Nach einem Jahr Fernreise - Abstinenz habe ich Nägel mit Köpfen gemacht und einen Flug nach Bangkok gebucht.
Am 2. Mai 2019 ging es hin und am 16. Juni wieder zurück. Da es sich hier um einen kombinierten Flug zwischen LH und Swiss handelte, startete ich in Stuttgart (Über Frankfurt), der Rückflug ging aber über Zürich.
Den Weiterflug nach Stuttgart habe ich mir erspart und bin das letzte Stück mit dem Zug heimgefahren.
Zunächst habe ich einen Streckenplan erstellt, der mich an die Eckpunkte meiner Reise, u.a. nach Vientiane, Hauptstadt von Laos und weiter über Luang Prabang nach Hanoi im Norden von Vietnam führt.
Von hier aus war der Plan, nach Süden abzuschwenken und dann der Küste entlang bis einige Km südlich von Da Nang zu fahren, bevor ich dann einen Schwenk nach rechts, also nach Westen einlege. Hier wollte ich dann nach Kambodscha einreisen, den Mekong überqueren und weiter in Richtung Angkor Wat (Siem Reap) weiterradeln. Der Weg schnurstracks wieder zurück nach Bangkok sollte der Abschluss der Tour sein.
Nach grober Schätzung ist die Strecke insgesamt etwa 4000 km lang.
Die nachfolgenden Kartenausschnitte ergeben zusammen etwa 3800 km. Das ist aber der kürzest mögliche Weg. Je nach Verlauf (Wetter - oder Geländebedingt) wollte ich natürlich auch immer mal wieder nach links oder rechts ausscheren, um die Gegend zu erkunden.
Was das geplante Wetter anbelangt, war mir bewusst, dass ich in der Regenzeit unterwegs bin, also immer mal wieder in einen Regenschauer geraten könnte, der aber vermutlich sehr warm sein würde.
Der folgende Reisebericht entspricht meinen Blogartikeln, jedoch in umgekehrter Reihenfolge. Also chronologisch aufsteigend. Die Bilder wurden zum Teil bearbeitet und ergänzt. Los geht's.
Inzwischen bin ich mit meinen Planungen schon einigermaßen fortgeschritten.
Der Fahrradtransport im Flieger ist angemeldet (hin und zurück), die Visa sind im Pass, neue Bereifung und diverse Ersatzteile gekauft.
Start und Ziel wird das Boulevard - Hotel in Bangkok sein. Hier verbringe ich die ersten zwei Nächte. Der Transport vom Flughafen zum Hotel ist auch geklärt, meine Radschachtel kann ich im Hotel deponieren.
Die jeweiligen Visa für Laos, Kambodscha und Vietnam habe ich in den Konsulaten in Berlin direkt abgeholt. Das ging relativ zügig an einem Vormittag zwischen 9 und 12 Uhr. Immerhin musste ich dafür 190 Euro abdrücken (Laos und Kambodscha je 50,- , Vietnam 90,- )
Neue Reifen und Schläuche sind montiert, Ersatz - Schaltzüge beschafft, ein letzter Besuch beim Zahnarzt.
Warm up im sprichwörtlichen Sinn: Bei 42 Grad der erste Blog.
Die Abholung am Flughafen hat mit leichter Verzögerung funktioniert, das gebuchte Zimmer im Boulevard - Hotel Bangkok ist schön, zum Zentrum sind es ca. 6 km, aber hier ist auch ganz schön was los. Das Fahrrad ist ausgepackt und wieder zusammen gebaut, der Karton bleibt bis zur Rückreise im Hotel, zusammen mit der Jeans und dem warmen Pullover. Die brauche ich wirklich nicht.
Auf meinem Fußmarsch heute in Richtung Zentrum waren viele Gebäude in gelb und weiß geschmückt, der neue König wurde inthronisiert und halb Bangkok war in gelben T-Shirts unterwegs. Anscheinend war deshalb auch der Königspalast für Ausländer gesperrt. So hat's mir ein Einheimischer angedeutet. Aber wer weiß, vielleicht hab ich es auch falsch verstanden.
Ich bin auf jeden Fall froh, dass es morgen losgeht. Ein bisschen Bammel habe ich vor dem Verkehr. Aber vielleicht ist es am Sonntag weniger schlimm.
Was das Nachtleben betrifft: Rund ums Hotel ist Araberviertel, also viel Kebap, Kopftücher und Kleinstläden, aber gleich über der nächsten Kreuzung geht's schon zu wie am Ballermann. Alte Männer mit jungen Thais im Schlepptau und Musikgewummere aus jedem Verschlag.
Nach dem Warm up ein heißes Opening in Bangkok. Die Idee, am Sonntag zu starten, ist nicht schlecht (wenn's eine Idee gewesen wäre. Es war reiner Zufall.) Egal, der Verkehr in Bangkok hält sich in Grenzen, die Autofahrer (Bus, LKW, Tuk Tuks, Roller Motorräder) sind erstaunlich rücksichtsvoll mir gegenüber. Dabei fahren die alle auf der falschen Seite, also muss ich das auch tun. Mein Komoot Track zeigt mir nach ca. 15 km eine Autobahn an. Bei näherem Hinsehen stellt sich raus, dass die Autobahn die erste Etage ist und drunter, manchmal auch versetzt daneben, der Nahverkehr. Könnten sich unsere Planer mal was abkucken. Trotzdem schaffe ich es etwa auf Höhe des zweiten Bangkoker Flughafens, die Spur zu verlieren. Weil Komoot viel Strom frisst, schau ich nur gelegentlich drauf. Ich bin deshalb auf einer Parallelspur unterwegs, die mich dann doch glatt in eine Sackgasse führt. Das kostet mich aber nur ca. 4 km, was unterm Strich nicht so schlecht ist.
Nachdem ich dann wieder mit meiner richtigen Spur vereinigt bin, bin ich jetzt auf einer bolzgeraden Straße an einem Kanal entlang. Der Belag ist gut, sogar ein breiter Standstreifen ist vorhanden. Obwohl ziemlich einsam, gibt's alle paar km einen Tempel und immer wieder kleine Baracken, in denen Essen und Getränke verkauft werden. Verdursten und Verhungern geht also hier, im Gegensatz zu Frankreich, nicht.
Nachdem ab 3 Uhr wieder Wolken aufziehen und nach der dritten Cola die Motivation sinkt, beschließe ich bei 103 km nach einem Hotel umzuschauen. Gar nicht so einfach. Seit Bangkok sind fast alle englischen Hinweise verschwunden. Ich kann nur raten. Der Ort heißt Wat Nong Pra Kradi.
Ein Gebäude, das so aussieht wie eines, stellt sich zwar als Fehlanzeige raus, dafür steht ein richtiges Hotel direkt dahinter.
Die Preise sind jetzt auf Talfahrt (Cola 30 Cent, Hotel mit Frühstück 24 €, Bier 1,80, Essen mit Cola das Gleiche).
Nachdem mich die Hitze am Ende schon etwas geschlaucht hat (Spitze 47,6 Grad), hoffe, dass ab jetzt die Akklimatisierung abgeschlossen ist und ab morgen alles leichter wird.
Nach einem relativ ausgiebigen 'American breakfast' sitze ich um kurz nach 8 im Sattel und bereite mich innerlich auf ein paar mental harte km vor. Mein Track führt mich auf einem längeren Abschnitt wieder ziemlich dicht an eine Autobahn heran, manchmal sieht es so aus, als müsste ich drauf. Ich hoffe auf ähnliche Verhältnisse wie gestern, wo der Regionalverkehr auf eigenen Spuren unterwegs war.
Ich gebe zu, dass man doch ziemlich schnell abstumpft. Die meiste Zeit (insgesamt geht es hier um ca. 25 km) waren 2 Spuren für den Langsam - Verkehr durch eine Leitplanke von den restlichen 5 Autobahnspuren abgetrennt, aber auf einem kurzen Stück auch nicht. Weil es dazu meist aber auch noch eine breite Standspur gibt, fühle ich mich relativ sicher.
Krass wirds dann aber, wenn auf dieser Standspur Roller - und Motorradfahrer, auffällig oft Mütter mit ihren Kindern, als Geisterfahrer entgegen kommen. Die sparen sich damit einige km, weil die Brücken über die Autobahn ziemlich selten sind.
Aber auch das geht vorbei und irgendwann bin ich einsam und alleine auf einer gut ausgebauten Landstraße unterwegs. Es zeigen sich erste Berge, die ich aber nicht hoch muss, sondern in weiten Schleifen umfahre.
Bald beginnt auch die Hitze wieder an mir zu nagen. Meine Taktik, bis 12 schon ca. 80 km und damit einen großen Teil der Strecke hinter mich gebracht zu haben, geht nicht auf. Die Trinkpausen werden immer häufiger und länger, ein Vater und Sohn versorgen mich gleich mit Wasser und Cola, als ich kurz vor ihrer Hütte anhalte. Laut Karte kommt demnächst ein großer See und ich hoffe, dort in die Fluten springen zu können. Mein track führt mich nur kurz an den See, dann wieder weit weg davon.
Weil aber die Straße am Ufer weiterläuft, verlasse ich den Komoot - Track und muss feststellen, dass am Seeufer vor allem Kühe grasen. Nach einer längeren Pause an einer Hütte mit Getränkeverkauf kommt dann doch noch ein öffentlicher Strand, an dem einige Buden und ein paar Holzpritschen aufgebaut sind. Ok, ich fahr runter zum Strand und teste mal das Wasser.
35 Grad, mindestens. Weiter als bis zur Wade bringt mich keiner rein.
Nix wars mit Baden. Danach entferne ich mich vom See und komme auf die Komoot - Spur zurück .
Die letzten 15 km bis Tha Luang am Nordende des Sees sind bolzgerade. 10 km vor dem Ziel brauche ich nochmal eine Cola. Und wie ich also mit schon glasigem Blick auf die Straße schaue, fährt ein Schweinetransporter vorbei, ca. 3 Meter hoher Gitteraufbau, ohne Zwischenböden, die Schweine von unten bis zum oberen Rand direkt aufeinander geschichtet. Ich werde doch noch Vegetarier.
In Tha Luang bin ich ziemlich geplättet, was nicht hindert, das erste Bier des Tages zu nehmen. Die Verkäuferin des Bieres versteht zumindest das Wort 'Hotel' und schickt mich direkt gegenüber in eine Gasse rein. Weder Google noch booking.com haben davon gewusst.
Abendessen, Eierpfanne mit Nudeln und Gemüse (siehe oben) an einem der vielen Brutzelstände, langsam runterkommen und überlegen, ob Strecken von über 100 km bei diesen Temperaturen sinnvoll sind. Heute waren es 110.
Das Frühstück besteht heute aus zwei Bananen, ein paar Weintrauben und aus einer Scheibe trockenes Brot. Schon beim Losradeln um kurz nach halb acht ist mir etwas schleierhaft im Magen. Es ist heute überwiegend trübe, die Sonne gewinnt erst am Nachmittag die Oberhand. Trotzdem muss ich nach 15 km eine Trinkpause einlegen, bei der mir mein Magen bestätigt, dass ich mich nicht getäuscht habe. Danach ist es mir aber besser, sodass ich mir um 10 Uhr eine große Schüssel Nudelsuppe mit Gemüse reinziehen kann. Schön scharf.
Weil die Strecke heute eigentlich sehr einfach ist, bin ich mir absolut sicher, dass es nichts zu verfahren gibt. Irgendwie schaffe ich es trotzdem. Als ich dann in einer Ortsdurchfahrt an einem Highway lande, checke ich meinen Track und stelle fest, dass ich mich irgendwo davon entfernt habe. Ist aber weiter nicht schlimm, nur ein paar Meter den Highway entlang, dann links fahren und schon bin ich wieder aus der richtigen Spur. Ich fahr also links, nach 10 km überprüfe ich das Ergebnis. Erschütternd. In die falsche Richtung losgefahren, dann also nach links, sprich: In die entgegen gesetzte Richtung. Mindestens also 20 km versenkt.
Inzwischen sollte ich also längst wieder einen auf der Karte eingezeichneten See erreicht haben. Statt bei geplanten 60 - 70 km, bin ich erst nach 85 da. Noch ne Cola im Ort, dann Richtung See, wo ich dann vor einer hohen Staumauer stehe. Das Wasser ist weit weg, der Weg eine Sackgasse. Ein Hotel oder Gästehaus ist hier nicht zu erwarten. Beim Rückweg zum Ort spechte ich schon auf einen der vielen überdachten kleinen Raststellen. Das sollte für die Nacht genügen. Ich habe keine Lust mehr. Da schallt aus einer Hütte ein freundlicher Schrei. Mehrere Frauen, zwei Männer, viele Kinder im Garten. Ich frage direkt, ob ich hier mein Haupt niederlegen kann. Der Chef versteht, strahlt und holt dann aus dem Hinterhaus noch eine
weitere Frau, die tatsächlich englisch und ein paar Brocken Deutsch kann. 2 Jahre Köchin in Kiel. Offenbar seine Schwester.
Ich werde sogleich informiert, dass der Sohn ins Kloster geht und nächste Woche eine große Party ansteht. Die Kinder sind grad dabei, Namensschilder für die Gäste zu basteln.
Danach nehme ich die versprochene Dusche in Anspruch. Es ist für uns einfach nicht mehr vorstellbar: Ein großer Trog gefüllt, daneben ein kleiner Trog, gefüllt. Daneben die Stehtoilette ohne Spülung. Einen Duschschlauch suche ich vergebens. Vermutlich sind die beiden Schüsseln dazu da, sich das Wasser über Kopf und Körper zu gießen, während man im kleinen Trog steht. Eine andere Idee habe ich nicht.
Danach taucht auch noch der Mann der Dolmetscherin auf, der totale Prolet. Und plötzlich sehe ich mich genötigt, mit den anderen Männern auf den Anhänger eines Einachstaktors zu steigen. Erst denke ich, die wollen sich mit mir nur einen Spaß machen und mir noch die Gegend zeigen. Falsch gedacht. Die müssen noch eine Menge Tische und Plastikstühle vom 'Partyservice' abholen. Es gibt zwei Fahrten.
Später sind alle Frauen verschwunden. Als die Dolmetscherin dann doch zurück kommt, fragt sie mich, ob ich jetzt Hunger hätte. Als ich bejahe, schickt sie ihren Proleten ins Haus. Der kommt kurz danach mit einem Teller voll Reis und etwas Fleisch, vermutlich Huhn, zurück. Es schmeckt wirklich lecker.
Anschließend unterhalte ich mich mit dem zukünftigen Mönch über seinen Translator auf dem Handy. Der Prolet brüllt mir dabei ständig ins Ohr.
Bin jetzt abschließend gespannt, in welche Ecke sie mich jetzt hinlegen.
Ach ja, geradelt bin ich heute auch noch. Ca 90 km.
Die Nacht habe ich zusammen mit dem zukünftigen Mönch und dem Hiwi vom Chef auf dem Garagen - bzw. Werkstattboden verbracht. Es war grausam.
Um halb acht sitze ich auf dem Rad und sehne mich nach einem Kaffee. Kurz danach werde ich am Straßenrand fündig. Zwei Nescafe und zwei süße Stückle, von denen ich nur eins runterbekomme. Die Sonne scheint wieder richtig, es ist also entsprechend heiss. Lt. Track kommt heute der höchste Anstieg auf dem ganzen Thailand - Abschnitt. Das können aber nur 100 oder 200 hm sein. 8 km voraus wird ein 'Wildlife sanctuary' angekündigt.
Ok, es kommt eine Schranke, ein Uniformierter, der mich problemlos durchlässt, danach ein paar Hütten, bei denen es vielleicht Wasser zu kaufen gibt. Und dann kommt einer, der auch offiziell aussieht, er freut sich, mich zu sehen. Er scheint hier der Oberranger zu sein. Where do you come from..?. Das übliche Geplänkel. Und dann kommt noch ein Uniformierter, der hier der höchste Chef ist. Auch er freut sich, wir machen Selfies und strahlen. Der Chef geht wieder und der Oberranger meint, dass ich hier nicht weiter könne. Alles Wildnis, viele Elefanten, Affen und sonstiges Getier.
Ich bin baff. Wie, wieder zurück? Wie weit zurück? Ca. 60 km, bis zur Autobahn, dann außen rum um die Berge. Bis dahin habe ich gerade mal 28 km auf dem Tacho. Dann schickt er mich nochmal zum Chef.
Auch er erklärt mir den Sachverhalt. Bis er nach längerer Diskussion der Alternativen plötzlich das Funkgerät zückt, ein paar kurze Anweisungen erteilt und meint, sie würden mich mit dem Jeep durchfahren. Und so kommt's tatsächlich. Es erscheint ein Fahrer mit 4 Begleitern, zwei davon in Uniform und Knarre, das Rad kommt auf die Pritsche, dazu die beiden Gewehrträger, der Rest sitzt im Auto. Und dann geht's ab in den Dschungel.
Unvorstellbar, dass Komoot diesen Weg für eine Rennradtour vorschlägt. Absolut nicht fahrbar, steile Rampen rauf und runter, Wasserlöcher, tiefe Rillen. Mir tun die zwei auf der Pritsche leid.
Auf meine Frage nach der Größe des Gebietes tun sich starke Differenzen auf. Der Ranger spricht von 300 km, der Chef von 150 km und durch sind wir nach 17 km. Dafür haben wir mehr als eine Stunde gebraucht.
Auf jeden Fall durch. Nach dem Durchfahren einer Schranke sind wir aus dem Wald raus, ein paar Hütten stehen da, Elektrozäune am Waldrand. Abladen, noch ein paar Abschiedsbilder machen, Danke sagen, hinterher winken.
Jetzt sind es noch weitere 9 km, bis aus der Schotterpiste wieder Asphalt wird. Ich bin mal wieder geplättet (kommt in letzter Zeit oft vor).
Beim Verzehr einer Nudelsuppe in der nächsten größeren Stadt checke ich booking.com. Es gibt eine Übernachtungstätte mit Zimmern oder Gartenhütten, ca. 6 km von hier. Die Richtung stimmt zwar auch nicht ganz. Das ist mir jetzt aber egal. Erst nach dem Buchen stelle ich dann fest, dass aus den 6 km 14 km geworden sind. 6 km war die Luftlinie. Viele Serpentinen über einen 300 - Meter - Berg. Jetzt hab ich ihn, den höchsten Anstieg in Thailand. Und den muss ich morgen wieder zurück.
Das Zimmer mit Klimaanlage kostet 15 Euro, die Hütte 21 Euro. Nach der Ankunft lege ich die 6 € für die Hütte drauf. Aber: Es ist am allerletzten Arsch der Welt. Ich muss mal wieder meine Taktik ändern. Geradelt bin ich heute gerade mal 55 km.
Nachdem ich gestern Abend kurz vor dem Erreichen meines Etablissements noch eine ganze Melone käuflich erwerben konnte, ist es bei der auch als Abendessen geblieben.
Immerhin ist mir eingefallen, dass in meinem Hotelzimmer Frühstück includet ist.
Also bittet mich der Hotelier am Morgen auf seine Hotel - Terrasse, um mir dort seine Version eines Frühstücks zu servieren. Ein Tütchen Nescafe - Pulver, zwei abgepackte Toastbrote mit einer dünnen Pampe drauf. Und ein Fleischspieß, den ich an die Katze verfüttern kann.
Kaum angefangen, höre ich Geplapper und Gelächter, direkt aus dem Vogelkäfig neben mir. Da sitzt also ein richtig schräger Vogel und amüsiert sich über mein Frühstück.
OK, das ist schnell abgehakt, jetzt muss ich erstmal wieder über einen Berg. Ist aber halb so schlimm. Von dieser Seite sind es nur halb so viele Höhenmeter. Es ist heute weitgehend bedeckt und deshalb auch nicht ganz so heiß wie an den Tagen vorher. Die Berge links und rechts von mir verschwinden meist im Dunst.
Deshalb ist es weitgehend unspektakulär. Meist ziemlich gerade durch ziemlich viele Ortschaften. In einer größeren Stadt ist auf dem Sportplatz eine Bühne aufgebaut, auf der bereits ein Konzert oder was ähnliches stattfindet.
Und um die Mittagszeit fängt es an zu regnen. Eigentlich wollte ich ja mal eine Pause machen, aber bei diesen herrlichen Bedingungen geht das natürlich nicht. Das muss jetzt warten, bis es wieder aufhört. Ich genieße die laue Sommerdusche.
Nach dem Regen hat's dann fast fröstelige 29,2 Grad und es läuft wie geschmiert.
Später suche ich mir dann über Google Maps ein Zimmer und werde in weiteren 35 km fündig. Die Stadt Kaset Sombun scheint etwas größer zu sein. Es gibt sogar mindestens 3 Unterkünfte. Eine davon steuere ich an. Ein richtig schönes Hotel (Boon Tawa Hotel) mit sauberem Zimmer und WC mit Klopapier (das erste Mal seit Bangkok). 15 €. Da ärgere ich mich im Nachhinein noch über gestern.
Das Abendessen besteht heute aus Huhn mit Pommes und Salat. Richtig lecker und richtig viel. Wie sonst auch, wird alles auf der Straße gekocht. Man sucht sich an den Ständen sein Essen nach Augenschein aus.
Im Gegensatz zu sonst gibt es hier eine richtige Einkaufsstraße mit Geschäften in festen Häusern, dafür außer den besagten Open Air - Küchen aber keine Kneipen.
Ein richtig entspannter Tag mit 113 km.
Nachdem es in der Nacht noch ein bisschen geregnet hat, ist es morgens beim Aufbruch kurz nach 8 wieder trocken. Leicht bedeckt, um die 25 Grad. Das steigert sich dann im Laufe des Tages bis auf 42, die Wolken sind zwar da, machen aber leider nicht ganz zu. So ein Sommerregen wie gestern wäre zwischendurch ganz nett.
Stattdessen bleibt der Tag bis auf einen kleinen Verfahrer mit 5 km weitgehend ereignislos.
Mal auf einer viel befahrenen Schnellstraße mit 4 Spuren, dann wieder weit ab jeder Zivilisation, durch Städte mit Verkehrschaos (ist heute schon wieder Feiertag?), dann wieder durch Dörfer, wo in jedem Hof ein Hund lauert. Wenn die Meldekette funktioniert, dann können schon mal 3 Viecher neben dem Rad herlaufen. Ich hab mir deshalb heute einen kleinen schicken Bambusstock aufgelesen, den ich gelegentlich prophylaktisch vorzeige, wenn mehrere Hunde am Strassenrand auftauchen.
Trotz der Hitze läuft es ganz gut, Mittagessen gibt's erst nach 80 km. Diesmal eine richtig schicke Straßenküche. Chicken mit Gemüse und Reis statt der bisher obligatorischen Nudelsuppe.
Zeit, die Hotelsituation zu checken. Die ersten gibt's erst wieder in 55 km. OK, das wird hart, aber inzwischen scheine ich mich doch einigermaßen akklimatisiert zu haben.
Bei 100, also 35 km vor dem Ziel, buche ich ein Zimmer, Hotel mit Swimming Pool. Das kann man sich dann schon mal gönnen.
Ab hier ist auch wieder heftig Verkehr, aber es gibt immer einen sehr breiten Seitenstreifen, so dass keine gefährlichen Situationen aufkommen können.
Das Hotel finde ich problemlos, der Pool ist da, ich drehe ein paar Runden im
lauwarmen Wasser.
Leider liegt das Hotel wieder ziemlich abseits. Links rum oder rechts rum? Ich lande in einem Wohngebiet, weit und breit keine Straßenküche geschweige denn ein Lokal.
Hier muss erwähnt werden, dass um halb 7 die Dämmerung einsetzt und dass es um 7 stockdunkel ist. Es ist 7.
Ein junger Typ steigt gerade aus seinem ziemlich neuen Mitsubishi - Pickup, sieht mich und fragt mich, ob ich etwas suche. Ein Restaurant, ich habe Hunger. Seine Mama, eine hutzelige alte Dame, steht am Fenster und redet mit. Sein Englisch ist schon ziemlich eingeschränkt, er kann mir nicht erklären, wo es zur City geht.
Dann steht sie plötzlich auch dabei und spricht besser Englisch als er. Verrückte Welt. Aber sie will als erstes wissen, ob ich eine 'Thaiwai' will. Hä?
Dann fällt mir ein, dass die Thais kein 'F' aussprechen können.
Nein, ich wolle keine Thaiwife, ich habe Hunger und suche ein Restaurant. Kein Problem, sie fordert ihren Sohn auf, mich zu einem hinzufahren. Und er kennt ein richtig gutes. Vom Kumpel. Mit richtig lecker Essen, (ok, Chicken mit Reis und eine Wahnsinns - Gemüsesuppe mit Shrimps). Das Ganze garniert mit Life - Musik, welche die ganze Zeit, während ich diesen Text ins Handy tippe, in mein Ohr dringt.
Ist zwar auch außerhalb, aber ich hoffe, ich finde den Weg zurück.
Wäre blöd, wenn ich mich nach 136 km auf dem Rad jetzt auch noch verlaufen würde.
Nach Vientiane sind's jetzt noch ca. 130 km.
Nachtrag:
Vor gerade mal 5 Minuten habe ich diesen Text abgeschlossen und mich auf den ca. 3 km langen Rückweg gemacht. Eigentlich wollte ich noch eine Flasche Wasser mitnehmen, aber es gab keins zum 'Take away'. Aber in der Nachbaranlage da gab's eins.
Und in dem Augenblick, in dem ich auf die Straße zurück komme, kommt mir ein Rollerfahrer entgegen, dreht um und fordert mich auf, aufzusitzen. Ein junger Bursche. Kein Wort Englisch, aber ganz sicher, dass ich aufsteigen werde. Ich also drauf, Widerspruch zwecklos, in der falschen Fahrtrichtung zurück bis zur nächsten Kreuzung, dann auf mein Kommando
links ab zu meinem Hotel. Er rein in den Hof und ab. Meinen letzten 100 Bath - Schein : Abgelehnt.
Zwickts mi, I glaub I dram....
Die Sache mit dem Rollerfahrer von gestern Abend ist eigentlich ganz klar. Das war der kleine Bruder vom Mitsubishi - Fahrer, der mich ins Restaurant gebracht hatte. Er ist noch mit mir reingegangen und hat mit dem Personal geredet. Und dabei die Anweisung gegeben, ihn anzurufen, wenn ich gehe. Und dann wars ganz einfach, den Bruder loszuschicken und mich aufzunehmen.
Da das jetzt geklärt ist, der heutige Tag.
Aufgrund der Entfernung bis zur laotischen Grenze bzw. bis zur Hauptstadt Vientiane ist mir klar, dass das heute klappen muss. Und weil ich morgens Helligkeit und frische Luft verschenke, dafür am Mittag Hitze und Dunkelheit einhandle, hab ich mich entschlossen, die Zeit besser einzuteilen und morgens früher loszufahren. Also sitze ich bereits um 6.45 auf dem Rad, bei angenehmen 26 Grad.
Kurz, es wird landschaftlich wieder ein eher langweiliger Tag bei meist bedecktem Himmel. Aber leider will es nicht regnen. Mal bin ich an der 4 - spurigen Schnellstraße, dann wieder im absoluten Niemandsland. Weil die Wechsel von der einen zur anderen Situation oft nicht erkennbar sind und ich nicht ständig aufs Handy schauen kann, gelingt es mir tatsächlich viermal, mich zu verfahren, ohne dass das entfernungsmässig relevant wird.
Einmal fahre ich einen km zurück, die anderen Male nehme ich eine etwa gleich lange alternative Route.
Dabei kommt mir der Gedanke, dass die meisten Geschichten eher aus meiner Schusseligkeit entstehen.
Die folgende auf jeden Fall. Bei etwa 100 km erreiche ich den Mekong. Auf der anderen Seite sieht man schon Vientiane. Es gibt in diesem Bereich nur eine Brücke über den Fluss, die Friedshipbridge 1, 1100 Meter lang, von Thailand nach Laos. Mein Track führt mich immer an der Hauptstraße am Fluss entlang.
Als der Fluss eine größere Kurve macht, die Straße ebenfalls, kürzt mein Track ab und geht gerade durch die Kurve durch. Dummerweise auch gleich hoch auf die Brücke. Und weil ich irgendwann wieder merke, dass ich diesen Abzweig verpasst habe, eine Korrektur aber keinen Sinn macht, stehe ich dann direkt unter der Brücke und stelle mir die Frage, wie ich da jetzt hochkomme.
Die Frage beantwortet ein Parkwächter, der auf eine offene Tür genau gegenüber im Zaun eines Parks hinweist. Und dort beginnt ein kleiner Radweg, der an einem Holzhäuschen, das aussieht wie eine Mini - Grenzstation, einen scharfen Knick nach links oben zur Brücke macht. Da ist aber niemand. Also fahre ich einfach hoch und denke mir noch, wo ich jetzt wohl meinen Ausreisestempel herbekomme.
Vielleicht ist die Freundschaft ja so groß, dass es auf der anderen Flussseite eine gemeinsame Zollstation gibt.
Die gibt es natürlich nicht. Der Grenzer bemerkt sofort den fehlenden Stempel und schickt mich einfach wieder zurück über die Brücke. Wie dämlich kann man eigentlich sein.
Wieder zurück auf der anderen Seite, also in Thailand, muss ich erst mein Rad über die Leitplanke wuchten, um wieder auf den Radweg zu kommen und dann aber weiter zu fahren, um endlich an die Zollstation zu kommen. Sehr kompliziert.
Nach einiger Verwirrung auch bei den thailändischen Grenzern schaffe ich es tatsächlich, den Stempel in meinen Pass zu bekommen und ordnungsgemäß auszureisen, was beim zweiten Anlauf in Laos ebenfalls zur Entspannung der Situation beiträgt.
Und drüben muss ich mich dann auch wieder mit der Fahrtrichtung umgewöhnen. Die fahren alle wieder so wie bei uns daheim.
Aber es ist jetzt relativ einfach, es geht bolzgerade in die Stadt rein, ca. 15 km sind es von der Brücke aus. Mein Hotel für die zwei folgenden Nächte habe ich noch in Thailand mit meiner Thai SIM - Karte gebucht. Nach der Ankunft erstmal ein Bier, Geld aus dem Automaten holen. 2 Millionen Kip = 200 Euro, der größte Schein 50000, da kommt schon ein ganzer Packen zusammen. Und dann noch eine neue SIM - Karte, für bestes Internet. Erstaunlich.
Mein Hotel ist grade mal 100 Meter vom Mekong entfernt. Tausende Verkaufs - und Fressstände, unglaubliche Menschenmassen, alles für / ab 1 Euro (10000 Kip).
BH's für 1,30. Ich kauf einfach von jeder Größe und Farbe 10 Stück und werde reich dabei.
Nach 138 km freue ich mich jetzt auf einen freien Tag, bevor es dann ab Montag zur Sache geht.
Was macht man an einem Ruhetag nach 700 geradelten Km? Etwas länger schlafen, aufraffen zur Sightseeing Tour, essen, erschöpft niedersinken, wieder aufstehen usw.
Um die frühe Uhrzeit gibt es natürlich noch kein Frühstück, obwohl das Personal schon komplett da ist. Dann halt ohne. Ich habe zwei Flaschen Wasser und ein Baguette, Relikt aus französische Kolonialzeit vom Abend vorher. Der Plan ist heute hart. Mindestens 155 km bis nach Vang Vieng. Sonst klappt es nicht in 3 Tagen nach Luang Prabang. Inzwischen schreckt mich das aber nicht mehr, ich scheine mich an die Hitze gewöhnt zu haben.
Der Weg aus Vientiane raus ist einfach, der Verkehr besteht überwiegend aus Roller - und Motorradfahrer. Die meisten rein in die Stadt. In der Nacht hat es offensichtlich geregnet. Überall stehen Pfützen. Da in Laos, sogar in den Aussenbezirken der Hauptstadt, viele Nebenstraßen gar nicht geteert sind und der Boden überall ziemlich rot ist, steht an jeder Einfahrt aus einer Nebenstraße eine rote Pampe auf der Straße, die dann im Laufe des Vormittags abtrocknet und sich zusammen mit dem Dieselruss und den Abgasen wie ein Schleier über die Landschaft legt. Da es insgesamt lange bedeckt bleibt, eine eigenartige Atmosphäre. Die Unterschiede zu Thailand sind doch stärker als gedacht. Auch da war ja alles schon Bruch und Schrott, aber hier ist es noch eine Stufe schlimmer.
Ein Radkumpel hat mich gewarnt, dass ich in Laos vor allem auf betrunkene LKW - Fahrer aufpassen müsste. So viele wird's da wohl nicht geben, habe ich gedacht. Dummerweise ist das eine Hauptstrecke von der jetzigen in die ehemalige Hauptstadt, und noch dümmer, hier bauen die Chinesen gerade parallel zur Straße eine neue Bahntrasse, also quasi das Pendant zu S21, nämlich Lao21. Dementsprechend viele LKW sind hier unterwegs. Bis km 80 ist die Strecke flach, danach geht es über eine kleine Hügelkette weg und setzt sich dann auf der anderen Seite in einem ständigen Auf und ab fort.
Ungeachtet der vielen Lkw sind an der ganzen Strecke viele Mini - Kühe unterwegs. Die grasen am Rand, stehen gelangweilt auf der Straße, wechseln beliebig hin und her und keiner regt sich auf. Auch die Kieskutscher nicht.
Bei km 130 kommen mal zwei Regentropfen, aber die erreichen die Haut gar nicht. So geht es also gemütlich bei maximal 37
läppischen Grad dahin bis Vang Vieng, das einmal lt. Wikipedia eine Party - Hochburg der Ausgeflippten dieser Welt war, weil man dort so schön bekifft in einem aufgeblasenen Schlauch den Fluss runterrauschen konnte. Bis ein paar zu bekifft waren und nicht mehr wussten, wo oben und unten ist. Seitdem ist das Tubing verboten oder wenigsten eingeschränkt und den Bekifften der Spaß genommen. Leute hat es trotzdem ne Menge, aber hauptsächlich aus Korea, China o. ä.
Für morgen brauche ich noch einen Plan. Nach Luang Prabang sind es 230 km und kurz davor kommt ein Pass, der von 400 auf 1860 Meter hoch geht. Eigentlich ist das ja eine Zusatzschleife, die ich nicht brauche. Muss noch drüber nachdenken, ob ich vorher auf eine direktere Route abbiege.
Das waren dann heute 154 km bei doch noch 950 hm.
Als ich nach meinem Frühstück im Premier Hotel Vang Vieng um kurz nach 8 starte, ist der Himmel immer noch stark verhangen. Jetzt gibt's endlich mal eine schöne Kulisse, und dann versteckt sie sich in Wolken und Nebelschwaden. In leichten Wellen schaukelt sich die Strecke langsam nach oben. Die chinesischen LKW sind immer noch präsent, aber nicht mehr so häufig wie gestern. Vom Neubau der Eisenbahntrasse ist nur dann was zu sehen, solange ich mich auf flachem Terrain befinde. Später in den Bergen ist bis auf einen Tunneleingang im Berg nichts mehr zu sehen.
Um halb 7 werde ich durch laute Musik aus dem Bett gerissen. Laos ist Volksrepublik, da gibt's immer noch morgens die Propaganda zum Frühstück. Nebel umwabert den Ort auf fast 1600 Meter Höhe, das Hotel ist kaum zu erkennen. Das Frühstück nehme ich gegenüber in Form von Rührei und Nescafe. Etwas anderes gibt's nicht.
Inzwischen ist die Entscheidung über den weiteren Fortgang gefallen. Statt Luang Prabang nehme ich den direkten Weg in Richtung Hanoi. Damit erspare ich mir ca. 100 km. Auf der Höhe befinde ich mich fast schon, auf den nächsten 70 km folge ich dem Bergrücken mit vielen Auf und Abs.
Mit dieser Entscheidung habe ich mir auch die chinesischen LKW vom Hals geschafft. Die Straße gehört mir jetzt fast ganz alleine.
Die Sonne lässt sich am Vormittag nur einmal kurz blicken, ansonsten ist es wieder grau und wolkenverhangen. Eigentlich das perfekte Radwetter.
Erstaunlich, wie viele kleine Dörfer es hier oben gibt. Eine Unmenge an kleinen Kindern, die alle sofort zu winken beginnen, sobald sie mich erblicken. Das gilt schon für die Kleinsten im Wickeltuch.
Nach 4 Tagen in Laos stelle ich fest, dass die Erwachsenen ernster sind als in Thailand. Die haben dort zunächst auch erstmal ernst geschaut, aber sofort zu strahlen begonnen, wenn ich ein freundliches 'Good morning' rüber geschmettert habe. Der Laote, also der Erwachsene, bleibt da oft eher zurückhaltend. Aber die Kinder freuen sich. Oft fährt auch sofort die Hand
raus. Abklatschen.
Um halb 12 fängt es zu regnen an. Keine Unterstellmöglichkeit. Bis zum nächsten Dorf bin ich klatschnass. Dort gibt's erst wieder einen Nescafe und ein paar Bananen. Ein ganzer Bund der hiesigen Mini - Bananen kostet 50 Cent, ich bekomme grad mal 5 Stück runter. Derweil findet gegenüber grad eine Damenparty statt, die Kinder rennen nackt durch den Regen oder duschen unter der Regenrinne, alles in allem eine fröhliche Veranstaltung.
Kurz danach hörts auf, es folgt eine lange Abfahrt bis auf 1100 Meter runter, nur das ich dann wieder auf 1600 rauf muss.
Oben bin ich dann etwa bei 73 km, nach der Abfahrt erreiche ich das erste Mal so etwas wie flaches Land, ein Hochtal.
Bei 88 wird es höchste Zeit zur Nahrungsaufnahme. Ein See, ein Restaurant zur rechten Zeit. Es gibt nur Nudelsuppe. Ok, das hat in den letzten Tagen auch schon gut funktioniert.
Jetzt kann eigentlich nichts mehr passieren, das weitere Streckenprofil ist eher eben mit leichter Tendenz nach unten. Aber die kleinen Zacken haben es dann doch noch in sich.
Zwischendurch sieht es auch noch mal nach einem Gewitter aus, aber ich komme trocken nach Phonsalvanh, eine relativ grosse Provinzhauptstadt mit vielen Hotels. Es ist schon fast 6 Uhr als ich ankomme. Schon weit außerhalb gibt es Gästehäuser, aber ich muss auch an die Nahrungsaufnahme denken. Direkt vor einem relativ neuen Hotel halte ich an und checke die Lage auf booking.com. Ich habe die Wahl zwischen Guesthouse mit Ventilator und ohne Frühstück für 10 Euro oder dem direkt hinter mir stehenden 4 Sterne - Tempel für 25 Euro mit Frühstück. Diesmal darf es wieder etwas mehr sein.
Zur Tagesstatistik: 135 km, 1930 hm.
Nach ausgedehntem Frühstück starte ich kurz nach 8. An der benachbarten Tankstelle spritze ich das Rad ab. Es soll besser laufen danach, sagt man. Mein Plan ist noch etwas diffus, wobei die Strecke und das Profil eigentlich eindeutig sind. Wo aber inmitten dieser vielen Zacken ein mögliches Tagesziel sein könnte, erschließt sich mir noch nicht.
Ich wäre gern mal wieder unter 100 km am Ziel.
Google gibt mir auch keine eindeutige Auskunft. Bei km 52 kommt eine größere Stadt, Muang Kham. Bis dahin bin ich wieder viele kleine Wellen und einen finalen langen Downhill runter bis auf 850 Meter gefahren.
Eigentlich sollte ich jetzt Proviant aufnehmen oder gleich was essen. Aber dazu ist es mir noch zu früh. Bin immer noch satt vom Frühstück. Also kaufe ich Wasser, zwei Äpfel und einen Packen Bananen. Aber die grünen, weil die gelben schon ziemlich schwarz sind. Brot finde ich keines.
Ich sehe auf meinem Plan, dass es jetzt ca, 900 Höhenmeter nach oben geht, auf etwa 1750 Meter. Und dass ich dann längere Zeit da oben bleibe. Meine bisherige Erfahrung ist, dass es überall Dörfer gibt. Dann wird 's auch kein Problem mit dem Nachschub.
Am Beginn des Passes stehen gleich zwei ' Guesthouses '. Das lässt sich ja gut an. Bestimmt ist das hier eine Touristenroute. Zumal mir auch noch zwei Rucksacktypen entgegenkommen. Aber anstatt die zu fragen, fahre ich einfach vorbei.
Es ist übrigens wieder ziemlich bewölkt, aber warm, wenn die Sonne grad durch kommt, drückend. Ein paar schwarze Wolken stehen auch über den Bergen.
Auf etwa halber Höhe mache ich Pause. Jetzt gibt's die Bananen. Was soll ich sagen? Völlig ungenießbar. Vielleicht Kochbananen? Auf jeden Fall keine für den normalen Verzehr. Mir bleiben also noch die zwei Äpfel.
Zwischen dem ersten und zweiten Gipfel, kurz vor 1700, kommt ein Dorf. Es gibt einen Laden, davor 4 Männer am werkeln.
Essbares gibt's aber nicht. Zwei der vier können etwas Englisch. Ein Wunder.
Auf meine Frage nach einem Restaurant sagt der eine 'Nach zwei Kilometer' worauf der andere aber gleich zu diskutieren beginnt. Egal, die zwei Km bleiben und ich bin beruhigt. Muss gleich nach dem Gipfel kommen. Es kommt nichts. Es gibt überhaupt nichts. Die haben mich veräppelt.
Es geht jetzt erstmal kurz runter, aber wieviele Wellen noch kommen, kann ich auf dem Profilbild nicht erkennen. Es geht immer wieder rauf auf 1750 Meter. Inzwischen kommen auch ein paar Dörfer mit diesen typischen Läden, aber außer Süßigkeiten gibt's nichts zu essen. Ich kaufe ein paar Kekse und ein paar Früchte, die außen grün und innen rot sind etwa so groß wie Mirabellen sind und bitter schmecken. Dazwischen lerne ich auch Angar kennen, der sich freut, sich mit mir in Englisch unterhalten zu können.
Um 4 Uhr fahre ich an einem Laden vorbei, wo ich tatsächlich eine Nudelsuppe bekomme. Die rettet mich. Weiter geht's von Gipfel zu Gipfel. Jedesmal denke ich es wäre der Letzte, aber meist falsch gedacht.
Aber bei 116 ist es dann soweit. Ab jetzt kommt der Downhill über 1200 hm. Es wird der Wahnsinn. Ich durchfahre mehrere Dörfer, wo jubelnde Kinder Spalier zu stehen scheinen. Jetzt sind alle auf der Straße. Die Frauen machen Körperpflege am einzigen Wasseranschluss, die Männer kommen später dran.
Höchste Zeit, dass ich jetzt runterkomme. Um kurz vor 7 treffe ich in der Ortschaft Nam Neun ein. Es gibt ein Guesthouse und mehrere Restaurants. Vor dem Guesthouse steht die Tochter desselben, schaut mich kurz an, nickt, holt den Schlüssel und bedeutet mir zu folgen. So geht Check in.
Völlig unerwartet habe ich heute wieder 138 km und 2230 hm hinter mich gebracht.
Morgen sind die Bremsbeläge fällig.
Der Tag beginnt zunächst damit, dass ich meine Bremsbeläge wechsle und versuche, die Schaltung einzustellen. Parallel dazu unterhalte ich mich mit dem Chef des Guesthouses, der als Soldat bei der französischen Armee war und für kurze Zeit auch in Süddeutschland, vermutlich in Stetten a.k.M stationiert war. Mir läuft nebenher der Schweiß in Strömen, bei meiner nervenaufreibenden Tätigkeit.
Als das überstanden ist, gibt es nebenan Kaffee und Rührei.
Für die Strecke und das Tagesziel ist heute alles klar. Kommot und Google sagen übereinstimmend 99 km bei 2740 Höhenmetern. Eine Alternative gibt es nicht.
Kurz, es ist eine Fortsetzung der gestrigen Berg - und Talbahn, nur dass es kein flaches Vorgeplänkel gibt, sondern gleich ab Ortsende zur Sache geht.
Das Wetter ist heute überwiegend sonnig, die wenigen Wolken spenden wenig Schatten.
Zudem ist es heute extrem steil. Steile Abschnitte gab es vorher auch schon, aber heute fahre ich gefühlt 60 % im kleinsten Gang und Wiegetritt.
Der Kilometerzähler bewegt sich heute überhaupt nicht, sodass ich mich aus psychologischen Gründen eher auf die Höhenmetern konzentriere. Bei km 30, also weniger als einem Drittel der Strecke, habe ich schon die Hälfte, das lässt hinten raus hoffen, dass es etwas flüssiger wird.
Die obligatorische Nudelsuppe gibt's schon um 12. Heute kocht der Chef, ich kann wählen, ob ich Fleisch (er hält mir eine Schüssel mit Fleisch unter die Nase) und welche Brühe ich dazu will. Ich soll probieren. Da schwimmen viele kleine, mir unbekannte Partikel drin rum. Ohne Fleisch und nur mit Wasser. Er schnippelt mit der Schere noch einen Haufen Kräuter rein, den Rest machen die diversen Flaschen und Gewürze auf dem Tisch.
So zieht sich die Strecke, es ist richtig heiß. Das zeigt sich am schwarz - glänzenden Teer auf der Straße, der wie früher bei uns auch im Sommer, flüssig wird. Das merkt man dann spätestens, wenn man reinfährt und es pappt.
Und gleichzeitig wird direkt vor mir auch noch die Straße ausgebessert. Ich fahre immer wieder in frisch gekieste Abschnitte rein, meistens in den Kurven, wo einfach grober Schotter auf Teer verteilt wird. Wenn ich jetzt absteigen müsste, würde ich vermutlich festkleben. Irgendwann hole ich das Arbeitskommando ein.
Am letzten Berg überlege ich ernsthaft, per Anhalter auf die Passhöhe zu kommen. Aber die beiden einzigen Toyota - Pickups sind hinten voll beladen. Ab der Mitte packt mich natürlich auch wieder der Stolz, zumal der obere Teil weniger steil ist und es einigermaßen rollt. Danach heißt es nur noch 9 km runterrollen (mit 2 giftigen kurzen Gegenhängen).
Es dämmert schon wieder, als ich in die Stadt Sam Neua einfahre. Direkt am Ortsbeginn stehen zwei Gästehäuser, danach ist die Straße gesperrt, weil hier ein großes Fest stattfindet. Vermutlich zum 70. Revolutionsjubiläum.
Ich wähle eins aus und bekomme ein nettes Zimmer für 10 Euro. Mit komplettem Bad und funktionierender Klospülung. Ich erwähne das nur, weil es nicht selbstverständlich ist.
Laut meinem Tacho waren es am Ende 98 km und 2640 Hm.
Für Morgen wird es wieder etwas knifflig. Der Track von Komoot führt mich an die Grenze zu Vietnam, wo es gar keinen Übergang gibt. Vielleicht verlasse ich mich morgen eher auf Google. Vermutlich ist das ein alter Pfad des Vietkong, an dem noch lauter Blindgänger rumliegen.
Gestern Abend war es noch etwas rätselhaft, beim Frühstück heute morgen hat sich alles aufgeklärt. Der angesagte Grenzübergang nach Vietnam ist Na Mèo. Bis dahin sind es laut Google 82 km, hier verkehrt auch eine Buslinie. Immer der 6 nach.
Komoot liefert auch noch das passende Profil dazu, 960 soll es raufgehen und 1520 runter. Es verspricht ein relaxter Tag zu werden. Wobei hier noch nicht geklärt ist, wie es nach der Grenze weitergeht.
Auf die ersten 10 km geht es moderat nach oben. Hier ist auch gleich der höchste Punkt erreicht. Im Prinzip geht es jetzt immer weiter runter, unterbrochen nur durch einige unbedeutende Gegenanstiege. Bei 20 trennen sich die 6 und die 6a, wobei ich es natürlich schaffe, die einzige Möglichkeit, sich zu verfahren, auszunutzen. 1 km und 50 hm extra. Es gab keinen Wegweiser, sorry.
Stromausfall, WLAN weg, Text weg. Also alles nochmal von vorne.
Rückblick auf gestern Abend: Weil zwischenzeitlich der Strom weg war und damit das WLAN, musste ich mehrere Textabschnitte zweimal schreiben. Kurz bevor ich dann das Licht ausmachen wollte, ging es von selber aus. Die Klimaanlage war eh schon defekt, jetzt war aber auch noch der Ventilator aus. Und das blieb auch die ganze Nacht so. Kein Fenster, stockdunkel. Selbst kalt duschen im Dunkeln hilft da nichts mehr.
Um 6 ist der Strom immer noch weg, also mache ich die Tür auf, um wenigstens etwas Restlicht vom Flur zu haben und packe meine Sachen. Etwas Wasser, Bananen und Tomaten von gestern, das Frühstück.
Dafür sitze ich um halb sieben auf dem Rad. Es soll heiß werden. Das Höhenprofil sieht beeindruckend aus, das Ziel ist noch undefiniert. Ein bisschen mit dem Lappen übers Fahrrad gewischt, ein paar Tropfen Öl vom Motorrad - Service nebenan auf die Kette. Ja, die arbeiten um die Uhrzeit schon.
Um es vorweg zu nehmen, die Straße ist hervorragend, richtige Markierungen, Wegweiser an den wenigen Abzweigungen. Privatautos gibt es so gut wie gar nicht, nur gelegentlich Busse, Tankwagen und Bambuslaster. Auf dem Land wird gearbeitet. Ich bin also meistens wieder ziemlich einsam unterwegs.
Heute ist es das erste Mal richtig wolkenlos. Undenkbar, heute den ganzen Tag zu Radeln. Irgendwie muss ich die beiden Buckel am Ende des Profils noch schaffen und hoffen, dass ich dort eine Bleibe finde.
Und dann treffe ich tatsächlich den ersten Fernradler dieser Tour. Er von unten in Richtung Grenze, ich von oben. Bremsen, hallo, woher, wohin.
Er ist Belgier, seit zwei Monaten unterwegs, will weiter über Laos, Thailand, Myanmar, Indien zurück nach Belgien. Es gibt also noch viel Verrücktere als mich.
In der Gegend scheinen die Menschen vom Bambus zu leben. Überall werden Stangen geschleppt, gesägt, gespalten, gestapelt. Oder vom Reis. Der wird vor dem Haus auf der Straße zum Trocknen ausgelegt.
Vor dem letzten Berg überlege ich mir, eine kleine Siesta einzulegen. Leider gibt's diese öffentlichen Liegeplätze wie in Laos oder Thailand nicht. Ich halte zwar immer Ausschau, lande aber immer unter lauter Menschen, also Kinder, die mich umringen und anschauen wollen. Ein Elfjähriger, ein paar Brocken des englischen mächtig, ist besonders hartnäckig. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als in der größten Hitze diesen Doppelbuckel zu nehmen.
Es gibt aber immer wieder eine Wirtschaft an der Strecke, sodass ich mich von Getränk zu Getränk nach oben kämpfen kann.
Laut Plan biege ich am Ende der Abfahrt in eine andere Straße, die wieder nach Norden führt, ab. Der Ort liegt zudem an einem Fluss und ich hoffe, dass er etwas größer ist und ein Hotel hat. Google war in diesem Fall wieder nicht hilfreich.
Es funktioniert. Es gibt eines, mit Klimaanlage. Hoffen wir nur, dass es keinen Stromausfall gibt.
Noch ein paar Unterschiede zwischen Laos und Vietnam: Die Laoten wohnen viel ärmlichen als die Vietnamesen, trotzdem gibt es dort mehr Autos. Auch Vietnamesen wohnen teilweise in Holzhütten, die sind dann aber wesentlich größer und stabiler. Arbeitende Laoten, außer beim Straßenbau habe ich wenig gesehen. Der Umgang mit dem Essen scheint mir in Vietnam rustikaler. Ich hoffe, das ändert sich noch, wenn ich ans Meer komme.
Die Landschaft war heute wieder grandios, deshalb will ich auch nicht auf die entsprechen Bilder verzichten.
Es waren heute bis zu 46 Grad heiße 85 km und 1320 Höhenmeter.
Das Frühstück muss leider wieder ausfallen, immerhin für einen Nescafe reicht es. Ein paar Kekse von gestern, zwei Tomaten und weg.
Heute habe ich die Wahl zwischen zwei Routen: Auf der Hauptstraße über viele kleine Wellen und einen hohen Berg mit 700 Hm am Ende, dazu 120 km, oder auf einer Nebenstraße, relativ flach bis zum einzigen Berg mit 800 hm im ersten Drittel, danach wieder leicht wellig, 95 km.
Ich entscheide mich für die 2. Variante und muss gleich ein Urteil von gestern revidieren. Nur die Hauptstraßen sind gut.
Und einen weiterer Unterschied zu den anderen Asiaten bemerke ich unmittelbar beim losfahren : Der Vietnamese hupt. Immer. Jeder Überholvorgang, jede Annäherung an eine Kreuzung oder Einfahrt. Die Busfahrer fahren mit einem Dauer - Hupton durch die Ortschaften. Das ist für mich aber bald kein Thema mehr, weil ich wieder fast alleine unterwegs bin.
Auch heute sind kaum Privat - Pkw unterwegs, die paar wenigen sind dann die Chefs in ihren Ford - oder Toyota - Pick up's.
Das geplante Tagesziel Hóa Binh ist eher zufällig ausgewählt. Es scheint etwas größer zu sein und liegt auf halber Strecke nach Hanoi.
Sofort nach Verlassen der Hauptstraße wird's ruppig. Viele Schlaglöcher, viele Schotterpisten, aber einsam. Kleine Wellen, die aber nicht aufregend sind, der obligatorische Verfahrer, weil an der ersten unscheinbaren Abzweigung kein Wegweiser steht. 6 km extra. Dann kommt dieser Berg, viele Warnhinweise am Beginn. Ab der Mitte ist Schluß mit Radeln. Der Belag hat sich weitestgehend aufgelöst, die Straße ist übersät vom Steinschlag, durchgehend 12 - 19 Prozent Steigung. Und die Sonne steht bereits senkrecht. Schattenstellen so gut wie keine. Den im Profil eingezeichneten roten Bereich schiebe ich hoch. In Schlangenlinie, wie am Hochlitten.
In der Nacht ist der Strom wieder ausgefallen. Ich merke es daran, dass die Klimaanlage nicht mehr tut und es immer wärmer wird im Zimmer. Und weil es draußen gewittert und regnet, habe ich Zeit und Muße, die Schwäbische von gestern zu lesen. Heute pressiert es eh nicht, weil gemütliches Ausrollen mit läppischen 85 km und 300 hm nach Hanoi angesagt ist. Entgegen der Aussage von booking.com gibt es kein Frühstück im Hotel. Um 8 Uhr nieselt es nur noch leicht und ich mache mich auf, irgendwo so etwas ähnliches wie ein Frühstück zu ergattern.
Um die Ecke gibt es eine Straßenküche. Hier bekomme ich, oh Wunder, einen Kaffee und Rührei im Baguette. Wer braucht schon mehr.
Heute ist es ganz einfach. Nach einer kleinen speziellen Komoot - Abkürzung komme ich nach 6 km auf eine Hauptstraße, die schnurstracks nach Hanoi geht. Es war im übrigen gar nicht so schlecht, dass ich früher aufgehört habe, denn nach Hóa Binh musste ich gar nicht. Das wäre wieder ein Umweg geworden.
Es nieselt immer wieder, mal schwächer mal stärker und ich bin mir sicher, dass heute nichts passieren kann. Das Handy bleibt hinten in der Trikottasche, nur schnell ein paar Bilder von den regenverhangenen Bergen.
Bei km 28 durchfahre ich einen größeren Ort, ein Trinkstopp ist angesagt. Ich werde natürlich sofort wieder angequatscht. Woher, wohin, das übliche halt. Nach Hanoi, der andere sieht mich zweifelnd an, er sagt, das sind 100 km. Und ich sage, das kann nicht sein, nur 60. Mich überkommt wieder ein seltsames Gefühl.
Ein kurzer Blick auf meinen Track bringt die Bestätigung, dass ich es wieder geschafft habe, die entscheidende Abzweigung zu verpassen. Diesmal aber richtig. Schlappe 13 km bin in die falsche Richtung gefahren, das macht 26 versenkte km.
Es hilft nichts, wieder zurück. Was einem da so alles durch den Kopf geht.
Inzwischen ist es trocken. Ca. 45 km vor Hanoi erreiche ich eine größere Stadt. Es stellt sich schnell raus, dass hier schon der Großraum Hanoi beginnt. Es gibt kaum noch Baulücken. Erstaunlicherweise wird die Straße aber immer schlechter. Weil es geregnet hat, ist wieder viel Wasser und Dreck auf der Straße, dieser steht als Staub wieder zunehmend in der Luft. Dazu das inzwischen ununterbrochene Gehupe. Ab ca. 25 km vorher gibt es keine einzige Kurve mehr in Richtung Hanoi. Es ist unbeschreiblich. Und in diesem ganzen Tohuwabohu immer mal wieder Kühe auf der Straße. Mal als rennende Herde, mal gemütlich auf der Fahrbahn stehend oder liegend.
Da aber die Mehrheit der Verkehrsteilnehmer nach wie vor Zweiräder sind, gibt es keinen Stau. 15 km vor meinem Ziel (ich habe das Opernhaus im Zentrum gewählt) beginnt auf Pfeilern über der Straße eine neue U-Bahn - Linie. Es wird immer voller. An jeder Kreuzung bildet sich jedesmal das vollkommene Chaos, das sich aber immer wieder auflöst.
Die einen fahren zu früh los, die anderen noch längst bei Rot weiter. Und dazu immer einige auf der falschen Spur. Aber es passiert nichts. Man kann es einfach nicht begreifen.
5 km vorher muss ich mal kurz ausschnaufen. Dabei schaue ich mich mal wieder nach einem Zimmer in der Nähe des Opernhaus es um und werde für 16 € incl. Frühstück fündig. Das nehme ich. Am Ende ist es fast unfassbar, dass man hier unversehrt an Leib und Seele durchkommen kann.
Die erste Erkundung bringt die Erkenntnis, dass das wieder eine andere Welt ist. Damit hat der Land - Vietnamese nichts zu tun.
Ich bin schnell sehr tief in der Altstadt drin. Touristen ohne Ende, permanente Anmache an jeder Kneipe.
Aber ich werde es jetzt zwei Tage lang genießen, vermutlich mit Regenjacke.
Umweg bedingte 110 km und 460 hm. Die lasse ich zukünftig aber weg.
Was heißt schon Ruhetag in einer Großstadt? Das Fahrrad bleibt zwar stehen, aber man latscht sich dafür halt die Hacken ab. Bei fast moderaten 35 Grad sind dann um die 20 km (geschätzt) auch kein Pappenstiel.
Man könnte sich auch in eine Fahrrad - Rikscha setzen oder auf ein Motorrad - Taxi setzen, aber das wäre dann doch zu viel der Lächerlichkeit.
So läuft man dann also die Hauptsehenswürdigkeiten im Zentrumsbereich ab. Dazu zählt mit Sicherheit das Ho Tschi Minh - Mausoleum, mit dem dieses Land zeigen will, wo es ideologisch (inzwischen ziemlich einsam) steht.
Interessant auch das Botschaftsviertel sowie das Französische Viertel, mit dem sich die Grand Nation für alle Zeiten ein Denkmal setzen wollte, das aber bei näherem Betrachten aber doch nur für koloniale Unterdrückung und viele nachfolgende Kriege mit Millionen von Toten steht. Aber das gilt natürlich auch für die anderen Kolonialmächte, die sich jeweils einen Teil dieser Welt zu eigen gemacht haben und ähnliches Unrecht produziert haben, das bis heute nachwirkt.
Abends dann nochmal ein Zug durch die Altstadt, wobei das schon wieder einer zu viel war. Am Ende ist man froh, wenn's vorbei ist und die Reise weiter geht.
Der ursprüngliche Plan war eigentlich, ab Hanoi wieder südwärts einzuschwenken. Das sollte der nord - östlichste Zipfel der Reise sein. Bei genauem Nachdenken fiel mir dann aber doch noch die berühmte Halong - Bucht mit ihren markanten Karstkegeln ein, welche die meisten aus (einem oder mehreren?) 007 - Filmen kennen. Ein bisschen Touri - Programm darf ja auch sein. Sogar bei mir.
Die Planung verläuft etwas zwiespältig. 160 km, eigentlich schon ziemlich weit. Alternativ kommt aber auch Haiphong in Frage, von wo aus es auch bestimmt Busverbindungen nach Halong gibt. Da ich am Ende auch über Haiphong wieder zurück muss, vielleicht die bessere Variante. Zwei Nächte brauche ich so oder so.
Geplant - umgesetzt. Bis 20 km vor Haiphong wäre die Strecke die gleiche gewesen.
Es ist heute fast den ganzen Tag grau in grau. Durchgängig um die 35 Grad. Die Ausfahrt aus Hanoi ist wie die Einfahrt wieder hochspannend, vor allem die Überquerung des Roten Flusses auf der 6 - spurigen Brücke. Aber nach 10 km ist das schlimmste schon überstanden. Zeitweise bin ich danach sogar ziemlich einsam, aber sehr holprig, auf einem Hochwasser - Schutzdamm am Fluss unterwegs.
Das ändert sich dann aber auch wieder und ich befinde mich urplötzlich wieder an einer Hauptstrecke. Da Haiphong die wichtigste Hafenstadt im Norden von Vietnam ist, sind jetzt viele Container - Auflieger aus den Fabriken rund um Hanoi in Richtung Hafen unterwegs.
Weil der Streckenverlauf am Ende ziemlich schnurgerade aussieht, passiert das, was ich schon befürchtet habe. Ich lande auf der Schnellstraße. 6 Spuren, 3 in jede Richtung, die rechte Spur mit durchgezogener Linie, für alles was zwei Räder hat. 45 km sind's noch nach Haiphong. Nur nicht nervös werden, inzwischen bin ich in der Beziehung schon ziemlich abgebrüht. Heikel wird es immer nur dann, wenn auf der rechten Spur Lkws liegen geblieben sind und die Spur versperren. Das kommt einige Male vor. Und natürlich auch wieder der Gegenverkehr in Form von Mopeds oder Radlern.
Aber man muss es positiv sehen: Es läuft gut. Die letzten 10 km sind dann wieder normaler Stadtverkehr. Auch hier gibt es eine Oper, die ich zum Ziel auserkoren habe.
Jetzt erst mal ein kaltes Bier und in aller Ruhe ein Zimmer suchen. Das ist in der Gegend gar nicht so einfach. Schicke Cafés, Schmuckläden, aber kein Bier. An einem Ministand zieht eine Dame eine Sprudelflasche mit abgefülltem Bier aus ihrer Kühlbox. Sachen gibt 's. Ich finde ein schönes Zimmer für 20 Euro (für 2 Nächte), leider etwas weit weg vom Schuss. Egal, ich will morgen ja nach Halong.
Nachdem ich mit dem Fahrrad jetzt den Endpunkt erreicht habe, Zeit für einen Zwischenstand. 1856 km in 17 Radtagen (geplant waren 1800 bis Hanoi), ca. 17000 Höhenmetern, größtenteils ab Laos.
Morgen also nochmal ein Touristentag, danach ab in den Süden.
Heute waren es ganz flache 119 km.
Ein Blog ohne Radeln? Eigentlich nicht, aber weil ich so vergesslich bin, heute ausnahmsweise eben doch.
Um es vorweg zu nehmen: Der Tag heute wird heiß und fast völlig ereignislos. Immer flach, nur unterbrochen von vielen Flussüberquerungen, mal an der Hauptstraße mit vielen LKW, die von und nach Haiphong fahren, gelegentlichen stillen Abschnitten, die dann staubige Baustellen sind. Es gibt auf jeden Fall viel Staub und Abgase zu schlucken. Ich überlege mir ernsthaft, mir wie die Einheimischen einen Mundschutz zuzulegen.
Diverse Stopps, bei denen ich mir abwechselnd eine Melone, einen Burger mit Wurst belegt, eine Ananas und manche Cola reinziehe. Ich werde noch zum Colafan. Dazwischen werde ich noch zum Tee eingeladen und fast bei jedem Halt zu einem Zug aus der Bambuspfeife. Die liegt in jeder Kneipe zum öffentlichen Gebrauch rum.
Als ich gerade nach dem Burger bei km 99 wieder aufs Rad gestiegen bin, die einzige Aufregung des Tages. Die zweite Begegnung mit Fernradlern. Diesmal ein Pärchen, wieder aus Belgien. Niklas und Lisa. Die sind noch krasser drauf als der letzte Belgier.
Seit 8 Monaten unterwegs, Ende offen. Mit vollem Gepäck, schweren Tourenrädern und geringem Budget. Wenns geht, wird in Tempeln, Kirchen oder Moscheen übernachtet. Die sind immer offen und klimatisiert. Sonst im Zelt.
Die sind aber nach eigener Aussage langsam unterwegs. Maximal 50 km am Tag. Jetzt unterwegs in meiner Gegenrichtung, also auch über die Laos - Berge. Danach wird überlegt, wie es weiter geht.
Für sie bin ich übrigens auch der erste in Vietnam. Und sie kommen aus dem Süden, sind also schon ziemlich lange unterwegs.
Eigentlich war der Plan, dass ich heute schon ans Meer komme. Bei näherer Betrachtung meines anvisierten Ziels stelle ich fest, dass dieses in einer Sackgasse endet. Es gibt in dem Bereich keine durchgängigen Straßen in Küstennähe.
Deshalb disponiere ich um und lege das Tagesziel Ninh Binh. Auch eine größere Stadt mit ca. 160000 Einwohnern. (Wikipedia, 2014).
Dann doch noch eine kleine Aufregung bei der Suche nach einem Zimmer. Billig, gut und zentrumsnah soll es sein.
Im Gegensatz zu Haiphong sitze ich also schon im Zentrum als ich zu suchen beginne. 8 Euro für die Nacht , hoch bewertet bei booking.com und nur 650 Meter weg. Perfekt. An der gleichen Straße, an der ich gerade mein Ankunftsbier trinke. Ich radle an die angegebene Adresse bzw. folge der Spur von Google. Dort steht aber keine Billig - Herberge, sondern ein Luxusschuppen. Ich bin irritiert und gehe rein.
Die Dame an der Rezeption weiß sofort Bescheid, macht einen Plan für mich und schickt mich los. Nach längerem Umherirren finde ich es tatsächlich, mindestens 400 Meter vom angezeigten Standort entfernt. Und zu allem Überfluss gibt es um die Ecke noch ein Hotel mit gleichem Namen, nur mit einer 2 dahinter.
Auch der Hotelchef weiß über das Problem bei der Standortanzeige bei Google Bescheid.
Aber, es hat sich gelohnt. Es ist wirklich gut.
Das waren dann mit ein bisschen rumeiern 122 km.
Morgen geht es dann ans Meer.
Der Tag beginnt damit, dass ich morgens um 7 im Restaurant neben meinem Hotel Rührei und einen Kaffee bestelle und Spiegeleier und einen Kaffee mit Eiswürfel drin bekomme.
Heute ist der Streckenverlauf ganz einfach: Alles Schnellstraße, alles vierspurig mit Standspur. Anfangs hoffe ich noch drauf, dass am Sonntag weniger los ist, aber dem ist nicht so. Die Landschaft verändert sich ein bisschen. Die Berge, die zunächst rechts parallel zur Straße verlaufen, stellen sich zwischendurch auch mal in den Weg, was zu einem minimalen Anstieg auf 2 km Strecke führt.
Ansonsten alles wie gehabt. Es ist laut, es es heiß und manchmal auch ein bisschen lästig, wenn Busse, PKW und Lieferwagen vor dem Rechtsranfahren schnell noch überholen, um dann unmittelbar vor mir abzubremsen und die Spur zu blockieren. Das passiert heute mindestens 5 mal. Inzwischen gibt's dafür von mir mindestens das Wort mit A, dem Vietnamesen macht es vermutlich nichts aus und mir tut's gut.
Bei Halbzeit durchfahre ich eine größere Stadt (Thành Hóa), hier gibt's ein paar Bananen und zwei Cola. Kurz vor 12 zeigt das Thermometer auf meinem Computer 44 sonnige Grad an. Bis km 80 bin ich gut unterwegs, aber dann wird's wirklich wieder zäh. Laut Karte nähere ich mich immer mehr dem Meer an.
Ich nehme mir als vorläufiges Tagesziel die erste Möglichkeit zur Abfahrt von der Schnellstraße in Richtung Meer. Sieht zwar irgendwie nach Sackgasse aus, aber da wird's dann schon ein Hotel oder ein Gästehaus geben.
Erstens, es ist eine Sackgasse, zweitens, es ist unglaublich dreckig hier und es stinkt bestialisch, drittens, es gibt nichts zum übernachten. Bis ich wieder auf der Hauptstraße bin, habe ich 13 km versenkt.
Dann nehme ich halt die nächste Abfahrt, zwei km weiter. Aber vorher schaue ich mir Google Maps bei einem Bier doch etwas genauer an. Und siehe da, ich entdecke ein Motel direkt am Strand, nur 4 km entfernt.
Und so kommt es, dass ich tatsächlich um halb fünf an einem Strand stehe, an dem gebadet wird und in einem schönen Motel ein Zimmer für wiederum 8 € bekomme, das gerade mal 50 m davon entfernt ist. Perfekt. 5 Minuten später bin ich auch drin.
Bemerkenswert ist, dass es hier keine explizite Badebekleidung zu geben scheint. Männer, kleine und große, gehen in Shorts ins Wasser, kleine Mädchen bis vielleicht 6, 7 auch, aber danach am liebsten im Schlabberlook, inklusive langer Hose.
Mit ein paar zu früh abgebogenen km komme ich heute wieder auf 123.
Der Plan ist heute wieder eindeutig: Immer der Schnellstraße nach bis Vinh, 95 km weit. Erst danach trennt sich meine Komoot-Spur und findet eine strandnahe Straße, die irgendwann später wieder auf die Schnellstraße treffen wird, aber nicht mehr heute.
Erstaunlicherweise ist es heute viel ruhiger als gestern. Kaum Pkw, weniger LKW, viel weniger Busse. War das der Ausflugsverkehr gestern? Dazu gibt es eine leichte Schleierbewölkung, die das Radeln auch etwas leichter macht. Nur 42 Grad um 12 Uhr.
Trotzdem fließt der Schweiß wieder in Strömen, in einer Kleinstadt rette ich mich in eine Art Markthalle, kaufe eine Ananas und ein paar Bananen und betrachte die Szenerie.
Viel tierisches Innenleben, Hühner, Gänse oder sonstige Füße, Innereien, es wird gehackt und geklopft. Mir graust es. Und alle finden es blöd, dass ich mittendrin hocke und eine Ananas verzehre.
10 km vor Vinh muss ich nochmal rechts ran. Keine Cola, kein Wasser, aber Bambussaft. Das beschäftigt mich schon seit Tagen. Hat wieder lange gedauert, bis ich das verstanden habe. Die schieben einen Bambusstengel, 50 cm lang, mehrmals durch eine Maschine, drücken auf einen Knopf und es kommt Bambussaft raus. Dann kommen Eiswürfel rein und fertig ist das Getränk. Schmeckt ziemlich süß, aber je kälter es wird umso besser.
Jetzt ein bisschen Wikipedia - Wissen zu Vinh. Fast eine halbe Million Einwohner, großer Hafen, wichtig vor allem für Laos, im Vietnam - Krieg fast völlig zerstört, mit Hilfe der DDR wieder aufgebaut, breite Boulevards, Plattenbauten, aber auch neuere Viertel. Ho Tschi Minh wurde in der Nähe geboren, auch der Ho Tschi Minh - Pfad ist hier in der Nähe, deshalb auch die massiven Bombardierungen der Amerikaner.
Hier mache ich eine längere Pause in einer Wirtschaft an der Straße. Zunächst ziehe ich mir nur ein paar Cola rein, mit Eis. Einen Kühlschrank haben die schon, aber da ist nichts drin. Dann ein Bier, auch dazu gibt es Eis, beim Cola kann ich es ja noch nachvollziehen, aber beim Bier? Da steht palettenweise Bier in der Sonne und die saufen es in rauhen Mengen (siehe Bild). Und immer mit einem Kübel Eis auf dem Tisch.
Inzwischen ist klar, wo mein Tag heute enden wird. Ca. 20 km entfernt, direkt am Strand werden 2 Hotels angezeigt. Und weil ich den ganzen Tag so schön brav in der Spur geblieben bin, verfahre ich mich jetzt noch kurz vor dem Ziel und mache eine Extra - Schleife von ca. 8 km, so dass ich am Ende wieder bei 125 km lande.
Heute springe ich aber erst in die Fluten, danach wird die Nacht klargemacht.
Und dann wirds wie im richtigen Urlaub. Am Strand gibt es mehrere Restaurants, die um die Gäste buhlen. Palmen, strohgedeckte Häuser, alles nur auf Seafood. Und das Bier gibt es nur warm und mit Eiswürfel. Ist das zu fassen?
Und dann ist da noch richtig Strandleben mit Musik, sieht irgendwie nach Karaoke aus bzw. hört sich aus der Ferne so an. Nette Szenerie, um den Blog fertig zu machen.
Wie sich aus dem Titel dieses Blogs heraushören lässt, sollte dieser Tag eher etwas ereignislos werden.
Nachdem ich gestern Abend schon verpflegt wurde, gibt's heute morgen auch noch das Frühstück dazu. Suppe mit Fleischeinlage.
Was macht man nicht alles....
Die Wolken hängen immer noch dicht über der Landschaft vom Gewitter in der Nacht, um halb sieben bin ich im Sattel.
Die Schnellstraße ist wieder da und führt zeitweilig relativ nah am Meer entlang. Es gibt hier auch ein paar kleine Wellen, weil die Berge dem Wasser ziemlich nahe kommen.
Durch die Wolken eigentlich ein angenehmer Radelbeginn. Aber irgendwie fehlt es mir an der Motivation. Trotzdem läuft es ganz gut, der Verkehr hält sich in Grenzen, zwischendurch gibt es sogar eine Pause am Strand unter Palmen.
Eigentlich war ich der Meinung, dass ich genug Puffer habe, um noch den einen oder anderen Ruhetag einzubauen. Angkor Wat kommt ja auch noch. Aber beim Nachrechnen gestern kommt etwas ganz anderes raus. Es sind ca. 300 km mehr als gedacht. Irgendwann muss ich mal ein Stück Zug fahren. Oder Bus. Warum eigentlich nicht auf dieser langweiligen Schnellstraßenpassage. Bei km 70 kommt eine große Stadt, Dong Hoi, die hat einen Bahnhof. Von hier aus könnte man z. B. nach Hue kommen, der alten Kaiserstadt. Das würde mir 150 km und einen Tag einsparen.
Einen Versuch wäre es wert. Den Bahnhof finde ich sofort. Es fährt ein Zug, aber erst um 4 Uhr mittags, das ist mir zu spät. Also doch Radeln? Vielleicht ein Bus? Ja, Busse fahren auch, aber 2 km von hier entfernt.
Als ich das Gebäude verlasse und das Restaurant gegenüber ansteuere, steht eine Englisch sprechende Frau da und fragt mich, wo ich hin will. Nach Hue, mit dem Bus. Das ist kein Problem, um 1 Uhr geht einer.
Sie hat auch einen kleinen Laden, da lotst sie mich jetzt hin. Eine Cola, essen kann man auch was. Ihre vier Kinder umringen mich und sind begeistert.
Wo der Bus abfährt? Sie zeigt es mir auf der Karte. Oder direkt hier. Schon um 12.
Ich versteh gar nichts mehr. Wie denn, wo denn, was denn...? Sie telefoniert mehrmals. Ich könne beruhigt sitzen bleiben, der Bus kommt. Das scheint so was wie ein Anruf - Sammeltaxi zu sein.
Und grade, als ich meinen gebratenen Reis mit Seafood verputzt habe, fährt draußen so ein Ford Transit vor, der Fahrer schnappt sich gleich mein Rad und will es hinten im viel zu kleinen Kofferraum verstauen. Ich muss erst das Vorderrad raus machen, dass er den Lenker drehen kann.
Der Bus ist ein größerer Sprinter und hat 5 Sitzreihen mit je 4 Sitzen. Da bleibt für den Kofferraum nicht viel. Ich sitze hinten links in der letzten Reihe, die ansonsten leer bleibt. Aber nicht lang, es gibt noch einen Stopp. Und plötzlich sind es hinten 6, zwei große Reissäcke, ein Koffer und ein paar Pakete müssen auch noch rein. Insgesamt hocken 22 Personen drin.
Aber es funktioniert. Und der Fahrer hat den gleichen Stil wie alle anderen Busfahrer. Vollgas, Hupen, links überholen, rechts überholen. Im schnellen Zickzack durch die ganzen Rollerfahrer durch. So geht es fast 3 Stunden bis Hue, dann wird es leerer im Bus, an der Endhaltestelle bin ich der letzte Passagier.
Erstmal durchatmen bei einem Bier, dann Zimmer suchen, einchecken. 9 €. Frühstück extra.
Inzwischen ist es ziemlich schwarz am Himmel. Gewitter im Anmarsch. Ich hoffe, daß ich es noch zur kaiserlichen Festungsanlage schaffe, um wenigstens bei Tageslicht noch ein paar Bilder schießen zu können. Dazu muss ich ein ziemliches Stück laufen und den 'Parfüm - Fluss' überqueren. Wie ich vor einem der Eingangstore stehe, geht das Gewitter los.
Das wars mit dem Fotoshooting. Nach diversen Mahlzeiten mache ich mich auf den Rückweg in mein Viertel und sitze jetzt in der entmilitarisierten Zone (so heißt der Partyschuppen), trinke ein Bier und bekomme Musik aus drei Richtungen auf die Ohren.
Die richtige DMZ habe ich übrigens heute tatsächlich durchfahren, im Bus. Das war die Grenze zwischen Nord - und Südvietnam und ein Streifen von jeweils 5 km links und rechts davon.
Geradelt bin ich heute nur 75 km, aber 230 km weitergekommen.
Frühstück im 5. Stock mit Blick auf den Fluss und die Stadt, um kurz vor acht fahre ich bei bedeckten Himmel los. Eigentlich ist es ziemlich einfach, aus der Stadt rauszufinden, aber bei der Fahrrad - Navigation wird es in der Stadt immer schwierig. Draußen auf dem Land kein Problem, aber in der Stadt wird immer versucht, den 'Fahrrad - konformsten' Weg zu finden. Das führt manchmal zu verrückten Zickzack - Kursen.
Eigentlich wollte ich ja nochmal in die Altstadt zurück, um diese bei Tageslicht zu betrachten, aber natürlich bin ich zu spät dran und es ist schon wieder schwülwarm. Die 4 km spare ich mir. Dafür kann ich die Ql1 nach 10 km endlich mal wieder verlassen und bin für fast 40 km auf einem einsamen Strässchen immer parallel zur Küste unterwegs.
Das Meer sehe ich zwar meistens auch nicht, weil dieses hinter einer weiten Dünenlandschaft liegt.
Und plötzlich bin ich umgeben von lauter Gräbern. Mal kleine Gruppen, mal richtig große Friedhöfe, links und rechts im Sand stehend, zwischen vielen wilden Müllkippen und kleinen Dörfern. Die ganzen 40 km lang. Da ist der Wiener Zentralfriedhof ja wirklich ein Furz dagegen. Und zwischendrin steht wie eine Fata Morgana eine riesengroße Hotelanlage. Man kann sich nur die Augen reiben.
In einem kleinen Dorf geht ein Weg ab in Richtung Strand. Den probiere ich aus. Am Ende steht wieder eine kleine Hütte mit Verkaufsstand, danach beginnt der Strand. Ich stelle mein Rad an der Hütte ab, gehe die paar Meter und bin völlig allein an einem endlosen Sandstrand. 100 Meter draußen dümpeln zwei Fischerboote, aber die stören mich nicht. Die Gelegenheit kommt so nicht wieder. Am Ufer liegen ein paar kleine Boote, da kann ich meine Klamotten ablegen. Es ist gigantisch, das Wasser auch einigermaßen erfrischend und ich mutterseelenallein.
Jetzt eine halbe Stunde die Sonne auf die weiße Haut brennen lassen. Nach 5 Minuten hat der Spaß leider ein Ende.
Mein Kommen ist natürlich nicht unbemerkt geblieben. Und schon stehen 4 Jungs, so um die 13, 14 da und amüsieren sich über eine alte, nackte Langnase an ihrem Strand.
Das kommt vermutlich auch nicht jeden Tag vor.
Damit ist die Siesta schon beendet, an der Hütte hocken dann auch noch etwa 7 Mädels. Schulferien, wie ich gestern erst festgestellt habe.
Dann habe ich sie endlich wieder, die Ql1. Bis zu meinem Tagesziel in Quang Ngai. Zwischen halb eins und drei ziehe ich mich mal wieder auf eine Hängematte in einer der vielen Restaurants am Straßenrand zurück, aber ich muss mal wieder feststellen, dass alles zusammen am gleichen Ort nicht geht: Etwas zu essen, etwas kaltes zum Trinken und die Matte. Wenn man alles will, bedeutet das mehrere Stopps. Auch nach drei ist es heute noch lange ziemlich heiß, normalerweise wird es ab halb vier schon angenehmer. Weil meine erste Mahlzeit ziemlich enttäuschend war, muss ich noch ein zweites Mal essen, aber auch das wird nicht besser. Aber es bringt mich ans Ziel.
Quang Ngai gehört auch wieder zu den größeren Städten und es ist wirklich faszinierend zu erleben, was hier ab ca. 5 Uhr am Mittag abgeht. Es fühlt sich absolut unwirklich an. Ich schwimme mit der Masse in die Stadt, immer wieder das gleiche Ritual: Hotel suchen, erst im Internet, dann real. Heute macht zusätzlich ein Geldautomat Probleme. Er will mir nichts geben. Das Hotel ist wieder ziemlich außerhalb, da wo ich gerade herkomme.
Den Kaffee gibt es heute morgen lauwarm und mit Eiswürfel, ich hab ein leichtes Kratzen im Hals und die Sonne brennt schon gnadenlos vom Himmel. Zugegeben, vor dem heutigen Tag habe ich wieder ein bisschen Schiss. Die Tage an der Küste sind gezählt, ab jetzt geht es landeinwärts in Richtung kambodschanische Grenze. Die nächste größere Stadt ist Kon Tum, von meinem Standort entweder 195 km oder 205 km entfernt. Die kürzere Strecke garniert mit 3900 hm, die etwas längere nur mit 2600. Hier ist die Entscheidung noch relativ einfach. Dabei geht es noch ca. 35 km an der Küste entlang, danach bis km 90 leicht ansteigend, bevor es dann ans Eingemachte geht.
Dumm nur, dass die letzte Stadt, in der man übernachten könnte, schon bei km 70 kommt, danach aber vermutlich nichts mehr kommt. Es geht mehrmals rauf bis 1300 Meter, mit kleinen Wellen dazwischen. Nach meiner letzten Erfahrung befürchte ich dazu noch miserable Straßenverhältnisse.
Diesmal muss ich schon früher Nahrung zu mir nehmen. Ich frage die Köchin, die ein paar Worte Englisch spricht, ob es einen Bus nach Kon Tum gibt. Ja, er fährt um 3 Uhr, kostet 160000 (6€), jetzt ist es 11.
Ok, bis zur nächsten Stadt (und letzten) fahre ich weiter. 10 km. Dort checke ich nochmal die Lage. Mir tun die kleinen Wellen bis dahin schon weh. Es ist sakrisch heiß.
Dort treffe ich einen jungen Mann, der meint, der Bus fahre schon um eins, vielleicht auch etwas später. Kurz vor eins bin ich an der Haltestelle, ein Security - Mitarbeiter des Ladens hinter mir setzt sich zu mir. Es dauert lang, bis er versteht, dass ich mit dem Bus fahren will. Dann telefoniert er. Der Bus käme um 2. Inzwischen hocken 5 andere auch noch dabei. Einfach so.
10 vor 2 fährt wieder ein Transit vor, gleiches Modell wie beim letzten Mal. Es gibt genau einen freien Platz. Und der Kofferraum ist bis zum Dach voll. Erstmal Schulter zucken, für mich ist die Geschichte fast schon erledigt. Dann fängt der Begleiter an auszuladen. Ich mache die Räder weg. Das Rad kommt jetzt, Sattel nach unten, ganz an die Rückwand, dann wird wieder aufgefüllt. Zwei Taschen müssen nach vorne, aber es passt. Er nimmt 12 €. Ist mir in dem Moment völlig egal.
Und dann kommt der Berg, es wird noch schlimmer als ich mir das vorgestellt habe. 135 km sind es bis Kon Tum, für die ersten 60 brauchen wir 2 Stunden, obwohl er fährt wie ein Henker. Oben gibt es ein Gewitter, kurz vor dem Ziel noch eins.
Ich bereue keinen Augenblick. Für diese Strecke hätte ich zwei Tage gebraucht. Und so gut wie keine Chance zum übernachten.
Nachdem ich mich von der Busfahrt erholt habe, suche ich In Kon Tum zunächst nach einem Hotel und werde im Windows- Hotel für 8 Euro fündig. Eine richtige Luxus - Unterkunft.
So bin ich heute der Grenze schon ziemlich nah gekommen. 130 km sind es noch. Ein paar Wellen sind auch noch drin, aber keine hohen Berge mehr.
Bilder sind heute fast Fehlanzeige. Bei der Hitze fehlt die Motivation zum Anhalten.
Und dann noch eine Richtigstellung. Vor ein paar Tagen habe ich behauptet, Bambussaft getrunken zu haben. Tobi, du hast natürlich recht, es war Zuckerrohr. (Vietnamesisch: Mia)
Selber bin ich heute nur 70 km geradelt, dazu 135 km mit dem Bus gefahren.
Ach ja, das Kratzen im Hals hat sich inzwischen zum Geschniefe entwickelt.
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