürs Königshaus. Man hört, dass er sehr selten öffentliche Termine wahrnimmt. Ich weiß auch warum: Der hockt viel lieber auf der Terrasse seiner Villa am Starnberger See und zieht sich ein Weißbier rein. So ist das.
Wenn so überhaupt nichts los ist, weder landschaftlich noch kulturell, kommt man zuweilen beim Radeln schon auf blöde Ideen. Oder man zählt Schuhe. Habe ich auf der Reise schon öfter gemacht. Heute wars besonders krass. Wer schmeißt eigentlich seine Schuhe auf der Straße weg? Das habe ich mich auch bei uns schon oft gefragt. Kinderschuhe, Männerschuhe, Frauenschuhe, eher einzeln als paarweise, von Flip-Flops bis zu Stöckelschuhen - alles dabei.
Soviel zur Ablenkung. Auch heute türmen sich wieder rabenschwarze Wolken auf. 15 km vor meinem möglichen Ziel Sakaeo fahre ich direkt in eine schwarze Wand rein. Und weit und breit nichts. In dem Augenblick, als es los geht, komme ich um eine leichte Kurve, und wie ein Wunder stehen da drei rote Sonnenschirme, ein Verkaufsstand, an dem eine Frau irgendwelche Beeren verkauft. Ich fahre direkt drunter, es schüttet, es donnert und blitzt, eineinhalb Stunden lang. Wir können uns zwar mangels gegenseitiger Sprachmängel schlecht unterhalten, aber immerhin stehen wir beide einigermaßen trocken. Zumindest ein bisschen. Weil die Dinger schon ziemlich durchlässig sind. Aber sie sind gut mit Schnüren gesichert. Zwischenzeitlich kommt ihr Mann mit dem Auto. Da setzt sie sich rein und er nimmt ihren Platz ein. Er ist auch nicht gesprächiger.
Als es endlich nachlässt, fahre ich weiter nach Sakaeo. Hier esse ich zunächst mal ein Curry mit Huhn und Chilli, very spicy und stelle dann fest, dass 10 km weiter die gestern schon von mir rausgesuchte Unterkunft ist, ein Freizeitresort mit Hütten und Häusern. In dem Fall wichtig für mich, weil ich es morgen bis ans Meer schaffen will. Also mache ich den Rest auch noch und finde die Anlage problemlos.
Der aktuelle Stand ist, dass ich einen Tag im Plus bin, was bedeutet, dass ich entweder in Bangkok zwei Nächte habe oder davor am Meer. Ich tendiere zu letzterem.
117 km, äußerst flach. 
Bilder? Fast Fehlanzeige.  

 


11.6. - Chon Buri - das Ende ist in Sicht

Das Frühstück besteht heute morgen aus 6 Minibananen von gestern und einem Nescafe an der Rezeption meines Resorts. Das muss für die nächsten 2 Stunden reichen.

 

 Danach geht es direkt auf den Highway, bzw. da bin ich schon. Der Plan sieht vor, dass ich jetzt noch einen kleinen Schlenker nach Südwesten mache, um in Chon Buri an die Küste vom Golf von Thailand zu kommen. Hier gedenke ich, meinen letzten Ruhetag vor der finalen Ankunft in Bangkok zu nehmen. 'One night in Bangkok', das reicht.

 

Es ist relativ ruhig an der Schnellstraße, man gewöhnt sich langsam dran. Bisher war ich es gewohnt, dass alle paar Meter eine Straßenküche auftaucht. Verhungern ist eigentlich nicht möglich. Aber auf dieser Strecke ist es doch ein bisschen anders. Sogar die wenigen Tankstellen sind völlig verwaist. Nix los, schon gar nichts zu essen. Nach 40 km hängt mein Magen etwas durch, die Bananen sind aufgebraucht. 

 

 Da entdecke ich auf der anderen Seite eine kleine Hütte, passend dazu eine kleine Lücke im Mittelstreifen. Eine Oma liegt dösend in ihrer Hängematte. Ich mache das Zeichen für 'Essen', sie nickt. Ich hab auch schon eine Palette mit Eiern entdeckt. Sie macht mir Spiegeleier auf Reis. Das geht immer. Damit komme ich bis zur Mittagspause durch. 

  

Bei km 60 kommt ein Abzweig auf eine andere Schnellstraße, ab hier hat Komoot einen anderen Strecken - Vorschlag als Google. Heute entscheide ich mich bewusst gegen Komoot und bleibe an der Schnellstraße. Das war vermutlich am Ende nicht besonders schlau. Die Alternative hätte nur 3 km mehr ergeben, dafür vermutlich 30 - 40 km mehr Landstraße. So kommt es, daß ich heute von insgesamt 138 km nur 25 km auf der Landstraße bin. Ganz schön hart.

  

Zeit, mal wieder über Hunde zu reden. Die gibt es überall in Massen. Meistens sind sie ja friedlich, aber dann gibt es wieder Tage, da machen sie sich gehäuft bemerkbar. Ich vermute fast, das liegt am Wetter. Heute war es den ganzen Tag bewölkt. Trotz der relativ kurzen Zeit auf Landstraßen und Ortsdurchfahrten sind es heute einige Attacken. Nicht, dass das ernsthaft gefährlich wäre, aber es führt doch jedes Mal zu einem kleinen Adrenalinstoß. Man schrickt auf, meist sind es gleich mehrere. Dann der Blick nach hinten. Ignorieren oder Absteigen und auf Gegenangriff gehen?

 

Meistens lasse ich es bei 'Ignorieren'. Wenn ich dann doch mal wieder auf Attacke gehe, kostet es trotzdem immer wieder ein paar Nerven.

 

 Solange ich mein 'Freundschaftsstöckchen' in der Satteltasche stecken hatte, haben sie mich seltsamerweise in Ruhe gelassen.

 

 Jetzt also mein letzter Halt in Chon Buri, hier werde ich morgen einen Tag am Strand einlegen und am Donnerstag dann hoffentlich ganz relaxt die letzten 80 km nach Bangkok radeln. 

 


13.6. - Punktlandung in Bangkok

Kurz zu meinem gestrigen Ruhetag. Bis auf die Tatsache, daß ich zum Badestrand 17 km hin und auch wieder zurück radeln musste, obwohl ich nur einen km vom Meer entfernt gewohnt habe, war dies der einzige und erste Tag, an dem ich wirklich nichts gemacht habe, außer im Schatten rumzuliegen, gelegentlich Nahrung und Getränke aufzunehmen und mich zweimal ins Wasser zu schleppen.

 

Die letzten 80 km nach Bangkok hätte ich heute gerne als lockeres und entspanntes Ausrollen gehabt, aber das wäre natürlich zu einfach gewesen.

 

Man muss sich zunächst vorstellen, dass die Stadt Chon Buri lt. Wikipedia nur 30000 Einwohner hat, das bezieht sich aber nur auf den ursprünglichen Stadtkern. Der Bezirk Chon Buri hat aber 1, 6 Millionen, aber das ist alles eins. Und obwohl auf dem Wegweiser 80 km nach Bangkok angegeben sind, geht Chon Buri fast nahtlos in Bangkok über. Da sind zwar noch mehrere Städte dazwischen, aber auch das ist alles ein großer Mischmasch. Und dazwischen eine Autobahn auf Stelzen und drunter bis zu 8 Spuren in jede Richtung.

 

Direkt an der Strecke Wohngebiete, Industriegebiete, Schulen, Fressstationen, auch hier Hunde in Massen, die zwischen dem ganzen Chaos rumwuseln und gelegentlich angreifen. 

 

Eigentlich könnte man auf der äußeren Spur trotz allem entspannt dahin fahren, wenn die Spur frei wäre. Wären da nicht LKW, die an den Fressstationen halten und immer wieder zum Ausscheren auf die zweite Spur zwingen. Und dazu der pausenlose Gegenverkehr durch Roller und gelegentlich andere Radfahrer, die keine Chance haben, auf die andere Seite zu wechseln und dann halt als Geisterfahrer entgegen kommen.

 

Wo dann die Vorstädte aufhören und Bangkok beginnt, lässt sich nicht erkennen. Nach halber Strecke gibt's eine parallel zur Autobahn verlaufende Straße 2 km weiter westlich. Damit habe ich zumindest das Getöse von der Autobahn eliminiert, weil hier der Verkehr wesentlich langsamer ist. 

 

Dafür gibt es hier teilweise Staus, die sogar mich als Radler tangieren. Aber irgendwann mache ich es wie die anderen : Ab durch die Mitte.

 

Auf einem normalen zweispurigen Abschnitt schon in Stadtnähe stauen sich unzählige Lkw in beide Richtungen. Hier gibt es nicht mal Gehwege, dafür aber tiefe Löcher in der Fahrbahn, sodass teilweise nur Schrittgeschwindigkeit möglich ist. Schon ein heißes Gefühl, zwischen den LKW auf einem halben Meter Abstand durchzufahren und dabei den Zweirädern, die auf der gleichen Spur entgegen kommen, auszuweichen.

 

Aber auch das geht vorbei, man lernt dazu. Keine Skrupel mehr im Verkehr. 

 

 Um eins stehe ich nach 3857 km wieder vor meinem Hotel, an dem ich vor 6 Wochen losgefahren bin. 

 

Keine Pannen, nicht mal Luft nachgepumpt. 

 

Bis auf eine Schramme am kleinen Zeh, einem blauen Zehnagel aus den laotischen Bergen und einer finalen Schramme am kleinen Finger beim Abmontieren der Pedale keine Verletzungen. Nicht den Magen oder sonstwas verrenkt bei der Verwendung von Eiswürfeln im Cola oder Bier. 

 

Ok, einmal Sonnenbrand, weil ich meinem käsigen Oberkörper auch mal ein bisschen Sonne gönnen wollte.

 

 

 

Das Rad ist wieder verpackt, der Karton war wie erwartet noch da. Für den Flug nach Zürich bin ich eingecheckt, der Transport zum Flughafen ist organisiert. 

 

Ich werde versuchen, ein bisschen Wärme mit heim zu bringen.

 

Bilder waren heute nicht möglich, nur ein paar von meinem Ruhetag.